Im Sinne der Kreislaufwirtschaft ist das eine längst überfällige Entscheidung. Die Frage ist nur, was soll damit passieren? Alte Textilien wie Kleidung, Teppiche oder Matratzen zu recyceln ist aufwändig und in den meisten Fällen finanziell kaum rentabel, da die daraus gewonnenen Rezyklate teurer als Primärfasern sind. Die heimischen Recyclingbetriebe präsentieren Vorschläge, wie Textilrecycling in großem Stil dennoch gelingen kann.
In Österreich fallen jedes Jahr mehr als 220.000 Tonnen Textilabfälle an, Tendenz steigend. Nur ein Viertel davon wird getrennt gesammelt und kann als Secondhand-Ware oder zur Herstellung von Putzlappen oder Dämmmaterial genutzt werden. Die EU will diesen Anteil massiv erhöhen und schreibt ab 1. Januar 2025 eine getrennte Sammlung für Alttextilien vor. Dazu gehören gebrauchte Schuhe, aber auch Bettwäsche, Vorhänge oder der Textilanteil von Autoreifen. „Nur“ rund 40 % der Alttextilien entfallen auf Kleidungs- und Schuhabfälle – europaweit entspricht das in etwa 12 kg pro Person und Jahr. Damit die Umstellung gelingt, muss Textilrecycling jedoch ökonomisch sinnvoll sein, warnt der VOEB: Textilfasern müssen recyclingfähig sein, die Sammlung vereinheitlicht, die Recyclingprozesse optimiert und die Nachfrage nach Recyclingfasern erhöht werden. „Produzenten, Konsumenten, Sammelsysteme und Recyclingbetriebe stehen vor großen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam bewältigen können“, ist Gabriele Jüly, Präsidentin des VOEB, überzeugt.
Ökodesign und Kennzeichnungspflicht
Mit einer Revision der EU-Abfallrahmenrichtlinie will die EU die Textilhersteller künftig stärker in die Pflicht nehmen. Durch die Entrichtung von Gebühren sollen sie verpflichtet werden, einen Beitrag zur Finanzierung der Kosten für die Sammlung und Behandlung von Textilabfällen zu leisten. Schätzungen gehen von ca. 12 Cent für ein T-Shirt aus. „Ein System der erweiterten Herstellerverantwortung ist ein erster, wichtiger Schritt“, bestätigt Reinhard Pierer von Loacker Recycling, Experte für Textilrecycling sowie Vorstandsmitglied beim VOEB. „Eine verstärkte Kooperation zwischen Herstellern und Abfallwirtschaftsunternehmen fördert Innovation und ermöglicht Spezialisierung, etwa auf Industrietextilien. Ergänzend dazu müssen Produzenten dazu verpflichtet werden, bereits bei der Herstellung von Textilien an das spätere Recycling zu denken. Dafür ist es notwendig, das Material eindeutig zu kennzeichnen sowie Fasern zu nutzen, die sich einfach trennen lassen.“
Einheitliche Textilsammlung in ganz Österreich
Wichtige Rahmenbedingungen für das Textilrecycling sind darüber hinaus eine bundesweit einheitliche Sammlung sowie einheitliche Regelungen für die verschiedenen Sammel- und Verwertungssysteme, zu denen auch karitative Einrichtungen gehören. Pierer: „Die Politik muss sich klar gegen unterschiedliche Insellösungen aussprechen, die zusätzliche Kosten verursachen und in der Bevölkerung nur Verwirrung schaffen. Der Markt für Sammlung, Sortierung und Verwertung muss sowohl für qualifizierte Unternehmen als auch für karitative Einrichtungen geöffnet werden.“ Die neuen Regeln und Verfahren müssen auf alle beteiligten Akteure gleichermaßen Anwendung finden. Es ist wesentlich, dass einerseits alle Textilproduzenten, unabhängig von ihrer Größe, unter die Herstellerverantwortung fallen und andererseits, dass alle Betreiber, die mit Abfällen umgehen, denselben Regeln unterliegen. Die europäische Abfallwirtschaft ist überzeugt, dass so auch in Zukunft die notwendigen Anreize für eine Ausweitung und Verbesserung der Sortierung geschaffen werden können.
Nur ein Prozent Rezyklatanteil bei neuen Textilien
Ähnlich wie bei der Herstellung von PET-Flaschen aus recyceltem Plastik sollen bald auch Textilien einen Anteil an Rezyklaten aufweisen, um Ressourcen zu sparen und Emissionen zu reduzieren. Das Vorhaben scheitert aber derzeit noch an der geringen Nachfrage nach recycelter Ware seitens der Industrie, denn in den meisten Fällen ist Primärware wie Baumwolle günstiger. Jüly erklärt: „Textilrecycling macht aus ökonomischer Sicht für unsere Betriebe nur Sinn, wenn sich die daraus entwickelten Rezyklate verkaufen lassen. Recycelte Fasern müssen daher ein fixer Bestandteil bei der Herstellung von Textilien sein, nur so kann die Nachfrage steigen.“ Die VOEB-Forderung: Der Gesetzgeber muss verpflichtende Einsatzquoten für Recyclingfasern einführen.
Forschung und Innovation fördern
Im Vergleich zum Papier- oder Glasrecycling steckt die Verwertung von Alttextilien noch in den Kinderschuhen. Es fehlen schlicht die notwendigen Verfahren, um unterschiedliche Textilien wie Polstermöbel oder Sneakers im Rahmen automatisierter Recyclingprozesse zu verwerten. Technologieoffene Förderungen für notwendige Investitionen, damit österreichische Betriebe in Zukunft auch beim Textilrecycling zu den Wegbereitern gehören, sind aus Sicht des VOEB daher notwendig.
Textilrecycling geht nur bei getrennter Sammlung
Mehr als drei Viertel der Textilien werden in Österreich nicht getrennt entsorgt. Das entspricht mehr als 170.000 Tonnen Ware, die nicht stofflich verwertet – sprich recycelt – werden können. „Das ist eine unglaubliche Verschwendung, all diese Textilien können nur mehr verbrannt werden“, ärgert sich Jüly. Sowohl Haushalte als auch Dienstleister und produzierende Betriebe sind hier gefordert, auf eine korrekte Entsorgung in dafür vorgesehenen Sammelboxen oder Altstoffsammelzentren zu achten. Jüly abschließend: „Wir wünschen uns einen funktionierenden Markt für recycelte, qualitativ hochwertige Textilfasern. Dafür brauchen wir Textilproduzenten, die an Ökodesign glauben und langlebige Ware für Konsument:innen anbieten, denen Nachhaltigkeit ein Herzensanliegen ist.“ Die Europäische Umweltagentur schätzt, dass die Textilindustrie der fünftgrößte Industriesektor in Bezug auf Primärmaterialverbrauch und Treibhausgasemissionen ist.