Das gilt auch für den Sonderbericht „EU-Einnahmen auf der Grundlage nicht recycelter Verpackungsabfälle aus Kunststoff“. Das klare Fazit: Durch eine schlechte Vorbereitung gehen der EU Milliarden Euro verloren.
Mit der Abgabe auf nicht recycelte Kunststoffverpackungen hat die EU 2021 ein neues Eigenmittel eingeführt. Ziel ist es, einen Anreiz zur Verringerung des Verbrauchs von Einwegkunststoffen, zur Förderung des Recyclings und zur Unterstützung der Kreislaufwirtschaft zu schaffen. Zudem sollen mit den neuen Eigenmitteln die Ziele der EU stärker unterstützt werden. 2023 wurden 7,2 Milliarden Euro über diese Kunststoff-Abgabe eingenommen. Das entspricht 4 Prozent der Gesamteinnahmen der EU.
Die Mitgliedstaaten müssen pro Kilogramm nicht recycelter Kunststoffverpackungsabfälle 0,8 Euro zahlen. Allerdings gibt es für 17 Mitgliedstaaten, deren Bruttonationaleinkommen 2017 unter dem EU-Durchschnitt lag, eine feste pauschale Ermäßigung.
Der Europäische Rechnungshof hat untersucht, ob die Kommission und die Mitgliedstaaten ausreichend auf die Einführung der neuen Eigenmittel vorbereitet waren. Zudem wurde geprüft, ob die Vergleichbarkeit und Zuverlässigkeit der Daten für die Berechnung der Eigenmittel sicherstellen konnten.
Schlecht vorbereitet
Die erste Frage ist schnell beantwortet, offenbar waren die Mitgliedstaaten nicht vorbereitet. Der Rechnungshof kritisiert, dass Definitionen und Berechnungsmethoden nicht rechtzeitig umgesetzt wurden. Zudem sei die Unterstützung durch die Kommission nicht rechtzeitig erfolgt. Die Nichteinhaltung der Vorschriften für die Berechnung wirke sich auf die Beiträge der Mitgliedstaaten aus. Der Rechnungshof stellt zudem fest, dass die meisten Mitgliedstaaten die Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle verspätet umgesetzt hätten. Zudem werde die Weiterverfolgung der Umsetzungsfragen durch die Kommission Jahre dauern. Laut Rechnungshof hätten lediglich fünf Mitgliedstaaten eine fristgerechte Umsetzung der Richtlinie gemeldet. 22 Mitgliedstaaten haben entweder gar nichts oder eine verspätete Umsetzung gemeldet. Dementsprechend habe die Kommission gegen 22 Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. 21 davon wurden inzwischen eingestellt, da die Mitgliedstaaten inzwischen eine Umsetzung der Richtlinie gemeldet haben.
Es würden 25 Konformitätsstudien zur Umsetzung vorliegen. Laut Rechnungshof wurde in 17 Fällen mindestens eine für die Berechnung der Eigenmittel relevante Bestimmung nicht korrekt umgesetzt. Die Konformitätsstudien dienen auch der Kommission für die Kontrollen in den Mitgliedstaaten. Diese werde allerdings voraussichtlich bis 2026 dauern. Dies führe dazu, dass schwerwiegende Probleme nicht rechtzeitig weiterverfolgt werden können.
Für eine harmonisierte Anwendung der EU-Rechtsvorschriften müssten die Bestimmungen klar, einheitlich und unzweideutig sein. Zudem müssten die wichtigsten Rechtsvorschriften rechtzeitig verabschiedet werden. Aus Sicht des Rechnungshofs sei vor allem die Definition des Begriffs Kunststoff nicht einheitlich.
Keine einheitliche Definition
„Die unterschiedlich weit gefassten Definitionen haben zu Verwirrung in den Mitgliedstaaten geführt. Die Konformitätsprüfungen zur Umsetzung der Richtlinien zeigen, dass drei Mitgliedstaaten die Definition aus der Richtlinie über Einwegkunststoffartikel anstelle der erforderlichen Definition aus der Richtlinie über Verpackungen und Verpackungsabfälle umgesetzt haben“, heißt es im Bericht.
Weiter heißt es, dass die wichtigsten Rechtsvorschriften zu spät eingeführt wurden. So hätten die Mitgliedstaaten sie für ihre Prognose für 2021 und die Zusammenstellung der Daten 2023 nicht berücksichtigen können.
Der Rechnungshof hat analysiert, dass die prognostizierten Mengen in 22 Fällen geringer waren als das tatsächliche Aufkommen. Dabei habe die Abweichung bei neun Mitgliedstaaten 25 Prozent oder mehr betragen. In zwei Fällen betrug die Abweichung sogar mehr als 50 Prozent. Als Gründe wurden unter anderem die späte Änderung der Rechtsvorschriften, die schlechte Qualität der Daten und die Schwierigkeit, die Auswirkungen der Pandemie auf die Verbrauchsmuster abzuschätzen, genannt. Insgesamt habe die für 2021 prognostizierte Menge um 1,4 Millionen Kilogramm unter den 2023 berechneten und gemeldeten Mengen legen. Dementsprechend war auch der erhobene Eigenmittel-Beitrag um 1,1 Milliarden Euro niedriger. Dies entspricht fast 20 Prozent der erhobenen Kunststoff-Eigenmittel.
Die richtige Methode finden
Ein weiterer Grund für die falschen Mengen liegt laut Rechnungshof bei der Anwendung der beiden primären Zusammenstellungsmethoden. Beim Ansatz des Inverkehrbringens werde die Menge der Verpackungsabfälle möglicherweise unterschätzt, bei der Abfallanalyse hingegen überschätzt. Daher müssten die Methoden ausgeglichen werden. Aber nur 14 Mitgliedstaaten hätten überhaupt beide Methoden angewendet und keiner haben die Methoden ausgeglichen, wie es in den Rechtsvorschriften vorgesehen ist. 19 von 27 Mitgliedstaaten hätten die Methode des Inverkehrbringens angewendet, daher sei es wahrscheinlich, dass die Zahlen zu niedrig seien und damit auch die Eigenmittel. Problematisch sei dabei unter anderem, dass weder die Behörden der Mitgliedstaaten noch die Kommission Kontrollen durchführen werden, ob die von den Recyclingunternehmen entgegengenommenen Kunststoffverpackungsabfälle tatsächlich zu anderen Produkten verarbeitet wurden. Da es für viele Kunststoffrezyklate keinen Absatzmarkt gibt, gebe es auch keinen wirtschaftlichen Anreiz für das Recycling. „Da die meisten Mitgliedstaaten von der Ausnahmeregelung bezüglich des Berechnungspunkts Gebrauch machen, werden die Abfälle außerdem nicht beim Eintritt ins Recyclingverfahren gemessen, sondern erst am Ausgang des Sortierverfahrens. Daher gibt es nur eine begrenzte Gewähr dafür, dass die von den Recyclingunternehmen als eingegangen gemeldeten Abfälle auch tatsächlich aufbereitet werden“, heißt es weiter.
Handlungsempfehlungen
„Der Hof kommt zu dem Schluss, dass die Mitgliedstaaten nicht ausreichend auf die Einführung der Eigenmittel auf der Grundlage nicht recycelter Verpackungsabfälle aus Kunststoff vorbereitet waren und dass die Maßnahmen der Kommission zur Überwachung und Unterstützung der Umsetzung zwar nützlich für die Verbesserung der Datenqualität waren, aber nicht rechtzeitig erfolgten“, heißt es abschließend im Bericht.
Für die Einführung künftiger Eigenmittel empfiehlt der Rechnungshof, bei der Vorbereitung die notwendigen legislativen Änderungen zu ermitteln und einen Zeitplan vorzulegen. Zudem müssten Risiken zur Datenqualität vorab ermittelt werden. Außerdem werde ein Verfahren zur Verfolgung erheblicher Verstöße bei der Umsetzung und zur Behebung von Problemen der Datenqualität benötigt.
Im konkreten Fall soll die Kommission gemeinsam mit den Mitgliedstaaten einen Zeitplan aufstellen, um die bestehenden Schwierigkeiten zu beheben. Es soll zudem einen überarbeiteten Vorschlag für einen delegierten Rechtsakt zur Bestimmung der durchschnittlichen Verlustquote geben. Weiter müsse die Definition von Kunststoff in allen für die Kunststoff-Eigenmittel relevanten Texte angeglichen werden. Und schließlich müsse die Kommission das Risiko bewerten, dass exportierte Kunststoffverpackungsabfälle nicht recycelt werden und Maßnahmen zur Minderung dieses Risikos entwickeln.