Österreich: Expert*innen fordern Pfand für Akkus gefordert

Immer mehr Lithiumbatterien sind im Umlauf und verursachen gefährliche Brände.
Österreich: Expert*innen fordern Pfand für Akkus gefordert
Copyright: Presseteam FF Laxenburg

Lithium-Akkus speichern viel Energie auf kleinstem Raum, haben eine lange Lebensdauer, lassen sich schnell aufladen und kosten immer weniger. Ihr Siegeszug scheint unaufhaltsam, sie kommen in E-Zigaretten, elektrischen Zahnbürsten, Mobiltelefonen, E-Rollern oder blinkendem Spielzeug zum Einsatz. Mit dem steigenden Absatz geht auch eine eindeutige Zunahme von Bränden in privaten Haushalten und Entsorgungsbetrieben einher. Denn Lithiumbatterien können sich bei falscher Lagerung oder kleinster Reibung selbst entzünden und gefährliche Brände verursachen. „Wir haben ein Problem, aber es gibt Lösungen“ war der Grundtenor einer gemeinsamen Pressekonferenz vom Fachbereich Eigentumsschutz im KFV, dem VOEB und dem Österreichischen Bundesfeuerwehrverband (ÖBFV). Produkte mit Lithiumbatterien müssen von den Herstellern viel besser gekennzeichnet und Konsument*innen über alle Gefahren bei der Lagerung und Ladung von Akkus aufgeklärt werden. Einzig die Einführung eines Pfands auf Batterien und Akkus kann die Sammelquote deutlich erhöhen und somit gefährliche Explosionen und Brände verhindern. Grundsätzlich sollten alle noch so kleinen Lithiumbatterien ausschließlich in den dafür vorgesehenen Sammelboxen im Handel oder bei Altstoffsammelzentren getrennt entsorgt werden. Dann können auch wertvolle Metalle wie Blei, Nickel, Lithium oder Kobalt aus alten Batterien recycelt werden. Derzeit wird nur die Hälfte der in Umlauf gebrachten Lithiumbatterien getrennt entsorgt, der Rest kann nicht recycelt werden.

2023 gab es mehr als 66.000 Brandeinsätze der Feuerwehren in Österreich.  Laut Brandschadenstatistik (2022) werden rund 15 Prozent aller Brände in Österreich durch elektrische Energie ausgelöst. Davon entfällt zwar nur ein Teil auf Akkubrände, allerdings mit steigender Tendenz.  Einsatzkräfte müssen seit Jahren vermehrt ausrücken, um Brände in Entsorgungsbetrieben zu löschen. Aber auch private Haushalte sind zunehmend von Akkubränden betroffen.

Vorbeugung in den privaten Haushalten ist generell einfacher als Löschen. „Die Brandprävention im eigenen Haushalt beginnt bereits beim Kauf“, betont Dr. Armin Kaltenegger, Leiter des Fachbereichs Eigentumsschutz im KFV. „Kaufen Sie bitte keine auffallend billigen Produkte, denn bei diesen kann es passieren, dass an der Sicherheit des Netzteils gespart wurde oder diese nicht umfassend getestet wurden“, appelliert der Präventionsexperte. Nachgemachte Netzteile sind oft nicht ausreichend isoliert. Zudem kann es durch große Spannungsschwankungen zu einem erhöhten Risiko für die angeschlossenen Geräte kommen. Ein weiterer großer Risikofaktor für das Entstehen von Bränden ist das Laden der Akkus. Vor allem Smartphones, E-Bikes oder E-Scooter hängen heutzutage fast täglich in zahlreichen österreichischen Haushalten an der Steckdose und stellen somit auch eine entsprechend große Gefahr dar. „Wenn der Akkustand nur noch 20 bis 30 Prozent beträgt, sollte das Gerät an die Steckdose. Bitte warten Sie niemals so lange, bis der Akku komplett leer ist, denn das kann dem Akku ebenso schaden, wie wenn man ihn täglich komplett vollladet“, erklärt Dr. Kaltenegger. Des Weiteren sollte man bedenken, dass beim Ladevorgang immer auch Abwärme entsteht. Ein daneben liegendes Stofftier oder andere leicht brennbare Gegenstände stellen daher immer auch eine potenzielle Brandgefahr dar.

2022 wurden in Österreich über 7.100 Tonnen Gerätebatterien in Umlauf gebracht, aber nur 2.800 Tonnen getrennt gesammelt. Somit erreicht Österreich erstmals die von der EU geforderte Mindestsammelquote von derzeit 45 Prozent nicht, sie ist vielmehr das dritte Jahr in Folge rückläufig und betrug nur 44 Prozent. Das Problem: Wenn Lithiumbatterien nicht getrennt entsorgt, sondern im Restmüll landen, können sie sich bereits bei kleinster Reibung bzw. mechanischer Einwirkung entzünden und gefährliche Brände verursachen, sowohl in Mülltonnen und LKWs als auch in Recyclinganlagen. Studien der Montanuniversität Leoben bestätigen den eindeutigen Zusammenhang zwischen der steigenden Anzahl von Lithiumbatterien im Restmüll und den Bränden bei Recyclingbetrieben. Diese haben sich in Österreich innerhalb von zehn Jahren mehr als verfünffacht.  

VOEB-Präsidentin Gabriele Jüly: „Wir sprechen hier von bis zu sechs Brandherden pro Tag in österreichischen Entsorgungs- oder Recyclingbetrieben. Obwohl die Unternehmen in den letzten Jahren massiv in den Brandschutz investiert haben und die allermeisten Brände rechtzeitig gelöscht werden, vergeht keine Woche, in der es nicht auch zu lebensgefährlichen und existenzbedrohenden Explosionen kommt.“ Die Verzweiflung in der Branche ist enorm, insbesondere aufgrund der Tatsache, dass die Verantwortung woanders liegt, nämlich bei den Herstellern von Produkten mit Lithiumbatterien sowie den Konsumenten, die aufgrund von mangelndem Wissen oder fehlender Sorgfalt Batterien nicht fachgerecht entsorgen. „Alle in Umlauf gebrachten Lithiumbatterien müssen getrennt entsorgt werden. Daran führt kein Weg vorbei. Und dieses Ziel können wir nur erreichen, wenn ein Pfand auf Batterien und Akkus eingeführt wird“, ist die Expertin überzeugt. „Drei Gründe sprechen eindeutig für ein Pfand: Brände verhindern, Sammelquote erhöhen und Ressourcen schonen. Die zukünftige Regierung steht klar unter Zugzwang.“ Die gute Nachricht: Studien zeigen, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Einführung eines Batteriepfands begrüßen würde, um Brände zu verhindern.

Die Sammelquote zu erhöhen, ist auch ein erklärtes Ziel der Europäischen Union. Seit Februar 2024 gilt die EU-Batterieverordnung, die unter anderem verbindliche Recyclingquoten für Gerätealtbatterien vorschreibt. Die derzeitige Quote von 45 Prozent soll bis 2030 auf 73 Prozent erhöht werden. Einerseits sollen so kritische Ressourcen wie Lithium recycelt werden, andererseits kämpfen auch in anderen Ländern die Entsorgungsbetriebe mit einer enormen Zunahme an Bränden. So hat sich die Zahl der gemeldeten Brände mit Lithiumbatterien oder Elektronikschrott in französischen Abfallentsorgungsanlagen zwischen 2019 und 2023 verdoppelt. In Deutschland kommt es aufgrund falsch entsorgter Lithiumbatterien zu bis zu 30 Bränden täglich in Müllfahrzeugen oder Recycling- und Sortieranlagen. Großbritannien meldete 2023 über 1.200 Brände in Müllcontainern und Entsorgungsbetrieben und startet nun eine eigene Kampagne: „Stop Battery Fires Campaign“.

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