Dieses ist vor allem die Folge des Ausbaus in China. Doch auch in Europa und anderen Teilen der Welt bleiben die Aussichten auf dem Markt der thermischen Abfallbehandlung positiv.
2021 werden weltweit rund 130 Anlagen zur thermischen Abfallbehandlung – also Müllverbrennungsanlagen und Ersatzbrennstoff-Kraftwerke – in Betrieb genommen. Diese verfügen über eine technische Kapazität zur Behandlung von jährlich rund 41 Millionen Tonnen an festen Abfällen.
ecoprog analysiert den Markt der thermischen Abfallbehandlung (TAB) seit 2005 – noch nie wurde ein derartig starker Zubau verzeichnet.
Wie in den vergangenen Jahren ist es vor allem China, das den globalen Markt treibt. Hier werden 2021 geschätzt rund 32 Millionen Jahrestonnen an Kapazität zugebaut – auf das Reich der Mitte entfallen somit rund 75% des Zubaus weltweit. Für die europäische TAB-Branche ist der chinesische Markt nach wie vor allerdings nur von begrenztem Interesse, da es sich in vielen Segmenten um einen sehr geschlossenen Markt handelt. Dieser ist zum Teil sogar noch geschlossener als vor einigen Jahren.
In Europa werden 2021 vermutlich 10 Anlagen mit einer Kapazität von rund drei Millionen Jahrestonnen neu in Betrieb gehen. Auch dieses ist einer der höchsten Werte der letzten zehn Jahre. Rund 1,3 Millionen Jahrestonnen dieses Zubaus entfallen auf das Vereinigte Königreich; die größte Einzelanlage ging in Istanbul in Betrieb. Insgesamt werden Ende 2021 weltweit geschätzt rund 2.580 TAB-Anlagen mit einer Kapazität von rund 456 Millionen Jahrestonnen in Betrieb sein. Davon entfallen rund 530 Anlagen mit einer Kapazität von 107 Millionen Jahrestonnen auf Europa.
Die Aussichten auf dem globalen TAB-Markt bleiben positiv, wenngleich sich die einzelnen Ländermärkte zum Teil sehr unterschiedlich entwickeln.
In China wird das Superjahr 2021 vermutlich für lange Zeit das Rekordjahr bleiben. Entsprechend des chinesischen Fünfjahresplans sollen von 2021 bis 2025 rund 100 Millionen Jahrestonnen an Kapazität zugebaut werden. Ein relevanter Teil dieser Kapazität ist somit bereits installiert, wenngleich ein Teil des Zubaus von 2021 rechnerisch noch dem letzten Fünfjahresplan zuzurechnen ist. Dennoch ist in Zukunft mit sinkenden Zubau-Raten zu rechnen, zumal auch die stoffliche Verwertung von Abfällen in China zunehmend wichtiger wird. Dennoch wird China, bezogen auf den Zubau, den Weltmarkt in den kommenden Jahren dominieren.
Auch in anderen jungen Märkten wie Indien, Indonesien oder Brasilien wächst die Zahl der Müllverbrennungsanlagen. Und auch wenn viele Projekte in diesen Ländern an mangelndem Fachwissen oder den Finanzen scheitern, so steigt doch auch die Zahl der realisierten Projekte.
Allein Nordamerika fällt als TAB-Markt weiterhin weitgehend aus. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Anlagen gesunken, Neubauprojekte fanden praktisch nicht statt. Zwar ist auch in den USA die Bekämpfung der Klimakrise mit der Biden-Administration wieder Teil der politischen Agenda, und natürlich würde eine Beschränkung der Deponierung hier einen wesentlichen Beitrag leisten; zudem wurde nach der Corona-Pandemie sogar ein beispielloses Infrastrukturprogramm aufgelegt. Der TAB-Markt profitiert hiervon bislang aber nicht. Dieses ist auch der Fall, weil eine Verteuerung der Abfallentsorgung durch eine Belastung der Deponierung in den meisten amerikanischen Bundesstaaten nach wie vor ein Tabu ist.
ecoprog geht davon aus, dass der jährliche Kapazitätszubau bis 2025 erst einmal auf rund 21 Millionen Jahrestonnen absinkt. Dieser Rückgang entfällt aber vermutlich allein auf China, in fast allen anderen Ländern ist ein stabiler oder wachsender TAB-Markt zu beobachten.
Auch in Europa bleiben die Aussichten auf dem TAB-Markt grundsätzlich positiv. Zwar wird auch hier der Boommarkt der vergangenen Jahre – das Vereinigte Königreich – mittelfristig gesättigt sein. Gleichzeitig öffnen sich aber neue Märkte. Vor allem in Ost- und Südeuropa ist ein Ausbau der thermischen Abfallbehandlung unausweichlich, will man das EU-Ziel erreichen, dass 2035 maximal 10% aller Siedlungsabfälle deponiert werden. Marktrisiken existieren vor allem aufgrund der unklaren politischen Vorgaben. Bislang ist vollkommen offen, wie die Recyclingziele der EU beim Siedlungsabfall erreicht werden sollen – und ob sie überhaupt zu erreichen sind. Während auf der einen Seite aufgrund politischer Ziele neue TAB-Kapazitäten dringend benötigt werden, werden Investitionen in TAB-Anlagen zur gleichen Zeit politisch erbittert bekämpft. Als Folge der EU-Taxonomie-Verordnung etwa droht TAB-Projekten nicht nur der Ausschluss von EU-Fördermitteln, sondern auch ein stark erschwerter Zugang zum Finanzmarkt insgesamt. Allerdings hat die Vergangenheit in Ländern wie Deutschland oder dem Vereinigten Königreich auch gezeigt, dass – wenn der Entsorgungsnotstand groß genug ist – TAB-Anlagen in der EU letztlich doch errichtet werden. Aus diesem Grund erwartet ecoprog auch in den kommenden Jahren im Mittel einen Zubau von jährlich rund drei Millionen Jahrestonnen in Europa. Darin enthalten ist auch der russische Markt, der infolge einer Sonderkonjunktur in den kommenden Jahren nach dem britischen sogar den stärksten Zubau aufweisen wird.
In einigen wenigen europäischen Ländern, etwa Dänemark oder den Niederlanden, ist tendenziell ein Rückbau von TAB-Kapazitäten zu erwarten oder bereits geplant. In diesen Ländern werden gemischte Abfälle heute praktisch nicht mehr deponiert, Zugewinne beim Recycling sind somit allein auf Kosten der thermischen Abfallbehandlung möglich. Zudem existieren in diesen Ländern aus historischen Gründen hohe Überkapazitäten im TAB-Markt, die in den vergangenen Jahren vor allem mit britischen Abfällen ausgelastet wurden. Diese Phase endet mit der Inbetriebnahme weiterer Anlagen im Vereinigten Königreich. Schließlich sieht sich die thermische Abfallbehandlung einer zunehmenden Abgabenbelastung gegenüber. Diese erfolgt etwa durch eine Verbrennungssteuer (Schweden), eine Importsteuer (Niederlande) oder im Rahmen der CO2-Besteuerung (Dänemark, Niederlande). Eine solche droht auch dem größten europäischen TAB-Markt Deutschland. Dieser ist der einzige Markt, in dem bei einem bestehenden hohen Bestand wieder einige Neu- und Ausbauprojekte geplant und umgesetzt werden.
Insgesamt wird das Thema Klimawandel und CO2 auch den TAB-Markt in den kommenden Jahren stark verändern, zumindest in Europa. Neben einer Belastung der thermischen Abfallbehandlung insgesamt bietet dieser vielen Unternehmen auch Chancen, etwa beim Thema (Bioenergy) Carbon Capture and Storage oder infolge einer zunehmenden Privatisierung des Betreibermarktes.