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Omnibus-Pakete: Am Ball bleiben bei der nachhaltigen Transformation

Der Clean Industrial Deal gibt einen klaren Plan in Richtung Nachhaltigkeit vor. Nun vereinfacht die EU die Regulatoriken. Die Gefahr besteht darin, die Transformation auszubremsen. Unternehmen sollten jetzt nicht zurückschalten, sondern Initiativen weiterführen – und vor allem bei der Datengrundlage nachbessern.
Hauptsitz der Europäischen Kommission in Brüssel
EU-Kommission in Brüssel (Quelle: Pixabay, Dimitris Vetsikas)
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Viele Unternehmen dürften die Nachricht aus Brüssel als einen Befreiungsschlag empfunden haben: Die beiden als Omnibus bezeichneten Pakete der EU-Kommission sollen die Berichtspflichten vereinfachen. Dies gilt unter anderem für Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) und CO2-Ausgleichsmechanismus (CBAM). Diese ähnlich gelagerten und besonders belastenden Gesetze werden insofern geändert, als dass beispielsweise rund 80 Prozent der Unternehmen aus dem Scope der CSRD entnommen und die Zeitleiste der Reportingpflichten nach hinten verschoben wird. Weiterhin werden Schwellenwerte, die Überwachung von Lieferanten und Sanktionen erheblich reduziert. Unklar ist noch, welche Anforderungen zukünftig oder weiterhin seitens Kapitalmarkt kommen; grundsätzlich prüfen Banken immer häufiger Umweltrisiken.

Entschlacken ist sinnvoll, aber …

Wie sind die Pakete einzuordnen? Je einfacher und verständlicher Regulatoriken sind, desto eher werden sie umgesetzt und Ziele erreicht. Unnötige Bürokratie abzubauen, die Unternehmen viel Zeit und Geld kostet, trägt dazu bei. Optimierungen und Nachbesserungen von Sustainability Compliance sind daher ein Schritt in die richtige Richtung, um Wettbewerbsfähigkeit und Investments in Innovationen zu erhöhen.

Gesagt sei aber auch: Der Omnibus ist die Antwort der Kommission auf den Druck aus der Wirtschaft. Eigentlich setzt der Clean Industrial Deal auf eine beschleunigte Dekarbonisierung und Reindustrialisierung und gibt damit eine klare Haltung sowie einen konkreten Plan für Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz vor. Die Änderungen für die Sustainability Compliance dürfen nicht dazu führen, dass der Deal geschwächt und die industrielle Transformation zu nachhaltigem Wirtschaften gedrosselt wird. Sonst kommen in zwei, drei Jahren genau die gleichen Rufe.

Unternehmen brauchen endlich eine Strategie

Es darf die provokante Frage gestellt werden, ob die Regulatorik wirklich das Problem ist oder Unternehmen einfach nicht gut vorbereitet sind? Laut CDP, einer internationalen Non-Profit-Organisation, haben zwar 49 Prozent der europäischen Betriebe grundsätzlich Klimaschutzpläne, die sich am 1,5-Grad-Ziel orientieren. Doch weniger als fünf Prozent können nachweisen, wie sie diese erreichen und umsetzen wollen. Es fehlt eine konkrete Dekarbonisierungsstrategie und der Nachweis, dass ernsthafte Maßnahmen für die Transformation ergriffen werden. Da es durchschnittlich zweieinhalb Jahre dauert, eine solche 1,5-Grad-Strategie zu entwickeln, sollten Unternehmen ungeachtet der Änderungen am Ball bleiben.

Den Anfang einer nachhaltigen Transformation bildet eine individuelle und zielgerichtete „Sustainability Roadmap“. Damit haben Unternehmen einen transparenten, ganzheitlichen und messbaren Fahrplan für die Transformation zu nachhaltigeren Produkten, Dienstleistungen, Prozessen und einer wertorientierten Unternehmensführung an der Hand. Nachhaltigkeitsziele werden dabei mit den übergeordneten Unternehmenszielen abgestimmt beziehungsweise daraus abgeleitet.

Sind die Ziele einmal gesetzt, bedarf es effektiver und effizienter Steuerungsmechanismen, in denen der Unternehmensbeitrag zur nachhaltigen Entwicklung messbar und transparent gemacht werden kann. Unternehmen sollten KPIs identifizieren, die im Einklang mit den Sustainability Development Goals der UN sowie den ESG-Kriterien des Finanzmarkts stehen. Eine der wichtigsten Kennzahlen im Bereich der Nachhaltigkeit sind die CO2-Äquivalent Emissionen. Nur wer die Unternehmens- und Produktemissionen kennt, kann ein transparentes, effektives und datengetriebenes Management zur Reduzierung und Vermeidung von Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfungskette sowie über den gesamten Lebenszyklus von Produkten implementieren. Das Stichwort hier ist eine nachhaltige und profitable Kreislaufwirtschaft.

Auch ohne den Omnibus werden die Datenpunkte zunehmen, Daten sollten daher besser gemanaged werden. (Quelle: MHP)

Es kommt auf das Datenmanagement an

Unternehmen brauchen unbedingt eine Twin-Transformation: eine Verknüpfung von Digitalisierung und Nachhaltigkeit – denn die macht Unternehmen nachweislich besonders zukunftsfähig. Die Grundlage bilden automatisierte Prozesse, fortschrittliche Technologien und Daten. Letztere nutzen Unternehmen weiterhin kaum, und tauschen sie auch selten mit anderen aus. Das bezieht sich vor allem auf spezifische Nachhaltigkeitsdaten.

Wie geht es besser? Unternehmen sollten zunächst die für Berichterstattungen relevanten Daten in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance identifizieren. Folgende Datenpunkte sind dabei unter anderem zu berücksichtigen: Energieverbrauch und Treibgasemissionen, Wasserverbrauch und -management, Abfall- und Recyclingquoten, Lieferkette und Lieferantenmanagement, Engagement der Mitarbeitenden sowie soziale Auswirkungen. Im nächsten Schritt geht es um den Abgleich: welche Daten liegen bereits vor und wo. Anschließend müssen fehlende Daten erfasst und entlang der Lieferkette zwischen allen Beteiligten ausgetauscht werden.

Die Analyse großer Datenmengen verspricht daraufhin Effizienzsteigerungen mit entsprechender Ressourcenschonung. Weiterentwicklungen in Automatisierung, Internet of Things und künstlicher Intelligenz ermöglichen, Ressourcenverbräuche zu überwachen und zu steuern und Energieeinsparungen zu erzielen. Weiteres Potenzial liegt in datenbasierten Vorhersagen.

Alle Regulatoriken über eine Plattform managen

Unternehmen neigen dazu, für jede Regulatorik eine Softwarelösung zu implementieren – doch dann entsteht ein Flickenteppich. Empfehlenswerter ist eine zentrale, in die bestehende ERP-Landschaft integrierte Plattform in Form eines ESG Data Hubs. Dieser Hub vereint ESG Reportings wie CSRD, CBAM und EUDR, die Prüfprozesse („Due Dilligence“) zu den Lieferketten, Berechnungen des Carbon Footprints sowie Product Compliances wie der Digital Product Passport. Die erforderlichen Daten werden aus den verschiedenen Unternehmensbereichen und der Wertschöpfungskette automatisiert verwaltet, analysiert und überprüft. So können sie nahtlos ausgetauscht und für unterschiedliche branchenspezifische Anforderungen verwendet werden. Dazu gehören Compliance-Anfragen, Risikoanalysen, Due Dilligence Erklärung und Nachhaltigkeitsberichte. Gleichzeitig können Lieferanten über entsprechende Schnittstellen Daten bereitstellen, Dokumente hochladen und Informationen teilen. Im Idealfall wird die Plattform als Software-as-a-Service in der Cloud angeboten und nutzt innovative Technologien wie KI.

Ideales Zielbild: Eine IT-Lösung für Sustainable Compliance als Basis einer nachhaltigen Organisation über Software. (Quelle: MHP)

Den höchsten Sustainable Impact erreichen Unternehmen jedoch dann, wenn sie das Thema ganzheitlich angehen: von der Nachhaltigkeitsstrategie bis zur Implementierung von Tools und Technologien. Beratungsunternehmen mit Management-, IT- und Branchen-Expertise können hierbei unterstützen. Das gemeinsame Ziel sollte sein, die Transformation zu nachhaltigem Wirtschaften zu meistern – wenn der „Omnibus“ dabei hilft, umso besser.

Quelle: Alexander Appel, Manager im Bereich Sustainability Transformation, Management- und IT-Beratung MHP

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