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Kommentare zum Koalitionsvertrag

CDU, CSU und SPD haben gestern ihren Koalitionsvertrag vorgestellt. Erste Kommentare dazu aus der Branche.
© E. Zillner
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BDE: positive Impulse

Der BDE sieht nach einer ersten Auswertung im Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ von CDU/CSU und SPD wichtige Ansätze für die Stärkung der Kreislaufwirtschaft, mahnt jedoch eine konsequente Umsetzung der angekündigten Maßnahmen an.

Dazu Anja Siegesmund, geschäftsführende Präsidentin des BDE: „Die aktuellen Herausforderungen sind groß, unser Land verliert an wirtschaftlicher Stärke und unsere Unternehmen brauchen endlich wieder spürbaren Rückenwind im Standortwettbewerb. Jedes Vorhaben in einem Koalitionsvertrag unter Finanzierungsvorbehalt zu stellen, bietet nicht die nötige Planungssicherheit, die unsere Unternehmen jetzt aber dringend brauchen, um Rohstoffe zu sichern und wertvolle Recyclingrohstoffe zu produzieren. Letztendlich muss sich der Koalitionsvertrag daran messen lassen, was sich konkret auf den Höfen unserer Unternehmen verbessert. Dazu gehören in den ersten 100 Tagen der neuen Bundesregierung wirksame strukturelle Reformen, Bürokratieabbau, das Senken der Energiekosten sowie die Beschleunigung bei Planungs- und Genehmigungsverfahren. Die Koalition hat es in der Hand, einen echten Hochlauf der Kreislaufwirtschaft anzupacken. In den ersten Tagen erwarten wir daher auch, dass im Rahmen des Sondervermögens Green Public Procurement – das heißt bei den versprochenen Leitmärkten für klimafreundliche Produkte ganz konkret der Einsatz von Recyclingrohstoffen – von Anfang an mitgedacht und letztlich auch gemacht wird. So fördert die öffentliche Hand Innovationen und Investitionen und nicht zuletzt die Resilienz des Standorts. Selbst positive Signale für Vorgaben beim Design for Recycling, bei der Herstellerverantwortung, dem pragmatischen Umgang bei der Umsetzung der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) sowie beim verbesserten Erfassen von Batterien benötigen eine zügige Umsetzung.“

Zu Punkten im Koalitionsvertrag, die die Kreislaufwirtschaftsbranche betreffen, eine erste Bewertung des BDE im Einzelnen:

Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS): Die im Juni 2024 veröffentlichte Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) der Bundesregierung wird vom BDE weiterhin als wichtiger Schritt zur Förderung einer zirkulären Wirtschaft in Deutschland gesehen. Die NKWS setzt ambitionierte Ziele, die sowohl die nationalen als auch die europäischen Klimaziele unterstützen. Es ist entscheidend, dass die Strategie konsequent umgesetzt wird, um die Ressourceneffizienz zu steigern und die Abhängigkeit von Rohstoffimporten zu reduzieren. Der BDE hebt hervor, dass technologische Innovationen und klare Rahmenbedingungen essenziell sind, um die Kreislaufwirtschaft erfolgreich zu gestalten. Der pragmatische Ansatz im Koalitionsvertrag steht damit im Einklang.

Bürokratieabbau: Der geplante Bürokratieabbau ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die angekündigte Reduzierung der Bürokratiekosten um 25 Prozent kann Unternehmen spürbar entlasten – wenn sie zügig und wirksam umgesetzt wird.

Energiekosten: Eine Senkung der Energiekosten um mindestens 5 Cent pro kWh ist für unsere Branche dringend notwendig. Entscheidend ist jedoch, dass die Entlastung auch tatsächlich in den ersten 100 Tagen spürbar wird. Nur so kann der Standort Deutschland nachhaltig gestärkt werden.

Planungs- und Genehmigungsverfahren: Die deutliche Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren ist aus Sicht des BDE ein zentrales Element für die Zukunftsfähigkeit der Branche. Das Deutschland-Tempo beim LNG-Terminal darf keine Eintagsfliege sein. Die vorgesehenen Reformen müssen jetzt zügig konkretisiert werden. Nur so können Investitionsbedingungen verbessert und Infrastrukturprojekte schneller realisiert werden. Die angestrebte Digitalisierung und Prozessvereinfachung sind dafür essenziell.

Klarheit im Sondervermögen: Die Regeln für die Mittelvergabe aus dem Sondervermögen sind bislang unklar. Wir fordern verbindliche Vorgaben für Green Public Procurement, um öffentliche Mittel nachhaltig und zielgerichtet einzusetzen. Der Einsatz von Recyclingrohstoffen hat eine strategische Dimension und zahlt vor allem auf die Resilienz des Standorts ein.

Rohstoffsicherheit stärken: Die geplante Einrichtung eines Krisenstabs für Rohstoffsicherheit im künftigen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bewertet der BDE als wichtigen Schritt. Maßnahmen zur Stärkung der Recyclingwirtschaft und Nutzung heimischer Rohstoffe sind essenziell für die Versorgungssicherheit und Unabhängigkeit unseres Industriestandorts.

Recycling und Kreislaufwirtschaft voranbringen: Im Umweltteil des Vertrags finden sich aus Sicht des BDE einige positive Signale: Produktspezifische Rezyklateinsatzquoten und Design-for-Recycling-Vorgaben sind geeignete Instrumente zur Stärkung der Kreislaufwirtschaft. Jetzt muss die Umsetzung folgen. Dabei unterstreicht der Verband die Bedeutung technologieneutraler Investitionen: Investitionen in mechanisches wie chemisches Recycling sind zentrale Treiber für eine effiziente Kreislaufführung. Das chemische Recycling kann das mechanische Verfahren sinnvoll ergänzen. Der grundsätzliche Vorrang des mechanischen Recyclings muss jedoch gesetzlich festgeschrieben werden. Wenn beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft alle Farben genutzt werden sollen, ist zudem an orangenen Wasserstoff zu denken – der Herstellung von Wasserstoff aus Abfall.

Batterien und Elektrogeräte im Fokus: Positiv bewertet der BDE die angekündigten Maßnahmen zur Optimierung der Abfallsammlung bei Batterien und Elektrogeräten. Hier spiegeln sich zentrale Forderungen von BDE, bvse und VBS wider – ein wichtiges Signal an die Branche.

Wirtschaftliches Umfeld verbessern: Auch das wirtschaftliche Umfeld soll laut Koalitionsvertrag gestärkt werden. Die geplante Investitionsoffensive – insbesondere die Einführung einer degressiven Abschreibung von 30 Prozent auf Ausrüstungsinvestitionen zwischen 2025 und 2027 – ist ein wichtiger Impuls für neue Dynamik. Weitere Maßnahmen wie die Förderung von Innovationen, Bürokratieabbau, steuerliche Entlastung, Neugründungsförderung sowie eine aktive Außenwirtschaftspolitik zielen darauf ab, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland langfristig zu sichern.

Finanzierung der Transformation sichern: Die vom BDE geforderte Bereitstellung von einer Milliarde Euro jährlich aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) wäre ein zentrales Instrument zur Unterstützung der Branche. Diese Mittel müssen gezielt in Projekte der Kreislaufwirtschaft fließen – als Hebel für die ökologische und industrielle Transformation. Ergänzend zum Rohstoff/Recyclingfonds des Bundes bedarf es der Einrichtung eines Fonds für Kreislaufwirtschaftsprojekte nach dem Vorbild der Niederlande, unterstützt durch die Europäische Investitionsbank (EIB) und privates Kapital.

Offene Märkte für Recyclingrohstoffe und Importhandel sichern

Der VDM begrüßt, dass die Themen Kreislaufwirtschaft, Rohstoffpolitik und Außenhandel im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung einen klaren Stellenwert erhalten haben. „Insbesondere die angekündigte pragmatische Umsetzung der Kreislaufwirtschaftsstrategie und die Stärkung von Rohstoffpartnerschaften sind zentrale Elemente für eine zukunftsfähige Wirtschaftspolitik“, erklärt der Verband.

Der VDM unterstützt ausdrücklich das Vorhaben, die Kreislaufwirtschaftsstrategie pragmatisch und praxisnah umzusetzen. Besonders positiv bewertet der Verband, dass damit auch die in der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) vorgesehenen „Sekundärrohstoffpartnerschaften“ vorangetrieben werden können. Diese sind für die Metallrecyclingwirtschaft von zentraler Bedeutung, um bestehende internationale Absatzmärkte zu sichern und neue Märkte für hochwertige Recyclingrohstoffe nachhaltig zu erschließen.

In diesem Zusammenhang fordert der Verband, dass die geplanten EU-Freihandelsabkommen unter anderem mit Indien, den ASEAN-Staaten, Australien und dem Mercosur den Handel mit Recyclingrohstoffen explizit berücksichtigen. „Recyclingrohstoffe müssen als gleichwertige Handelsgüter behandelt werden – das ist ein Beitrag zur Versorgungssicherheit und zum Klimaschutz gleichermaßen“, so Kilian Schwaiger, VDM-Geschäftsführer.

Der Verband begrüßt zudem ausdrücklich, dass im Koalitionsvertrag das Recycling von „Stahlschrott“ als Beitrag zur Dekarbonisierung der Industrie anerkannt und unterstützt werden soll. Damit dieses Potenzial voll ausgeschöpft werden kann, ist eine gezielte Förderung der gesamten Stahl- und Metallrecyclingkette notwendig – vom Sammeln und Sortieren bis hin zur Bereitstellung hochwertiger Sekundärrohstoffe für die Industrie. Hierbei sind alle Entsorgungsfachbetriebe entscheidende Akteure, deren Leistungen in der politischen Umsetzung entsprechend berücksichtigt werden müssen.

Der VDM begrüßt außerdem, dass die Gewinnung und Verarbeitung von kritischen Rohstoffen künftig stärker unterstützt werden sollen. Gleichzeitig kritisiert der Verband, dass der importierende Handel, als dritte tragende Säule der nationalen Rohstoffstrategie neben Bergbau und Recycling, im Koalitionsvertrag zu wenig Berücksichtigung findet. Ohne funktionierende internationale Lieferbeziehungen ist die Versorgung der Industrie mit strategisch wichtigen Rohstoffen nicht zu gewährleisten. Ein aktuelles Beispiel ist der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM), der auch auf kritische Rohstoffe wie Ferrolegierungen Anwendung findet – Produkte, die für die europäische Industrie unverzichtbar sind. CBAM verursacht für den importierenden Handel erhebliche Mehrkosten und schwächt damit dessen Wettbewerbsfähigkeit. Aus Sicht des VDM ist es daher folgerichtig, dass kritische Rohstoffe wie Ferrolegierungen von CBAM ausgenommen werden – im Interesse einer resilienten und klimafreundlichen Industrieversorgung in Europa.

Wir erwarten von der neuen Bundesregierung eine aktive Europapolitik. Denn die zentralen Weichen für funktionierende internationale Märkte im Metallhandel und im Metallrecycling sowie für eine spürbare Entbürokratisierung werden nicht nur in Berlin, sondern vor allem in Brüssel gestellt. Der Einsatz für offene Märkte, verlässliche Rahmenbedingungen und eine innovationsfreundliche Gesetzgebung muss daher auf europäischer Ebene entschlossen vorangetrieben werden.

Plastics Europe Deutschland: Wichtige Forderungen der Industrie aufgegriffen

Plastics Europe Deutschland begrüßt den Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vom 9. April 2025. „Dieser Vertrag ist ein Bekenntnis zum Wirtschaftsstandort Deutschland und in Zeiten historischer Herausforderungen ein guter Startpunkt für die Zusammenarbeit mit der neuen Bundesregierung“, betont Dr. Christine Bunte, Hauptgeschäftsführerin von PlasticsEurope Deutschland. Besonders hebt sie hervor: „Das klare Bekenntnis zu vereinfachten Genehmigungsverfahren und einer 1:1-Umsetzung europäischer Gesetze ist ein großer Fortschritt für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Denn für eine zukunftsfähige Industriepolitik ist es elementar, dass Genehmigungsverfahren spürbar verkürzt werden und dieses Vorhaben für alle Modernisierungs- und Bauvorhaben von Industrieanlagen gilt.”

Auch für eine wettbewerbsfähige Kreislaufwirtschaft, etwa durch verbindliche Marktanreize für Rezyklate, senden die Parteien wichtige Signale. So wird chemisches Recycling unterstützt, eine Revision von § 21 des Verpackungsgesetzes angestrebt und die EU-Verpackungsverordnung soll praktikabel umgesetzt werden. Auf Basis der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) ist ein Eckpunktepapier mit diesen und weiteren Sofortmaßnahmen geplant. „Gerne werden uns als Verband bei der Erarbeitung dieses Papiers von Anfang an konstruktiv mit unserer Expertise einbringen“, so Dr. Bunte.

Im Bereich der Forschungsförderung sieht Plastics Europe Deutschland noch Verbesserungsbedarf. Der Transfer von Forschung zur Anwendung ist auch in der Chemie von höchster Relevanz für die Wettbewerbsfähigkeit. So gilt es, neue Recyclingtechnologien schneller zur Marktreife zu bringen und zügig zu skalieren. Entsprechende Förderprogramme, etwa für Pilotanlagen und Demonstrationsprojekte, sieht der Koalitionsbetrag jedoch nicht vor.

Dr. Christine Bunte fasst zusammen: „Um unseren Industriestandort zu sichern, braucht es Planungssicherheit sowie umfassende und entschlossene Reformen. Die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen sind ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung. Daher zählt einmal mehr: jetzt kommt es auf die Umsetzung an!“

Quelle: BDE, VDM, Plastics Europe Deutschland

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