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Die Gelegenheit nutzen

Mehrwegsysteme gelten schon lange als ein wichtiges Element zur Reduzierung der Abfallproblematik. Wirklich etabliert haben sie sich im Consumerbereich aber nur bei Getränkeflaschen. Immer wieder gibt es daher Versuche, auch für andere Verbrauchsprodukte ein entsprechendes System einzuführen. Mit Zerooo unternimmt die Sea me GmbH nun einen Versuch, ein Mehrwegsystem für Kosmetik und Drogerie zu etablieren. Durch die PPWR ist die Gelegenheit günstig.
Die Gelegenheit nutzen
© Zerooo GmbH
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Es ist kein großes Geheimnis: Wer bei Verbraucherinnen eine Verhaltensänderung erreichen möchte, muss es ihnen so leicht wie möglich machen. Das gilt nicht zuletzt auch für die Entsorgungswirtschaft. So funktionieren gelber Sack und gelbe Tonne recht gut, entsprechende Bringsysteme für Leichtverpackungen eher nicht. Deshalb funktioniert ein Pfand- und Rücknahmesystem für Getränkeflaschen, das seit Jahrzehnten etabliert ist und flächendeckend angeboten wird. Neue Mehrwegsysteme taten sich bisher meist schwer, auch weil es sich oft nur um Insellösungen handelt. Als Mitgründer und Director Marketing & Sales will André Lang-Herfurth mit dem Zerooo-Team einen Versuch für die Kosmetikbranche unternehmen. Und das inzwischen auch mit einer gewissen Ausdauer.

Seit vier Jahren arbeitet das Unternehmen inzwischen daran, ein Mehrwegsystem zu etablieren. Dabei soll es den Verbraucherinnen eben – wie oben erwähnt – auch ermöglicht werden, die leeren Flaschen an den aus der Getränkewelt bekannten Rückgabepunkten zurückzugeben. Angefangen hat das Ganze mit der eigenen Marke „Sea Me“. Für die wurde das Rücknahmesystem auch zunächst entwickelt, da man sich anfangs noch nicht sicher war, ob sich wirklich alles so umsetzen lässt, wie geplant.

Flächendeckend in Deutschland

Die Sorge war offensichtlich unbegründet. Wie Lang-Herfurth berichtet, seien die Prozesse voll definiert, es gebe 1.000 Rückgabepunkte und acht Marken seien bereits in das System integriert. Aber er betont auch, dass sowohl eine ökonomische als auch ökologische Skalierung notwendig ist, damit das System seine volle Relevanz entfalten kann. Zwar seien die 1.000 Rückgabepunkte schon flächendeckend in Deutschland und Österreich. Geplant ist aber eine Größenordnung von 15.000 bis 20.000 Rückgabepunkten. „Damit Mehrweg skaliert werden kann, muss die Rückgabe einfach sein“, erklärt Lang-Herfurth. Das Vorbild sind da verständlicherweise die Getränkeflaschen. Und man will auch an diese Rückführungsinfrastruktur andocken. Die Kompatibilität ist vorhanden.

Bisher ist die Rücknahme bei den Partnerunternehmen an der Kasse möglich. Das kann und soll nur der Anfang sein. So werden bei den ersten Kunden immerhin schon Rücklaufquoten bis zu 80 Prozent erreicht. Lang-Herfurth betont aber, dass hier die Begleitung des Themas durch Handelspartner entscheidend ist. Wenn die Möglichkeit entsprechend kommuniziert wird, können auch mehr als die genannten 80 Prozent erreicht werden. Läuft das Thema eher nebenher, wird es schwieriger. Zumindest sei aber eine grundsätzliche Bereitschaft der Verbraucher*innen zu erkennen, betont
Lang-Herfurth. Und das Ziel ist natürlich eine deutlich höhere Rücklaufquote, mehr als 95 Prozent sollen es schon werden, wie in der Getränkeindustrie.

Eigene Flaschen

Wichtig sei es zum einen, es einfach für die Verbraucher*innen zu machen. Zum anderen sind da auch noch die Herausforderungen durch die PPWR, die auf die Unternehmen zukommen. Zerooo hat daher auch eine eigene PET-Flasche entwickelt, die nach der Nutzung sortenrein recycelt werden kann. So kann ein eigener Kreislauf aufgebaut werden, der von den üblichen Recyclingwegen entkoppelt ist. Dies sei vor allem auch für die Industrie interessant, erklärt Lang-Herfurth. Denn auf die kommen durch die Rezyklateinsatzquoten in der PPWR große Herausforderungen zu, die auf Dauer immer größer werden. Schon heute sei klar, dass die notwendigen Rezyklatmengen nicht vorhanden sind. Dies werde zu einem massiven Anstieg der Preise führen, wenn nicht neue Monomaterialströme aufgebaut werden. Das will Zerooo mit dem System und seinen Monomaterial-Flaschen erreichen.

Bei der Herstellung arbeitet Zerooo mit Alpla zusammen. Zerooo bleibt Eigentümer der Flasche und damit auch des Materials. Die Partner zahlen eine Servicegebühr für die Nutzung der Flaschen. Lang-Herfurth betont die Notwendigkeit zur Standardisierung für das Rücknahmesystem. Auch das erklärt den Bedarf für eigene Flaschen mit einer einheitlichen Form. Zerooo bietet derzeit zudem drei verschiedene Farben an. Die Verschlüsse aus sortenreinem PP sind derzeit noch Einweg. Sie werden in der Waschstraße von den Flaschen getrennt und in einen eigenen, sortenreinen Stoffstrom geführt. Für die Zukunft schließt Lang-Herfurth auch andere Flaschenformen nicht aus, sobald es den Bedarf an entsprechenden Volumen gibt. Allerdings müssten diese sowohl mit den Pfandautomaten als auch mit den Reinigungsprozessen kompatibel sein. Zudem brauche es Transparenz, um die Inspektionsprozesse aufrechterhalten zu können. Lang-Herfurth betont, dass man hier erst am Anfang stehe und individuelle Gebinde in der Zukunft möglich sein werden. Zunächst aber müsse man sich mit dem Thema vertraut machen und Erfahrungen sammeln.

Eine Frage der Kosten

Letztlich ist auch bei Verpackungen die Frage nach den Kosten entscheidend. Derzeit ist es günstiger, Einwegverpackungen zu verwenden, da die Verantwortung des Herstellers mit der Übergabe an die Verbraucher*innen endet. Die Entsorgungskosten sind nicht mehr Teil der eigenen Wertschöpfungskette, betont Lang-Herfurth. Allerdings seien skalierte Mehrwegsysteme auch ohne Unterstützung günstiger. Dazu seien aber zunächst Kompatibilität und Standards erforderlich. Nur so könnten die großen Mengen bewegt werden, die für die Wirtschaftlichkeit des Systems erforderlich sind. Aber selbst heute sei das Zerooo-System schon ab dem zweiten Umlauf wirtschaftlich. Ab dem dritten Umlauf sei das System auch öko-effektiv, betont Lang-Herfurth. Der größte Treiber werde auf Dauer der Verschluss sein – das einzige Einwegelement der Flasche. Allerdings sieht Lang-Herfurth auch hier Optimierungspotenzial, etwa durch den ausschließlichen Einsatz von Schraubverschlüssen.

Was Lang-Herfurth auch grundsätzlich Hoffnung macht, sind die gesetzlichen Vorgaben. Die Plastiksteuer werde die Kosten für Einwegprodukte zumindest leicht steigen lassen. Durch die Vorgaben der PPWR werden zudem auch die Kosten für Rezyklate steigen. Demgegenüber stehen die Mehrwegsysteme, die immer günstiger werden. Die wesentlichen Kostenfaktoren bei Mehrweg sind die Rückführung und Reinigung. Aber mit ausreichender Skalierung werden die laut Lang-Herfurth irgendwann nur noch bei wenigen Cent liegen. Vor allem durch die PPWR kommt eine neue Dynamik in das Thema. „Die Transformation hat begonnen und lässt sich nicht mehr rückgängig machen“, erklärt Lang-Herfurth. „Die Frage ist nur, wie schnell es umgesetzt wird.“ Dafür, dass das möglichst schnell der Fall ist, will Zerooo sorgen.

Quelle: RECYCLING magazin

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