Wie stellt sich die wirtschaftliche Lage der Branche dar?
Eric Rehbock: „Die wirtschaftliche Lage in Deutschland ist alarmierend und die Kreislaufwirtschaft bleibt davon nicht verschont. Besonders das Kunststoffrecycling leidet unter einer massiven Nachfrageschwäche. Es ist offensichtlich: Die Konjunktur muss dringend wieder in Schwung kommen, damit sich auch die Recyclingbranche erholen kann.“
Kann das Sondervermögen „Infrastruktur“ hier eine Initialzündung sein?
Eric Rehbock: „Seit drei Jahren tritt die Wirtschaft auf der Stelle: Die Nachfrage ist schwach, Arbeitsplätze gehen verloren, Unternehmen schließen. Besonders betroffen sind Schlüsselindustrien unserer Volkswirtschaft. Deshalb ist es aus unserer Sicht richtig, jetzt mit gezielten Infrastrukturprojekten einen kraftvollen Konjunkturimpuls zu setzen, was insbesondere der schwächelnden Bauwirtschaft zugutekommen wird.
Unsere Branche würde davon profitieren – vor allem, wenn sich das öffentliche Vergabewesen endlich konsequent zur „Grünen Beschaffung“ nach § 45 KrWG bekennt. Es reicht nicht, sich nur verbal zur Nachhaltigkeit zu bekennen, die Vergabeentscheidungen müssen entsprechend ausgerichtet werden. Hier gibt es noch erheblichen Nachholbedarf, und wir werden Fehlverhalten an den Pranger stellen.“
Wird die neue Regierungskoalition die Kreislaufwirtschaft stärken?
Eric Rehbock: „Sowohl CDU/CSU als auch SPD bekennen sich zu einer verantwortungsvollen Kreislaufwirtschaft – ein richtiger Schritt. Entscheidend ist nun, Stoffkreisläufe konsequent zu schließen, um Rohstoffe so lange wie möglich im Wirtschaftskreislauf zu halten.
Es gibt bereits Erfolgsgeschichten, etwa beim Recycling von Altpapier, Altglas oder Metallschrotten. Besonders erfreulich ist, dass auch Bauabfälle stärker in den Fokus rücken. Mit rund 200 Millionen Tonnen pro Jahr sind sie der größte Abfallstrom in Deutschland und bieten enormes Potenzial für eine nachhaltige Ressourcennutzung. Wir haben seit zwei Jahren eine Ersatzbaustoffverordnung, nun gilt es endlich, sie auch vollumfänglich umzusetzen.“
Worauf sollte die neue Regierung ihren Fokus in der Kreislaufwirtschaft legen?
Eric Rehbock: „Ganz klar auf Recycling und den verstärkten Einsatz von Rezyklaten. Ohne ein funktionierendes Recycling kann es keine echte Kreislaufwirtschaft geben. Sekundärrohstoffe helfen nicht nur, natürliche Ressourcen zu schonen, sondern senken auch den CO₂-Ausstoß erheblich.
Ein Beispiel: Papierproduktion aus Altpapier benötigt etwa zwei Drittel weniger Energie als aus Primärrohstoffen. Allerdings ist nicht jedes Recyclingverfahren gleich effizient. Während mechanisches Recycling in vielen Bereichen Vorteile bietet, ist das sogenannte „chemische Recycling“ bei Kunststoffen aufgrund des hohen Energiebedarfs in Sachen Klimaschutz umstritten. Hier braucht es eine klare Differenzierung.“
Der bvse hat die Ziele der Nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie (NKWS) zwar unterstützt, aber oft die vagen Formulierungen kritisiert. Was muss sich ändern?
Eric Rehbock: „Die Nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie bleibt zu allgemein und verweist oft auf künftige EU-Regelungen – das hilft insbesondere mittelständischen Unternehmen wenig. Zudem wird die Schlüsselrolle des Mittelstands nicht ausreichend anerkannt.
Was fehlt?
- Gezielte Fördermaßnahmen für das werkstoffliche Recycling.
- Politische Rückendeckung für Recyclingunternehmen.
- Beschleunigung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren, die sich durch überlange Prozesse und neue behördliche Anforderungen immer weiter verzögern.
Der bvse fordert die zukünftige Bundesregierung auf, die Kreislaufwirtschaft als eine zentrale Säule der nachhaltigen Rohstoffversorgung zu begreifen. Das bedeutet: Gezielte Maßnahmen zur Stärkung des Mittelstands, eine Förderung innovativer Recyclingprozesse und damit die langfristige Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Branche, die immerhin schon heute über 300.000 Arbeitsplätze stellt.“