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EU-Omnibus-Verordnung zur Nachhaltigkeit großer Rückschritt

Mit der ersten „Omnibus-Verordnung“ legt die EU-Kommission einen weitreichenden Vorschlag zur Vereinfachung und Abschwächung bestehender unternehmerischer Berichtspflichten in Europa vor. Erklärtes Ziel ist es, den bürokratischen Aufwand für Unternehmen zu reduzieren und die Kohärenz der Anforderungen aus der Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), der Sorgfaltspflichtenrichtlinie (CSDDD) und der Taxonomie-Verordnung zu verbessern.
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„Die in der heute veröffentlichten Omnibus-Verordnung vorgeschlagenen Änderungen schießen weit über das Ziel hinaus. Statt einer zielgerichteten Bündelung und Vereinfachung der Berichtspflichten aus den drei bestehenden Rechtsakten senkt die EU-Kommission die Anforderungen im großen Stil ab“, sagt Johannes Kröhnert, Leiter des Brüsseler Büros des TÜV-Verbands. „Die mit den Nachhaltigkeitsregulierungen ursprünglich gesteckten Ziele – mehr Klimaschutz und weniger Menschenrechtsverletzungen – werden damit aufgeweicht.“

Die vorgeschlagenen Anpassungen der CSRD würden den Anwendungsbereich der Richtlinie drastisch einschränken. Statt für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten, soll die CSRD nun erst für Unternehmen ab 1.000 Beschäftigten gelten. Damit würde die Zahl der erfassten Unternehmen um bis zu 85 Prozent reduziert werden. „Sollte der Änderungsvorschlag umgesetzt werden, würde die CSRD nicht nur für deutlich weniger Unternehmen gelten als ursprünglich geplant. Sie wäre sogar ein klarer regulatorischer Rückschritt zur Vorgängerregelung, der Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung, die immerhin für Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten galt.“

Bei der CSDDD soll die künftige Prüfung der Sorgfaltspflichten in der Wertschöpfungskette nur auf direkte Lieferanten begrenzt werden. „Ein wirksames Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sollte Risiken entlang der gesamten Wertschöpfungskette adressieren. Die Bereiche, in denen Menschenrechts- und Umweltverstöße typischerweise auftreten, sind die tieferen Ebenen der Lieferkette. Mit dieser Begrenzung wird ihnen nicht mehr systematisch begegnet“, so Kröhnert. In der Praxis bestehe damit die Gefahr, dass Unternehmen Risiken in vorgelagerte Stufen der Lieferkette auslagern und damit die eigentliche Zielsetzung der Richtlinie unterlaufen. Dies könnte zu einem Wettbewerbsnachteil für Unternehmen führen, die bereits umfassendere Sorgfaltspflichten etabliert haben.

Die EU-Kommission reagiert mit dem ersten Omnibus-Paket auf die massive Kritik der Wirtschaft, dass die bürokratischen Belastungen für die Unternehmen zu hoch seien. Jedoch seien die geplanten Änderungen auch für Unternehmen eine vertane Chance. Kröhnert: „Berichtspflichten sind nicht nur Last, sondern helfen dabei, die mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit verbundenen Chancen und Risiken in den Unternehmensaktivitäten zu identifizieren. Letztlich wird dadurch resilienteres, innovativeres und wettbewerbsfähigeres Wirtschaften ermöglicht.“ Zudem führten solche grundlegenden regulatorischen Änderungen auch zu Planungsunsicherheiten und zur Zurückhaltung bei notwendigen Investitionen seitens der Unternehmen.

Die vorgesehene Verschiebung der verpflichtenden Anwendung der CSRD sowie der CSDDD gibt den Mitgliedstaaten nun mehr Zeit für die Umsetzung in nationales Recht. In Deutschland wurde von der letzten Bundesregierung im Sommer 2024 ein Entwurf für ein CSRD-Umsetzungsgesetz vorgelegt, dieses wurde aber nach dem Koalitionsbruch nicht mehr verabschiedet. Bis eine neue Bundesregierung steht und der politische Betrieb wieder anläuft, liegt auch die CSRD-Umsetzung auf Eis.

Der Omnibus-Verordnungsvorschlag wird nun von den EU-Mitgliedsstaaten und dem EU-Parlament geprüft, gegebenenfalls angepasst und anschließend verabschiedet. Als Omnibus-Regulierungen werden Gesetzesvorhaben bezeichnet, die verschiedene EU-Rechtsakte gebündelt ändern und damit die gleichzeitige Anpassung mehrerer Vorschriften ermöglichen.

Quelle: TÜV-Verband

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