Mit grüner Wärme den Elektroschrottkreislauf schließen

Die stark zunehmende Nutzung elektronischer Geräte ist mit einer hohen Nachfrage nach kritischen Materialien und einer ressourcenintensiven Herstellung verbunden.
Siegfried Springer, pixelio,de

Für jedes produzierte Kilogramm Elektronik werden 25 Kilogramm CO₂ in die Atmosphäre abgegeben, was die Umweltbelastung deutlich erhöht. Durch den rasanten Wandel der Verbraucherwünsche und den stetigen technologischen Fortschritt steigt die Menge an Elektronikschrott kontinuierlich an. Elektroschrott ist heute der am schnellsten wachsende Abfallstrom. Laut dem Global E-Waste Monitor 2024 fielen 2022 weltweit 62 Milliarden Kilogramm Elektroschrott an, gegenüber 34 Milliarden Kilogramm im Jahr 2010.

Auch nach ihrer Nutzungszeit sind Elektro- und Elektronikaltgeräte aufgrund der verbauten Materialien und Rohstoffe wertbeständig. Schätzungen zufolge beläuft sich der Gesamtwert der Rohstoffe – wie Kunststoffe, Kupfer, Eisen, Aluminium, Kobalt, Nickel, Zinn, Blei, Zink sowie die Edelmetalle Gold und Silber -, die aus Elektroschrott recycelt werden können, auf über 54 Milliarden Euro pro Jahr. Die Rückgewinnung dieser Materialien ist nicht nur eine wichtige Chance für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle in der Kreislaufwirtschaft, sondern trägt auch zur Resilienz der innereuropäischen Lieferketten bei. Der Recyclingprozess ist jedoch noch sehr wärme- und energieintensiv und wird auf Basis fossiler Brennstoffe bereitgestellt. Folglich benötigt die Recycling-Branche Lösungen, die zur Dekarbonisierung ihres Wärme- und Energieverbrauchs beitragen, um wirklich kreislauffähig und nachhaltig zu sein.

Chancen und Herausforderungen beim Mining von E-Abfall

Der Prozess der Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe aus ausgedienten Elektronikgeräten wird als „Mining“ bezeichnet. Für Länder und Industrien, die bereit sind, in einen effizienteren und umweltfreundlicheren Prozess zu investieren, ist dies eine Goldgrube. Das Recycling von Elektronikschrott spielt eine entscheidende Rolle, um der Verknappung von Seltenen Erden und Edelmetallen entgegenzuwirken und zur Kreislaufwirtschaft beizutragen.

Derzeit steht das Mining vor der Herausforderung, effiziente und umweltfreundliche Methoden zur Rückgewinnung der Rohstoffe zu finden. Experimentelle Techniken wie überkritische Fluide, Flüssigsalze oder mikrobielle Erzlaugung sind vielversprechend, müssen aber noch weiterentwickelt werden, um wirtschaftlich nutzbar zu sein.

Bestehende Recyclingverfahren wie die Pyrometallurgie haben sich bei der Rückgewinnung von Edelmetallen aus Elektroschrott als äußerst effektiv erwiesen. Diese Prozesse verursachen derzeit hohe Treibhausgasemissionen, hauptsächlich durch den Einsatz fossiler Brennstoffe für die Hochtemperaturwärme. Daher ist eine neue Methode zur kohlenstofffreien Bereitstellung dieser Wärme erforderlich, um das Mining von Elektronikschrott zukunftsfähiger zu gestalten.

Schmelzverfahren verwandeln Elektroschrott in Gold

Beim pyrometallurgischen Verfahren wird der Elektroschrott zunächst durch Schredder oder Zerkleinerungsmaschinen geleitet, welche die Metallnebenprodukte in kleinere Partikel zerlegen. Im nächsten Schritt wird die geschredderte Masse in Schwebe- oder Kammeröfen geschmolzen. Bei diesem Prozess werden Metalle, Schlackenreste und Rauchgase abgetrennt. Ab hier beginnt ein vielfältiger Prozess, der von der Anlage und der primären Metallzusammensetzung der abgetrennten Metalle abhängt:

  • Primäre Eisenzusammensetzungen können durch Sauerstoff- und Elektrolichtbogenöfen weiter getrennt werden.
  • Kupfer und Blei können durch Schmelzöfen getrennt werden.
  • Aluminium kann durch Kipp- oder stationäre Schmelzöfen getrennt werden.

Ein gemeinsamer Faktor zwischen diesen verschiedenen Trennverfahren ist der hohe Wärmebedarf. Der Prozess der Pyrometallurgie erfordert je nach dem genauen Verfahren eine konstante Hitze zwischen 400°C und 1200°C. Die Kupferverhüttung, bei der zur Erleichterung der Trennung Sulfide zugeführt werden, erfordert beispielsweise 1200 °C, während die Bleiverhüttung in Hoch- und Schmelzöfen eine niedrigere Temperatur zwischen 400 °C und 800 °C erfordert.

Elektrifizierung und Wiederverwendung von Abwärme durch thermische Speicherung

Die Wärme für den Schmelzprozess wird zum größten Teil durch fossile Brennstoffe erzeugt. Allerdings gibt es immer mehr Möglichkeiten, fossile Brennstoffe in solchen Hochtemperaturöfen durch saubere Energiequellen zu ersetzen. Im Hinblick auf die Verfügbarkeit und den Bezug von Strom zu niedrigen Preisen sind neue Technologien zur Wärmespeicherung für die Anforderungen der Öfen besser geeignet als eine direkte Elektrifizierung. Dies liegt primär an den dargebotsabhängigen und fluktuierenden Erzeugungsprofilen erneuerbarer Energiequellen, die im Kontrast zum meist konstanten Energiebedarf der Recyclinganlagen stehen. Folglich ist der Energiebezug durch Elektrifizierung nicht durchgängig CO₂-neutral, da zu Zeiten geringer erneuerbarer Energieproduktion oft auf Strom aus fossilen Quellen wie Erdgas zurückgegriffen werden muss. Dies führt nicht nur zu höheren CO₂-Emissionen, sondern auch zu erhöhten Energiekosten. Das Problem lösen Wärmespeicher. Sie ermöglichen es, große Mengen Strom zu beziehen, wenn erneuerbare Energien günstig ins Netz eingespeist werden. Dadurch können Niedrigpreisphasen optimal genutzt und die Energieversorgung effizienter gestaltet werden. Diese Technologie trägt somit dazu bei, sowohl die ökologische als auch die ökonomische Bilanz von Recyclinganlagen zu verbessern.

Ein Power-to-Heat-Speichersystem, das erneuerbaren Strom in Wärme umwandelt, kann viele bestehende Öfen ohne kostspielige Änderungen der Infrastruktur betreiben. Diese Technologien werden auch zur Speicherung und Wiederverwendung von Abwärme zur Vorwärmung von Öfen eingesetzt.

Der für die Pyrometallurgie notwendige hohe Anteil konstanter Wärme, ist die größte Hürde beim Mining des Elektroabfalls. Die Nutzung von Abwärme, die bei Schmelzöfen entsteht – besonders in Batch-Prozessen – und deren Speicherung bis zum nächsten Arbeitszyklus könnte die Treibhausgasemissionen erheblich reduzieren. Elektronik ist ein fester Bestandteil des Alltags, weshalb es wichtig ist, die vorhergehenden Generationen von Technologien zu recyceln, um ihre negativen Auswirkungen auf den Planeten zu minimieren. Für einen nachhaltigen digitalen Wandel und eine erfolgreiche Kreislaufwirtschaft ist es entscheidend, grüne Wärmelösungen in den Recyclingprozess von Elektroschrott zu integrieren.

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