Von Faser zu Faser

Textilien gehören zu den Produkten mit den größten Umweltauswirkungen.
© Ethna Farnham; pixabay.com

Diese finden aber meistens nicht dort statt, wo die Produkte konsumiert werden, sondern vielmehr in Schwellen- und Entwicklungsländern. Dort finden große Teile der Produktion statt. Besonders problematisch sind laut der Studie „Ökologische Bewertung textiler Fasern – von ‚klassischen‘ Fasern über Recyclingfasern bis hin zu innovativen und wiederentdeckten Fasern“, die das Öko-Institut im Auftrag des Umweltbundesamts durchgeführt hat, der Anbau und die Produktion der Rohfasern sowie die Textilveredlung. Hier fallen auch etwa 70 Prozent der Treibhausgasemissionen des Sektors an. Im Bericht werden die derzeit eingesetzten und in Entwicklung befindlichen Fasern untersucht. Die Ergebnisse sollen zur Überarbeitung der Kriterien des „Blauen Engel“ dienen.

Grundsätzlich kann zwischen Naturfasern und synthetisch hergestellten Fasern unterschieden werden. Bei Letzteren wird noch zwischen Fasern aus natürlichen und aus synthetischen Polymeren unterschieden. Die mit Abstand am meisten eingesetzten Fasern sind Polyesterfasern mit einem Marktanteil von 52,2 Prozent und Baumwolle mit 23,2 Prozent. Weitere Fasern mit einer gewissen Relevanz sind Synthesefasern auf Basis von Zellulose (6,42 Prozent), Polyamid (5 Prozent) und Schafwolle (1 Prozent). Alle anderen pflanzlichen Naturfasern haben einen Anteil von 5,9 Prozent, andere Synthesefasern 5,7 Prozent. Naturfasern tierischen Ursprungs haben einen minimalen Marktanteil von 0,29 Prozent.

Seit Mitte der 1990er-Jahre dominieren synthetische Fasern den Markt und machen heute etwa 63 Prozent der gesamten Faserproduktion aus. In Deutschland wurden 2020 13 Prozent der eingesetzten Synthesefasern für die Produktion von Bekleidung verwendet, 26 Prozent für Heimtextilien und 61 Prozent für technische Textilien.
Der hohe Marktanteil von Polyester sei vor allem darauf zurückzuführen, dass es billig herzustellen ist und vielseitig eingesetzt werden kann. Die Produktion ist in den vergangenen 50 Jahren um das Neunfache gestiegen. Es wird erwartet, dass synthetische Fasern bis 2030 fast drei Viertel der gesamten Faserproduktion ausmachen werden. Dabei wird der Polyesteranteil voraussichtlich bei 85 Prozent liegen. Etwa 86 Prozent der Polyesterproduktion stammen aus China, Indien und Südostasien. Der Anteil des Sekundärmaterials an der Polyesterproduktion liegt bei etwa 14 Prozent. Allerdings stamme das Material im Wesentlichen nicht aus geschlossenen Kreisläufen, sondern aus mechanisch recycelten PET-Flaschen. Allerdings gebe es eine Reihe von Initiativen, die aus den Meeren gesammeltes Plastik zu recyceltem Polyester verarbeiten. Zudem gibt es erste Unternehmen, die Polyester chemisch recyceln. Der Marktanteil von biobasiertem Polyester liege unter 1 Prozent.

Die globale Jahresproduktion von Polyamid liegt bei etwa 5,58 Millionen Tonnen pro Jahr. Polyamid sei deutlich schwerer zu recyceln als Polyester. Allerdings gebe es zur recycelten Menge keine verlässlichen Angaben. Es gebe aber chemische Verfahren für das Recycling von Polyamid. Die Produktionskapazität für biobasiertes Polyamid liegt bei 0,24 Millionen Tonnen. Bei Baumwolle liege der Recyclinganteil unter einem Prozent.

Umweltauswirkungen

Bei Baumwolle liegen die größten Umweltbelastungen im Anbau. Die weltweit am häufigsten erzeugte Naturfaser wird in mehr als 80 Ländern angebaut. Jährlich werden etwa 26 Millionen Tonnen geerntet. Die größten Anbauländer sind China, Indien, USA, Brasilien und Pakistan. Die Rahmenbedingungen für den Anbau sind dabei sehr unterschiedlich. Daher falle auch der Ertrag sehr unterschiedlich aus. Für die Produktion werden 2,6 Prozent des globalen Wasservorrates verbraucht. Beim konventionellen Baumwollanbau werden zudem Mineraldünger, Pestizide und andere chemische Hilfsmittel eingesetzt. Als weiteres Umweltrisiko gilt laut Bericht, dass überwiegend gentechnisch veränderte Baumwollsorten angebaut werden. Weitere Umweltbelastungen ergeben sich aus dem hohen Energieaufwand im Spinnprozess. Für den Bleich- und Färbeprozess seien ebenfalls große Wassermengen erforderlich. In der Nutzungsphase geben die Textilien Mikrofasern ab. Sie gelten aber im Gegensatz zu Mikrofasern aus Kunststoff nicht als problematisch, da sie kaum Umweltgifte an sich binden.

Viele der Umweltauswirkungen könnten laut Bericht durch die Anwendung alternativer Anbaumethoden deutlich reduziert werden. Ein kontrolliert biologischer Anbau sei mit geringen Auswirkungen auf die angrenzenden Ökosysteme verbunden. Allerdings bestehe die Gefahr, dass es aufgrund geringerer Erträge zu einem höheren Flächenverbrauch kommt. Auch der Einsatz von rezyklierter Baumwolle könne zur Reduzierung der Umweltauswirkungen pro Textilprodukt beitragen. Baumwoll-Textilabfälle könnten sowohl mechanisch als auch chemisch recycelt werden. Allerdings würden die Eigenschaften von Baumwolle nur beim mechanischen Recycling erhalten bleiben. Es könnten dabei maximal 20 Prozent des Materialinputs zurückgewonnen werden. Zudem hänge die Qualität der Fasern vom Input ab. Sie sei aber in jedem Fall schlechter als die Qualität von Neuware.

Auch die Produktion von Wolle sei mit einem relativ hohen Treibhausgaspotenzial verbunden. In der konventionellen Schafzucht wird zudem eine Reihe von Chemikalien eingesetzt. Problematisch sei auch das Abwasser, das beim Waschen der Wolle anfällt. Produktionsabfälle und Alttextilien aus Wolle können mechanisch recycelt werden. Allerdings werden die Fasern bei der mechanischen Aufbereitung verkürzt. Daher ist für bestimmte Garnqualitäten eine Mischung mit Neuware erforderlich. Das Material werde aber auch für Isolierungen oder als Füllmaterial verwendet.

Beim konventionellen Flachsanbau werden synthetische Düngemittel und verschiedene andere Chemikalien eingesetzt. Dennoch habe Flachs bei der Rohstoffgewinnung im Vergleich zu anderen Fasern geringe Umweltauswirkungen. Hanf benötigt große Wassermengen, zudem werden oft Pestizide und Herbizide eingesetzt. Er gilt dennoch als umweltfreundliche Alternative zu Baumwolle. Bei allen Bastfasern liege der Schwerpunkt der Umweltauswirkungen in der Gewinnung der Fasern nach der Ernte. Bei der Garnproduktion aus Hanf sei zudem der Energieverbrauch sehr hoch. Durch einen kontrollierten biologischen Anbau könne ein großer Teil der Umweltauswirkungen reduziert werden.

Auch bei Regeneratfasern ist die Rohstoffgewinnung hauptsächlich für die Umweltauswirkungen verantwortlich. Das Ausgangsmaterial Zellulose werde im Wesentlichen aus Holz gewonnen. Die Rodung von Wäldern sei mit einem sehr hohen Treibhausgasemissionspotenzial verbunden. Optimierungspotenzial bestehe hier in der Verwendung von Holz, das nach den Grundsätzen der nachhaltigen Forstwirtschaft angebaut wird. Zudem können Abfälle und Reststoffe zur Zellstoffherstellung genutzt werden. Die Zellstoffherstellung selber sei sowohl energie- als auch wasserintensiv. Laut Bericht kann Zellstoff auch durch chemisches Recycling aus Baumwolltextilien gewonnen werden. Das Verfahren werde sogar schon im kommerziellen Stil eingesetzt.

Die Herstellung von Polyesterfasern ist mit einem hohen Energie- und Wasserverbrauch verbunden. Das Treibhausgasemissionspotenzial hänge zudem von den eingesetzten Rohstoffen ab. Außerdem würden Polyestergarne ein sehr hohes Humantoxizitätspotenzial aufweisen. Durch den Einsatz von Rezyklaten könnten diese Umweltauswirkungen deutlich reduziert werden. Das etablierte Verfahren ist das mechanische Recycling. Allerdings sei der Marktanteil an rezyklierten Fasern aus Alttextilien sehr gering. Im Wesentlichen werde das Material aus PET-Flaschen und Lebensmittelverpackungen gewonnen. Beim chemischen Recycling hänge die Effizienz stark vom Ausgangsmaterial ab. Der PET-Gehalt sollte 80 bis 90 Prozent betragen. Auch hier würden vor allem Verpackungs- und Industrieabfälle genutzt. Der Einsatz biogener Rohstoffe für die Produktion synthetischer Fasern wird als nachhaltige Alternative gesehen. Als Ausgangsmaterial dient zucker- oder stärkehaltige Biomasse. Dabei sei allerdings die Verwendung biogener Rohstoffe nicht grundsätzlich nachhaltig, denn auch ihr Anbau sei mit einer Reihe von Umweltauswirkungen verbunden. Der Einsatz sollte daher nur auf Basis definierter Nachhaltigkeitskriterien für die stoffliche Nutzung von Biomasse erfolgen.

Polyamid ist nach Polyester die zweitwichtigste synthetische Faser. Die Herstellung ist allerdings noch energieintensiver als die von Polyester. Zudem werde Distickstoffoxid freigesetzt, das einen um fast 300-mal stärkeren Beitrag zum Klimawandel hat als Kohlendioxid. Auch bei Polyamid kommt zunehmend Rezyklat zum Einsatz. Allerdings sei die Zahl der Hersteller noch limitiert. Aber auch hier werden kaum textile Abfälle verwendet. Es gebe sowohl ein mechanisches als auch ein chemisches Verfahren. Mit Letzterem könne aber nur das Polyamid PA6 verwertet werden. Auch Polyamid kann auf Basis von Biomasse hergestellt werden. Dabei würden die gleichen Einschränkungen gelten wie bei Polyester.

Polyacrylfasern haben von allen Fasern das höchste Humantoxizitätspotenzial. Dies liege an der großen Menge an gesundheitsgefährdenden Chemikalien, die bei der Herstellung eingesetzt werden. Zudem ist die Herstellung mit einem hohen Energieverbrauch verbunden.

Recyclingverfahren

Nicht zuletzt durch Fast Fashion hat einerseits der Konsum von Textilien zugenommen, gleichzeitig werden die Kleidungs­stücke immer schneller entsorgt. Allerdings werde derzeit weniger als 1 Prozent des Materials wieder zu neuer Kleidung verarbeitet. Für das Recycling gibt es eine Reihe von Herausforderungen. So fehle es an ausreichender Infrastruktur für die Rücknahme und Sortierung vor dem Recycling. Die Abfälle seien zudem sehr heterogen. Mechanisch recycelte Naturtextilien sind im Vergleich zu Neuware qualitativ minderwertig und das chemische Recy­cling ist nur für bestimmte technologische Verfahren praxisreif. Hinzu kommt, dass Neuware oft billiger ist.

Das mechanische Recycling könne für das Stoff- oder Faserrecycling oder als Vorbehandlung für thermomechanische, chemische und biochemische Recyclingverfahren eingesetzt werden. Der Vorteil chemischer Verfahren (wie Polymer-Recycling von Baumwolle, Monomer-Recycling von PA6 oder PET oder Technologien zur Rückgewinnung von Zellulose und PET aus Polycotton-Mischungen) bestehe darin, dass toxische Verunreinigungen entfernt werden können. Dem stünden ein hoher Energieverbrauch, giftige Nebenprodukte und Einschränkungen beim Inputmaterial gegenüber.

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