Infrastruktur für Carbon Management und Negativemissionen

Foto Hintergund Wolken: Sinmaon; pixabay.com

Mit dem Eckpunktepapier für eine Carbon-Management-Strategie und dem Gesetzesvorschlag zur Änderung des Kohlendioxid-Speicherungsgesetzes hat das Bundeskabinett jüngst eine Richtungsentscheidung getroffen.

Zwei jetzt veröffentlichte Diskussionspapiere der Initiative IN4climate.NRW machen konkrete Vorschläge, wie der Aufbau und die Finanzierung einer Infrastruktur für eine Kohlenstoffwirtschaft gelingen können und zeigen gleichzeitig die Relevanz und Chancen von Carbon Dioxide Removal (kurz: CDR) für die Industrie auf. Erarbeitet und mitgetragen werden die Papiere von renommierten Unternehmen, Branchenverbänden und Forschungseinrichtungen.

Nordrhein-Westfalen hat sich zum Ziel gesetzt, Europas erste klimaneutrale Industrieregion zu werden. Doch auch bei einem kraftvollen Ausbau der erneuerbaren Energien und einer erfolgreichen Transformation werden in einer klimaneutralen Industrie in bestimmten Branchen unvermeidbare Mengen an Kohlenstoffdioxid (CO₂) entstehen, beispielsweise in der Kalk- und Zementindustrie. Für diese Mengen ist der Aufbau einer CO₂-Infrastruktur hochrelevant, um die Klimaziele zu erreichen. Sie ermöglicht die Abscheidung, den Transport, die Weiternutzung als Rohstoff oder die dauerhafte Speicherung von Kohlenstoffdioxid.

Klare Rahmenbedingungen und Rückendeckung für Erfolg entscheidend

Das Diskussionspapier „Damit der Aufbau einer CO₂-Infrastruktur gelingt: Anforderungen an die Entwicklung und Finanzierung“ gibt Impulse für die derzeit stattfindende Diskussion rund um die Carbon-Management-Strategie des Bundes und beschreibt konkrete Anforderungen an Finanzierungsinstrumente für den Hochlauf einer CO₂-Infrastruktur. Dabei wird die besondere Relevanz eines Hochlauftarifs, einer Risikoabsicherung für ausreichende Kapazität und Chancengleichheit sowie eines gerechten Zugangs zu Transportmöglichkeiten für alle Standorte herausgestellt.

„Auch wenn der Aufbau der CO₂-Infrastruktur privatwirtschaftlich erfolgen wird, ist – ähnlich wie auch bei Strom- oder Wasserstoffnetzen – einen Finanzierungsrahmen zur Risikoabsicherung für die Aufbauphase erforderlich. Hier wird zeitnah Investitionssicherheit benötigt, damit die Unternehmen von der Projektentwicklung in die Umsetzung kommen“, betont Christian Mildenberger, Geschäftsführer der Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz NRW.Energy4Climate, bei der IN4climate.NRW angesiedelt ist.

Carbon Dioxide Removal als Chance für viele Industriezweige

Entscheidend ist eine funktionierende CO₂-Infrastruktur auch für die CO₂-Entnahme aus der Atmosphäre, auch Carbon Dioxide Removal genannt. Das zweite nun veröffentlichte Diskussionspapier „Carbon Dioxide Removal in der Industrie Nordrhein-Westfalens“ betont die Chancen von CDR-Anwendungen. Sie generieren Negativemissionen, wodurch verbleibende unvermeidbare Restemissionen bilanziell ausgeglichen werden können. Auch zu diesem Thema stehen auf Bundesebene mit der Erarbeitung der Langfriststrategie Negativemissionen zum Umgang mit unvermeidbaren Restemissionen wichtige Weichenstellungen an. Insbesondere BioCCS (Biogenic Carbon Capture and Storage) bietet dabei in Nordrhein-Westfalen Potenzial für wichtige Industriezweige wie die Biogasaufbereitung, Zement-, Kalk- und Chemieindustrie sowie Abfallverwertung und kann im Transformationsprozess zur Klimaneutralität verhältnismäßig leicht implementiert werden. Abfall- und Reststoffe aus Biomasse, in der zuvor über Photosynthese atmosphärisches CO₂ gebunden wurde, lassen sich hier als Brennstoff einsetzen. Das bei der Verbrennung wieder frei werdende CO₂ wird direkt im Prozess abgeschieden und im Anschluss geologisch gespeichert. Auch für den Bereich des Anlagenbaus bieten Technologien wie die direkte CO₂-Entnahme aus der Luft (Direct Air Capture), Biokohle (Biochar) oder BioCCS spannende Chancen.

„Carbon Dioxide Removal ist kein fernes Zukunftsthema, sondern umfasst hochrelevante, chancenreiche Technologien, durch die die Industrie aktiv zur klimaneutralen Transformation und Verbesserung der Treibhausgasbilanz beitragen kann. Damit diese Potenziale genutzt werden, wird nicht nur eine geeignete CO₂-Infrastruktur benötigt, sondern zudem grundlegende Rahmenbedingungen, die für jede dauerhaft aus der Atmosphäre entfernte Tonne CO2 einen angemessenen Preis ermöglichen“, so Mildenberger.

Schnelle Senkung der Gesamtemissionen für Wirkung entscheidend

Gleichzeitig wird durch das Diskussionspapier aber auch deutlich, dass CDR als Ergänzung gesehen werden muss, das heißt als Ausgleich für Bereiche, in denen sich die CO₂-Entstehung und/oder -Emission (z. B. in der Landwirtschaft) nicht vermeiden lassen. Weiterhin werden neben den skizzierten industriellen Wegen zur CO₂-Entnahme auch die natürlichen CO₂-Senken wie Wälder benötigt. Der besondere Wert der innerhalb des Papiers skizzierten industriellen CDU-Anwendungen liegt darin, dass die geologische Speicherung als besonders dauerhaft wirksam angesehen wird.

Verschiedene Klimaneutralitätsstudien erwarten für das Jahr 2045 noch Restemissionen in Deutschland in Höhe von mindestens 55 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten – die derzeitigen Emissionen liegen bei 674 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten. Um von dem Effekt der Negativemissionen zu profitieren, ist daher die Geschwindigkeit, mit der die CO₂-Emission grundsätzlich minimiert und vermieden wird, entscheidend. Denn nur, wenn schnell die Gesamtemissionen reduziert und die Kapazitäten für CO₂-Transport und Speicherung aufgebaut werden, bietet sich die Chance, auch wirklich relevante Negativemissionen zu erzeugen.

Die beiden Papiere wurden von der Fachgruppe Kohlenstoffwirtschaft im Rahmen von IN4climate.NRW erarbeitet und von zahlreichen Partnern der Initiative unterstützt, u.a. von Unternehmen und Verbänden aus den Branchen der Energiewirtschaft, Chemie-, Zement-, Kalk-, Glas- und Gussindustrie sowie verschiedenen etablierten Forschungseinrichtungen.

Zur Publikation „Carbon Dioxide Removal in der Industrie Nordrhein-Westfalens“

Zur Publikation „Damit der Aufbau einer CO2-Infrastruktur gelingt: Anforderungen an die Entwicklung und Finanzierung“

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