PVC ist ein robuster Kunststoff, der sich aufgrund seiner Langlebigkeit für viele Anwendungen nachhaltig einsetzen lässt – unter anderem für Bodenbeläge für Wohn-, Gewerbe- und Industriezwecke. Allerdings können alte gebrauchte PVC-Böden problematische Weichmacher wie DEHP enthalten, die gemäß REACH-Verordnung der EU in neuen PVC-Fußböden nicht mehr verwendet werden. Die einzige Möglichkeit zur Ausschleusung dieser Substanzen war bis jetzt die thermische Verwertung, was zur Verschwendung wertvoller Materialien führt.
Das Circular-Flooring-Konsortium hat in seiner Forschungsarbeit nach eigenen Angaben gezeigt, dass recyceltes Material aus PVC-Bodenabfällen in den Produktkreislauf zurückkehren kann. Die Forschenden haben ein lösungsmittelbasiertes Recyclingverfahren für PVC-Bodenbeläge entwickelt, mit dem PVC von unerwünschten Weichmachern getrennt und zurückgewonnen wird. Das PVC-Rezyklat kann erneut in Bodenbelägen eingesetzt werden. Um dieses Recycling zu erleichtern, wurden im Rahmen des Projekts neue maßgeschneiderte Additive und Stabilisatoren entwickelt.
Aufgrund der Anforderungen an die farbliche Qualität, die im Projekt nicht bearbeitet wurde, wird das Rezyklat nicht in der Decklage der PVC-Bodenbeläge verwendet, kann aber in nicht sichtbaren Lagen bis zu 100 % Neuware-PVC ersetzen, sogar in den „Luxury Vinyl Tiles“, die sich derzeit zunehmender Beliebtheit erfreuen. Darüber hinaus können die abgetrennten, kritischen Weichmacher in unkritische, REACH-konforme Substanzen umgewandelt werden.
„Die im Pilot-Maßstab produzierte Qualität des PVC-Rezyklats ist sehr gut, entspricht den EU-Normen und ermöglicht die Wiederverwendung des Rezyklats in neuen PVC-Produkten“, sagt Projektkoordinator Dr. Martin Schlummer vom Fraunhofer IVV. „Die Umwandlung der abgetrennten Weichmacher in REACH-konforme Produkte war auf chemischer Ebene komplexer, als wir es uns zu Beginn vorgestellt hatten. Doch am Ende haben wir es geschafft.“
Neues Großtechnikum in Freising eröffnet
Nach der erfolgreichen labortechnischen Vorentwicklung hat das Fraunhofer IVV nach mehrjähriger Bauzeit Ende 2023 auf seinem Gelände in Freising ein Großtechnikum eröffnet, das im Circular-Flooring-Projekt genutzt wurde, um reine PVC-Rezyklate zu produzieren. Das Technikum kann aber auch von anderen Branchen wie z.B. der Automotive-, Verpackungs- oder Baubranche genutzt werden, um Rezyklatmengen aus lösungsmittelbasiertem Recycling zu testen und für industrielle Anwendungstests herzustellen. Das Großtechnikum wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie, dem Fraunhofer IVV und im Rahmen von Circular Flooring von der EU gefördert.
Das Circular-Flooring-Konsortium hat auch mit einer Marktstudie gezeigt, dass das Thema Nachhaltigkeit bei Verbrauchern und Herstellern eine große Rolle spielt und die Nachfrage nach PVC-Rezyklaten steigt. Zudem gibt es in Europa genug Quellen für recycelbare PVC-Abfälle. „Die Infrastruktur für die Sammlung und Verarbeitung muss allerdings gerade für „post-consumer“-Fußbodenbeläge noch aktiviert, vernetzt und gestärkt werden“, so Martin Schlummer.
Die Projektpartner haben auch in Bezug auf Wirtschaftlichkeit verschiedene Qualitätsnormen formuliert, untersucht und realistische „Business Cases“ für die Produktion von neuen PVC-Bodenbelägen auf Basis von Rezyklaten beschrieben. Auch eine Ökobilanz wird im Rahmen des Projekts erstellt, um die Umweltauswirkungen des Verfahrens zu analysieren.
Beitrag zur Stärkung der europäischen PVC-Industrie
Dank der Forschungsarbeit in Circular Flooring gibt es nun einen neuen Weg, den Anteil von recyceltem PVC an der gesamten europäischen Kunststoffproduktion zu erhöhen. Das im Projekt entwickelte Verfahren bietet neben ökologischen auch wirtschaftliche Vorteile: Es stärkt die europäische PVC-Industrie und fördert das Schaffen neuer Arbeitsplätze im Recycling-Sektor.