Trend zu Papierverbundverpackungen ist kontraproduktiv

Papierverbundverpackungen als vermeintlich nachhaltigere Alternative zu Kunststoffverpackungen liegen im Trend:
Dr. Wolf Karras, Werkstoffwissenschaftler und Experte für Ökodesign bei Eko-Punkt, dem dualen System von Remondis Copyright: Eko-Punkt

Laut einer Studie der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) könnte sich ihre Menge bis 2030 von aktuell 313.600 Tonnen auf 572.500 Tonnen nahezu verdoppeln. Doch der Schuss geht nach hinten los, warnt Dr. Wolf Karras, Werkstoffwissenschaftler und Experte für Ökodesign bei Eko-Punkt, dem Dualen System von Remondis. Denn Papierverbunde sind oft schwerer als Kunststoff und lassen sich deutlich schlechter wieder aufbereiten. Die Folgen des Trends: steigende Abfallmengen bei sinkender Recyclingfähigkeit der Verpackungen.

Der Gesetzgeber will es, und auch die Verbraucher und der Handel verlangen es: Verpackungen sollen nachhaltiger werden. Um dieser Forderung nachzukommen, sind gerade im Lebensmittelbereich viele Hersteller dazu übergegangen, ihre Kunststoffverpackungen durch Verpackungen aus Papierverbunden zu ersetzen. Bei dieser Materialart wird Pappe mit Kunststoff beschichtet, um ihr die Eigenschaften des Kunststoffs, wie Wasserfestigkeit, zu verleihen. Das Ziel: den Kunststoffanteil in der Verpackung zu reduzieren – nicht zuletzt, weil Verbraucher Verpackungen aus Papier als vermeintlich ökologischer und kreislauffähiger betrachten. Doch Karras warnt: „Der Schuss geht nach hinten los!“

Mehr Abfall, weniger Recycling

Der Werkstoffwissenschaftler und Leiter des Verpackungslabors von Eko-Punkt erklärt, warum der Trend zu mehr Papierverbunden kontraproduktiv ist: „Hier werden recyclingfähige Packmittel durch nicht recyclingfähige Packmittel ersetzt. Denn anders als bei einer reinen Kunststoffverpackung lässt sich der bei einem Papierverbund eingesetzte Kunststoff nicht und der Papieranteil bestenfalls anteilig recyceln. Die Verpackung ist somit deutlich schlechter wiederverwertbar und geht dem Verpackungskreislauf im schlimmsten Fall gänzlich verloren.“

Dies bestätigt auch die Studie der GVM: Demnach sind 60 Prozent der Papierverbundverpackungen zu weniger als 90 Prozent recyclingfähig. Die Recyclingquote der Papierverbunde, die in den Gelben Sack gelangen, liegt sogar nur bei 10 Prozent und ist damit extrem niedrig. Im Vergleich dazu sind bei Kunststoffverpackungen rund zwei Drittel zu mehr als 95 Prozent recyclingfähig – sie schneiden im Hinblick auf Wiederverwertbarkeit also deutlich besser ab. Hinzu kommt, dass laut GVM-Studie die Abfallmenge durch die Substituierung von Kunststoffverpackungen durch Papierverbundverpackungen um 35 bis 40 Prozent steigt. In vielen Fällen verdoppelt oder verdreifacht sich die Abfallmenge sogar, weil Papierverbunde in der Regel deutlich schwerer wiegen als der Kunststoff, den sie ersetzen.

„Mit anderen Worten: Die Abfallmenge steigt, während der Grad der Recyclingfähigkeit sinkt“, fasst Karras die Folgen des Trends zusammen. „Dies konterkariert die abfallwirtschaftlichen Zielsetzungen Abfallvermeidung und Kreislaufführung.“

Verpackungsstrategie überdenken

Auch vor dem Hintergrund einer sich verschärfenden Gesetzgebung rät Karras Herstellern dazu, ihre Verpackungsstrategie zu überdenken. Denn im Frühjahr 2024 haben sich das Europaparlament und die EU-Mitgliedstaaten auf strenge Vorgaben für die Recyclingfähigkeit von Verpackungen geeinigt, die ab 2030 greifen sollen. „Inverkehrbringer von Verpackungen sollten daher schon heute den Grad der Recyclingfähigkeit kennen und bei Bedarf optimieren“, so Karras. „Papierverbundverpackungen sind ganz klar der falsche Weg.“ Ökologisch betrachtet deutlich sinnvoller sind aus Sicht des Experten Verpackungen aus einem Monokunststoff wie Polypropylen (PP) oder Polyethylen (PE): „Beide Polymerarten eignen sich hervorragend für den Gebrauch und lassen sich anschließend vollständig recyceln und zu neuen Verpackungen verarbeiten – ganz im Sinne der Kreislaufwirtschaft.“

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