An Kaufbeuren kommt niemand vorbei, der bei Zeppelin im Service arbeitet. Wo auch immer an die 700 Servicetechniker im Außen- und Innendienst in ganz Deutschland im Einsatz sind: Sie müssen regelmäßig ihr Wissen auffrischen, um sich weiterzubilden. Sei es, weil der Gesetzgeber es erfordert. Oder sei es, weil neue Baumaschinen von Caterpillar im Markt eingeführt werden. Die Servicemitarbeiter müssen wissen, wie sie eine Maschine fachgerecht instand setzen, wie sie Fehlercodes interpretieren und schnell die richtigen Rückschlüsse ziehen können, um die passenden Maßnahmen einzuleiten. Doch wer Ursachenforschung sowie Fehlersuche betreiben und Diagnosestrategien entwickeln will, benötigt dafür die nötigen Fachkenntnisse. Theoretische und praktische Grundlagen vermittelt Zeppelin seit 2000 in Kaufbeuren in seinem zertifizierten Schulungszentrum, damit die Mitarbeiter einen einheitlichen Wissensstand haben und so schnell Kunden unterstützen können, damit deren Arbeitsgeräte wieder betriebsbereit sind.
Auf der Schulungsagenda stehen etwa elektrische Baumaschinen. Hier ist der Service bereits seit knapp zehn Jahren dabei, sich auf die Wartungs- und Reparaturarbeiten von Hochvolt-Systemen vorzubereiten und sich dafür zu qualifizieren. Schließlich müssen elektrische Maschinen genauso fachgerecht betreut werden wie konventionelle Technik. Denn die DGUV 209-093 setzt verpflichtend voraus, entsprechend geschulte Fachleute vor Ort bei gefahrenintensiven Tätigkeiten in Werkstätten und im Außendienst zu haben. Das erfordert neben einer maschinenspezifischen Schulung eine FHV-Ausbildung, da die Mitarbeiter mit besonderen Gefahren konfrontiert sein können. Daher musste auch das Schulungszentrum die nötigen Vorbereitungen treffen, um auf die neuen Anforderungen zu reagieren, wenn immer weitere elektrische Cat Baumaschinen in Zukunft Einzug halten. So wurde die Schulungsstätte vom LandBauTechnik-Bundesverband auditiert und darf den Lehrgang „Fachkundige Person Hochvolt in der Land- und Baumaschinentechnik“ anbieten. Um die Servicetechniker möglichst gefahrlos auf den Umgang mit Hochvolt-Systemen vorzubereiten, wurde für den FHV-Grundkurs außerdem ein spezielles Hochvolt-Lehrsystem beschafft. Wesentliche Bestandteile sind Einheiten der Hochvolt-Batterie, der Leistungselektronik beziehungsweise des Inverters und des Antriebsmotors mit Getriebe. Damit lassen sich Arbeitsschritte für das Spannungsfreischalten des Hochvolt-Systems, die Isolationsprüfung und die Überprüfung des Potenzialausgleichs gefahrlos trainieren. Das Hochvolt-Lehrsystem soll die Hochvolt-Ausbildung unter Leitung der verantwortlichen Elektrofachkraft Kathrin Kühn und dem zertifizierten technischen Trainer für Hochvolt-Ausbildung in der Land- und Baumaschinentechnik Jakob Jocher zusätzlich unterstützen. Sie müssen den vom Branchenverband zusammen mit Vertretern der Land- und Baumaschinenhersteller, dem Verband Deutscher Maschinen und Anlagenbauer (VDMA) sowie den zuständigen Berufsgenossenschaften definierten einheitlichen Lehrgangsstandard samt Prüfungsordnung anwenden.
„Wir investieren viel in die Aus- und Weiterbildung unserer Mitarbeiter, denn nur so können wir unseren Bedarf an hoch qualifizierten Mitarbeitern decken und unseren Service am Markt positionieren, der unser Aushängeschild ist“, verdeutlicht Markus Spiegl, der seit 2022 die technischen Schulungen leitet und seitdem verantwortlich für das Schulungszentrum Kaufbeuren ist. Ziel ist, dass jeder Servicetechniker jährlich sechs bis sieben Tage geschult wird. 35 Trainer, bestehend aus Instruktoren mit absolutem produktspezifischen Fachwissen, einem Satellitentrainerteam, welches die Baumaschinengrundlagen vermittelt, und einem Ausbilderteam, führen die technischen Schulungen durch.
Um Theorie und Praxis der Schulungsinhalte eng miteinander zu verzahnen, liegen die vier Schulungsräume für die theoretische Schulung in unmittelbarer Nähe zu den Werkstätten. Denn nur so kann sich die Theorie in der Praxis festsetzen – ist die Überzeugung. Zwei Hallen für Baumaschinen, eine für Motoren und eine für Azubis stehen zur Verfügung, sodass bis zu drei Schulungen parallel abgehalten werden können. Seit 2019 kam ein angrenzendes Grundstück als Testgelände dazu, um im Feld die gestellten Wartungs- und Reparaturarbeiten durchzuführen. „So können die Schulungsteilnehmer sofort sehen und ausprobieren, wie eine Maschine reagiert, wenn sie entsprechende Einstellungen vorgenommen haben“, erklärt Spiegl die Vorteile.
Das Beispiel Hochvolt zeigt, dass das Schulungszentrum den Stand der Technik und Ausstattung ebenfalls immer wieder anpassen, ergänzen und ausbauen muss, um für das ganze Unternehmen Zeppelin den hohen Standard im Service von Baumaschinen auch weiterhin zu garantieren. „Erfolgt die Schulung direkt an der Maschine, sollen alle Mitarbeiter Handgriffe, Einstellungen und Arbeitsschritte nachvollziehen können. Daher erfolgt die Übertragung per Kamera in der Fahrerkabine auf große Touchscreen-Monitore. Außerdem haben wir besondere Headsets angeschafft, damit auch eine gute Übertragung gewährleistet ist. Zudem können die Schulungsteilnehmer über die Gegensprechfunktion direkt mit dem Trainer oder Instruktor kommunizieren sowie ihre Fragen stellen“, so Spiegl.
Inzwischen sind Webinare im Zuge von Homeoffice für viele Mitarbeiter im Büro gängige Praxis geworden. Für Zeppelin im Service hat sich diese Form der Wissensvermittlung jedoch lange vor der Corona-Pandemie etabliert. Denn es werden nicht nur Präsenzschulungen durchgeführt, sondern es findet auch Distance Learning (Fernschulung) statt. Dabei werden Schulungsinhalte via Videokonferenz übertragen. So können eine viel höhere Anzahl von Teilnehmern auf den neuesten Kenntnisstand gebracht werden und mehrere Standorte gleichzeitig an einer solchen virtuellen Schulung teilnehmen. Videokonferenzen bieten viele Vorteile: So werden nicht nur Fahrzeiten reduziert und Reisekosten eingespart, sondern auch die schnelle und unmittelbare Information der Mitarbeiter bei Produktneuerungen, Updates und Problemlösungen ermöglicht. Zusätzlich zu diesen Schulungsmaßnahmen erhalten die Mitarbeiter webbasierte Trainingseinheiten. Über einen Webserver werden die einzelnen Lernprogramme über das Internet sowie das firmeneigene Intranet vermittelt. Servicemitarbeiter sollen sich dann das Grundlagenwissen zu Themen wie Elektrik, Hydraulik, Motoren und Antriebsstrang, das sie für ihre Arbeit benötigen, selbstständig erarbeiten. In Kaufbeuren finden auch innerbetriebliche Lehrgänge der Auszubildenden statt. Um dem Nachwuchs die Grundlagen zu vermitteln, erhalten sie einen Kurs zu den Cat Motoren sowie zur Elektrik und Hydraulik.
Das Kursprogramm legt Spiegl zusammen mit den Vorgesetzten der Schulungsteilnehmer ein halbes Jahr im Voraus fest – der Bedarf wird mit den Serviceleitern abgestimmt. Manche Kurse setzen gewisse Grundlagen voraus und bauen aufeinander auf. Ob angehende oder versierte Techniker: Je nach Berufserfahrung und Kenntnisstand bietet Zeppelin für sie dort die passende Schulung oder den nötigen Lehrgang entsprechend den Bedürfnissen an.
Bis zu 13 Teilnehmer umfasst ein Kurs, der in der Regel drei bis vier Tage dauert. Servicetechniker und Trainer reisen dann aus ganz Deutschland dafür nach Kaufbeuren an. Auch Kollegen aus Österreich sowie Mitarbeiter von Caterpillar Händlern nutzen das Schulungsprogramm beziehungsweise das Schulungszentrum – mit entsprechenden Anpassungen an die jeweiligen Landesgesetze.
Geschult werden die neuesten Maschinen. Der innerbetriebliche Schulungsbedarf orientiert sich am Zeppelin-Lieferprogramm: von Kompaktmaschinen bis zu Großgeräten. So können Cat-Minibagger, aber auch Cat-Kettenbagger vom Modell 352 bis 395 der neuen Generation in Kaufbeuren auf dem Schulungsprogramm landen, um den Servicetechnikern die technischen Grundlagen für Wartung und Reparatur zu vermitteln. Bereits seit mehreren Jahren finden in Kaufbeuren fachspezifische Schulungen zum Cat-Zweiwegebagger M323F statt. „Arbeiten an Maschinen, die auf dem Gleis eingesetzt werden, erfordern entsprechende Anforderungen und Vorgaben. Auch das muss trainiert und geschult werden“, macht der Leiter des Schulungszentrums deutlich.
Am Ende einer Schulung steht ein Test, den jeder Teilnehmer absolvieren muss. „Da geht es nicht darum, Noten zu verteilen, sondern unsere Instruktoren und Trainer wollen dadurch eine Rückmeldung erhalten, wie die Inhalte verstanden wurden und wo noch Verbesserungsbedarf besteht, um die Schulungsinhalte stetig weiterzuentwickeln“, so Spiegl. Zudem sieht er den Test als Motivation für die Teilnehmer, aufzupassen und gut abzuschneiden. „Uns geht es einzig darum, unsere Kollegen bestmöglich für den Arbeitsalltag im Feld und in der Werkstatt vorzubereiten, damit die Baumaschinen für Kunden schnell wieder betriebsbereit sind“, bringt er es auf den Punkt.