Nur so können wertvolle Rohstoffe eingespart und klimaschädliche Treibhausgase vermieden werden. Kommen dabei bewährte Praktiken zum Einsatz, könnte die Entsorgung von bis zu zwei Millionen Tonnen Batterien vermieden werden und bis zu 2,8 Millionen Tonnen könnten bis 2050 in der Region recycelt werden.
Schätzungen zufolge erreichen zwischen 6,6 und 7,5 Millionen (Mio.) Tonnen Lithium-Ionen-Batterien in Lateinamerika und der Karibik zwischen 2024 und 2050 das Ende ihrer Lebensdauer. Noch gibt es wenige Anlagen, die ein sicheres und umweltverträgliches Recycling der Batterien ermöglichen. So landen heute insgesamt rund 90 Prozent der ausrangierten Batterien auf Mülldeponien. Auch fehlt in vielen Ländern ein wirksamer Rechtsrahmen, der die Verantwortlichkeiten für Sammlung und Behandlung gebrauchter und ausgedienter Lithium-Ionen-Batterien klar regelt.
Das zeigt eine Überblicksstudie des Öko-Instituts und MicroEnergy International im Auftrag der Interamerikanischen Entwicklungsbank, die einen Überblick über den Stand der Technik weltweit sowie Praktiken für das Management von ausgedienten Lithium-Ionen-Batterien gibt. Darüber hinaus ermittelt sie die Potenziale der ‚Circular Economy‘ für die Region und vertieft in vier Fallstudien für Kolumbien, Costa Rica, Chile und Mexiko den dortigen Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien.
Rechtsrahmen wichtige Voraussetzung für Erfolg
„In Lateinamerika ist die ‚Circular Economy‘ ebenso wichtig wie in Europa“, betont Viviana López, Wissenschaftlerin mit Schwerpunkt globale Lieferketten am Öko-Institut. „Für einen nachhaltigen Umgang mit Lithium-Ionen-Batterien müssen die Regierungen vor Ort deshalb verlässliche Rahmenbedingungen für Investitionen in das Batterierecycling schaffen, Quoten für die Sammlung und Weiterverarbeitung bzw. -nutzung festlegen und Akteure der Abfallwirtschaft gezielt bei der Einführung neuer Technologien und der Erweiterung bestehenden Kapazitäten unterstützen.“
Ein gutes Beispiel für die Durchsetzung von Rechtsvorschriften in der Region ist Kolumbien, das ein obligatorisches System der erweiterten Herstellerverantwortung vorsieht. Hier müssen Hersteller kleine und industrielle Batterien zum Beispiel aus der Elektromobilität sammeln und dem Recycling zuführen. Darüber hinaus bringen innovative und vernetzte Unternehmen im Zusammenspiel mit einer nationalen Arbeitsgruppe für Kreislauflösungen für Lithium-Ionen-Batterien die Wiederverwendung und das Recycling dieser Batterien voran.
Wiederverwendung vor Recycling
Die Studie betont zudem die Wichtigkeit der Wiederverwendung bereits gebrauchter Lithium-Ionen-Batterien, deren Kapazität zur Stromspeicherung nicht mehr 100 Prozent beträgt. So werden etwa ältere Batterien als ungeeignet für den Einsatz in Elektrofahrzeugen angesehen, wenn ihre Batteriekapazität auf 80 oder 70 Prozent gesunken ist. Dagegen könnten solche Batterien noch sehr gut in stationäre Stromspeicherlösungen etwa zur Speicherung von Solarstrom oder als Notstromspeicher in Krankenhäusern genutzt werden.
Eine stärkere Wiederverwendung bzw. Weiternutzung kann die Lebensdauer einer Batterie um bis zu zehn Jahre verlängern. Damit könnten erhebliche Mengen wertvoller Ressourcen für die Neuproduktion von Batterien eingespart werden. Gleichzeitig hat die verlängerte Nutzungsdauer deutliche ökonomische Vorteile: Laut dem optimistischen Szenario der Studie könnten in der untersuchten Region bis zu 2,8 Mio. Tonnen Batterien nachgenutzt und damit ein zusätzlicher Marktwert von rund 11 Mio. Dollar geschaffen werden.
„Gleichzeitig nehmen diese Ansätze Druck aus dem Bergbau. Je länger Batterien genutzt und je besser sie am Ende ihres Lebens recycelt werden, desto weniger Rohstoffe müssen neu aus der Erde geholt werden.“, betont López. „Allianzen von Batterieherstellern, Regierungsbehörden, Abfallentsorgungs- und Recyclingunternehmen, Händlern sowie Umweltorganisationen können dabei helfen, die praktische Umsetzung von Rücknahmesystemen gezielt umzusetzen.“
Hintergrund: Lithium-Ionen-Batterien in Lateinamerika
Mehr erneuerbare Energien und mehr Elektrofahrzeuge lassen die Nachfrage nach Lithium-Ionen-Batterien in Lateinamerika und der Karibik stark ansteigen. Die Region hat sich ehrgeizige Ziele für die Eindämmung des Klimawandels und die Erzeugung erneuerbarer Energien gesetzt. Dabei soll die Erzeugung von Solar- und Windenergie bis 2030 um 550 Prozent im Vergleich zu 2015 steigen. Der Einsatz von Batteriespeichern ist demnach für das Erreichen dieser Ziele von entscheidender Bedeutung. Gleichzeitig befinden sich in der Region 67 Prozent der weltweiten Lithiumreserven. Während der Bergbau in einigen Gebieten der Region ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist, hat er zum Teil auch nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt und die lokalen Gemeinschaften.