Denn es drohen europäische Vorgaben, die Holz und das etablierte Holzrecycling im Verpackungsbereich gefährden. Damit würde die Holzverpackungsindustrie in ihrer Existenz gefährdet und mit ihr die Zuliefererindustrien (Säge- und Holzwerkstoffindustrie) in eine weitere Krise gezogen.
Die europäische Verpackungsverordnung PPWR (Packaging & Packaging Waste Regulation) könnte das Aus für etablierte Ladungsträger aus Holz, etwa Paletten, bedeuten. Denn die Vorgaben zu Leerräumen, dem Mindesteinsatz von Recyclingmaterial und zum sog. Closed Loop Recycling sind bei Holzverpackungen, insbesondere im Industriebereich, technisch nicht umsetzbar.
Die neuen Regelungen, die im Bereich der Kunststoffverpackungen vielleicht sinnvoll sein mögen, hätten im Bereich der Holzverpackungen absurde Konsequenzen: Ausgerechnet Holz, der kohlenstoffspeichernde, nachwachsende Klimaschützer und Recyclingvorbild der Kreislaufwirtschaft, würde im Verpackungsbereich faktisch ausgeschlossen.
Die Holzpackmittelindustrie mit ihren Zulieferern aus Säge- und Holzwerkstoffindustrie fordern zur Abwendung dieser Risiken daher die Herausnahme von Holzverpackungen aus dem Geltungsbereich der PPWR, um sinnwidrige Folgen für die etablierten Holzverpackungen wie etwa Paletten und die auf sie angewiesenen Lieferketten zu vermeiden.
„Neue medizinische Geräte für das Krankenhaus, Maschinen und Ersatzteile für die Industrieproduktion – sie alle werden gut geschützt in stabilen Kisten oder auf Paletten aus dem nachwachsenden Rohstoff Holz zu ihrem Ziel gebracht – ebenso wie Lebensmittel zum Supermarkt,. Paletten und Co. halten also die Versorgung von uns allen am Laufen. Damit ist zum 1. Januar 2030 Schluss, sofern nicht wesentliche Korrekturen am Gesetzestext vorgenommen werden“, warnt Marcus Kirschner vom Bundesverband Holzpackmittel, Paletten, Exportverpackung e.V. (HPE).
Grundidee gut – aber nicht alles in einen Topf werfen
Der „Green Deal” der Europäischen Kommission, der auch Treiber der EU-Verpackungsverordnung ist, soll eine Stärkung von Bioökonomie, Kreislaufwirtschaft und nachhaltigem Wirtschaften bringen. Es ist das erklärte Ziel der PPWR, die Verpackungsabfälle bis 2040 schrittweise – aber deutlich – zu reduzieren. Daher fokussiert der Verordnungsentwurf der EU-Kommission auf Kunststoffe und den privaten Endverbrauchermarkt (B2C), betont aber zugleich die Gültigkeit für alle Verpackungen.
„Die prinzipiellen Ziele der PPWR sind unstreitig und gut. Allerdings kann man nicht alle Verpackungen in einen Topf werfen“, differenziert Julia Möbus vom Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband (DeSH) und kritisiert den „one-size-fits-all“-Ansatz des Gesetzesvorhabens. Dieser „Einheitsansatz“ werde den einzigartigen Eigenschaften und Beiträgen von Holzverpackungen und -paletten zur Kreislaufwirtschaft nicht gerecht.
Über das Recycling ein zweites Leben ermöglichen, statt die Kreislaufwirtschaft auszubremsen
Eine Palette oder ein anderes Holzverpackungsmaterial kann durch Recycling nicht wieder zu einer Palette werden, wohl aber zu anderen wertvollen Erzeugnissen. Bekanntestes Beispiel für das zweite Leben der Paletten sind Spanplatten. Sie tragen zur Dekarbonisierung des Bausektors bei, werden zur Möbelproduktion oder zur Herstellung von Holzpackmitteln eingesetzt. Das kann mehrfach geschehen und bindet CO₂ über Jahrzehnte. Dieses Recyclingkonzept entspricht der derzeitigen europäischen Abfallrahmenrichtlinie und hat auch seine Praktikabilität bewiesen.
„Holzpackmittel sind bereits heute Produkte der Kreislaufwirtschaft: Sie enthalten in vielen Teilprodukten bereits Recyclingholz und sind ihrerseits recyclingfähig, finden also ein neues stoffliches Leben, insbesondere in Spanplatten. Daran ist nichts falsch, daran ist im Gegenteil alles gut“, fasst Anemon Strohmeyer vom Verband der Deutschen Holzwerkstoffindustrie (VHI) zusammen. Doch das wird im aktuellen PWPR-Entwurf mit seinen Mindestrecyclingvorgaben und der noch nicht ganz vom Tisch gefegten Idee eines Closed Loop (mit dem eine Palette wieder zu einer Pallete recycelt werden müsste, was technisch unmöglich ist) nicht berücksichtigt.
„Vor lauter Kaffeepads, Take-Away-Verpackungen, Miniaturshampooflaschen in Hotels – also dem, was Vielreisende in der Regel direkt mitbekommen, wurde ein Grundbaustein der Wirtschaft offensichtlich völlig vergessen: Paletten und Kisten aus Holz, auf und in denen alle Güter transportiert werden“, postuliert Kirschner. Denn hier zeige sich aus seiner Sicht ein weiteres gravierendes Manko der geplanten Verordnung. Riesenverpackungen für kleine Parfumflacons oder zig Mal größere Schachteln für USB-Sticks – da könne eine Begrenzung des Leerraums in einer Verpackung auf maximal 40 Prozent durchaus Sinn machen. „Aber im B2B-Bereich, zum Beispiel bei der Verpackung von Maschinen mit Flanschen, unterschiedlichen Geometrien und Winkeln, nicht zentrischen Schwerpunkten, vor allem aber hohen Gewichten bis zu 400 t, zählen vor allem Sicherheit, Schutz und Transportierbarkeit.“
Die Säge- und Holzindustrie als Hersteller von Holzbauprodukten und die Holzwerkstoffindustrie mit ihren Produkten Spanplatten / Faserplatten / Sperrholz / OSB-Platten schaffen die Grundlage für die Deutsche Bauindustrie, Möbelindustrie und auch die Holzverpackungsindustrie: „Die Säge-und Holzindustrie sowie die Holzwerkstoffindustrie sehen sich im Bereich Bau- und Möbel einem starken Konjunktureinbruch ausgesetzt, wodurch die Branchen erheblich belastet werden. Nun droht im Bereich Verpackungen zur schwächelnden Konjunktur und dem EU-Lieferkettengesetz das Damoklesschwert der europäischen Verpackungsverordnung hinzu zu kommen: Dieses dürfte im jetzigen Zuschnitt dazu führen, dass ein wesentlicher Absatzmarkt für unsere Produkte entfällt (obwohl die Produkte recyclingfähig sind) und Holzverpackungen durch andere Verpackungsmaterialien mit weniger positivem Fußabdruck ersetzt werden. Das ist nicht nur kontraproduktiv für die Holzwirtschaft als Stütze des ländlichen Raums, das ist auch kontraproduktiv für Klimaschutz und Transformation“, zeigen sich Möbus und Strohmeyer schockiert.