Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2024
Der Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2024 beleuchtet zum dritten Mal nach 2018 und 2020 die Situation der deutschen Kreislaufwirtschaft.
Seit der ersten Veröffentlichung im Mai des Jahres 2018 sind fast sechs Jahre vergangen. In diesem Zeitraum haben in Deutschland zwei Ereignisse für eine veränderte Sichtweise auf die Branche geführt: Zunächst die Corona-Krise, die nicht nur die Leistungs- und Anpassungsfähigkeit der Branche, sondern auch ihre Systemrelevanz für die Funktionsfähigkeit des gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens unter Beweis gestellt hat. In diesem Zusammenhang ist seit Anfang des Jahres 2020 auch das Ansehen der Abfallentsorgung und vor allem der beteiligten Mitarbeiter*innen in der Bevölkerung deutlich gestiegen.
Der Angriffskrieg auf die Ukraine hat vor Augen geführt, wie stark Deutschland von Energie- und Rohstoffimporten abhängig ist und wie schnell Störungen in den Lieferketten zu Problemen bei der Versorgung mit wichtigen Gütern führen können. Die Abfallwirtschaft kann sowohl durch die Kreislaufführung von Rohstoffen als auch durch die energetische Verwertung wichtige Beiträge zur Reduzierung dieser Abhängigkeiten leisten.
2021 wurden insgesamt 410 Millionen Tonnen Abfälle aus dem Inland (2017 = 409 Millionen Tonnen) in rund 14.300 Abfallbehandlungsanlagen entsorgt. Den größten Anteil an den aus dem Inland entsorgten Abfällen haben mit 220 Millionen Tonnen die Bau- und Abbruchabfälle (= 53 %). Bezogen auf die Gesamtmenge ergibt dies rund 5 Tonnen Abfall je Einwohner und Jahr in Deutschland.
Der Anteil der in privaten Haushalten erzeugten Abfälle lag im Jahr 2021 bei rund 40 Millionen Tonnen (2017 = 38 Millionen Tonnen). Das entspricht einem einwohnerspezifischen Aufkommen von rund 484 Kilogramm je Einwohner. Die Abfälle aus privaten Haushalten setzen sich aus den nachfolgenden Hauptfraktionen zusammen:
13,3 Millionen Tonnen Hausmüll und hausmüllähnliche Gewerbeabfälle (159 Kilogramm je Einwohner)
3,1 Millionen Tonnen Sperrmüll (37 Kilogramm je Einwohner)
11,2 Millionen Tonnen getrennt erfasste Bio- und Grünabfälle (134 Kilogramm je Einwohner) sowie
12,5 Millionen Tonnen getrennt erfasste Wertstoffe wie Papier, Pappe und Kartonagen, Glas, Leichtverpackungen, Metalle, Altholz, Textilien und sonstige Wertstoffe (150 Kilogramm je Einwohner)
Der Anstieg des Gesamtaufkommens an Abfällen aus Haushalten um 22 Kilogramm je Einwohner gegenüber dem Jahr 2017 ist im Wesentlichen auf das Sperrmüllaufkommen und die Intensivierung der Getrennterfassung von Bio- und Grünabfällen zurückzuführen.
Wirtschaftliche Bedeutung
Die Kreislaufwirtschaft ist nach wie vor eine Wachstumsbranche. Stetig wachsende Anforderungen an die stoffliche und energetische Verwertung, steigende Standards für die Erzeugung von Sekundärrohstoffen und die damit einhergehenden technischen Innovationen führen zu einer positiven Entwicklung der wesentlichen wirtschaftlichen Indikatoren: Die Kreislaufwirtschaft erzielte im Jahr 2021 einen Umsatz von rund 105 Milliarden Euro (+ 47 % zu 2010) und beschäftigte im gleichen Jahr rund 310.000 Erwerbstätige (+ 11 % zu 2010). In der Kreislaufwirtschaft sind heute bundesweit fast genauso viele Personen beschäftigt wie in der Energiewirtschaft und fast viermal so viele Personen wie in der Wasser- und Abwasserwirtschaft. Die zunehmende Anzahl von Startups mit ihren innovativen Recyclingideen steht stellvertretend für die die fachliche Attraktivität der Kreislaufwirtschaft. Mit einer Bruttowertschöpfung von rund 32,7 Milliarden Euro im Jahr 2021 (+ 41 % zu 2010) ist die Branche ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Deutschland.
Akzeptanzprobleme der Kreislaufwirtschaft:
Umfragen zu den angesehensten Berufen und die Reaktion der Bürger*innen während der Coronakrise zeigen: Die Müllwerkerinnen und Müllwerker, die für die Sammlung und den Transport des Abfalls zuständig sind, genießen in der Bevölkerung ein sehr hohes Ansehen. Mit 70 % Zustimmung liegt dieser Berufsstand nach einer Umfrage des Deutschen Beamtenbundes aus dem Jahr 2022 auf dem siebten Platz aller Berufsgruppen. Die Mülltrennung gehört zu den wichtigsten Beiträgen, die private Haushalte in Deutschland nach eigener Einschätzung für den Umweltschutz leisten. Insofern genießt auch das Recycling der Abfälle einen hohen Stellenwert, zumindest, was die Produkte und den Wiedereinsatz der Rohstoffe angeht. Weniger Akzeptanz hingegen besteht in der Bevölkerung für die Infrastruktur, die für das Funktionieren der Kreislaufwirtschaft notwendig ist. Seien es Sortier- und Aufbereitungsanlagen, thermische Abfallbehandlungsanlagen oder auch Deponien. Ohne Verbesserung, Erweiterung und Neuplanung von Anlagen sind die wachsenden Aufgaben, die von der Kreislaufwirtschaft bewältigt werden müssen, jedoch nicht zu erreichen. Darum ist hier nicht nur ein Umdenken in der Bevölkerung erforderlich, sondern auch in der Kommunal-, Landes- und Bundespolitik.
Arbeitsplätze
Die Kreislaufwirtschaft ist mit rund 310.000 Beschäftigten in Deutschland einer der wichtigsten Arbeitgeber im Bereich der Umweltwirtschaft, Tendenz weiterhin steigend. Die Arbeitsplätze sind systemrelevant, sicher und werden durch die zunehmende Technologisierung und Digitalisierung der Branche immer vielseitiger und anspruchsvoller. Gleichwohl kann die Kreislaufwirtschaft auch weiterhin die Beschäftigung für Menschen ohne Berufsqualifikation anbieten, für die es in anderen Branchen kaum noch Chancen gibt. Sowohl die Unternehmen als auch die Verbände der Kreislaufwirtschaft bieten den Beschäftigten zudem umfangreiche Möglichkeiten zur Weiterbildung. Die Strukturen entwickeln sich dynamisch: Zu den „klassischen“ Unternehmen der Kreislaufwirtschaft kommen im Vergleich zu anderen technisch orientierten Branchen überdurchschnittlich viele Start-ups hinzu, die einen hohen Bezug zur Digitalisierung aufweisen. Für die Lösung des Fachkräftemangels bedarf es allerdings weiterer und gemeinsamer Anstrengungen der gesamten Branche. Nur so kann sich die positive und notwendige Entwicklung der Kreislaufwirtschaft in Deutschland ohne Einschränkungen weiter fortsetzen.
Kosten der Abfallentsorgung
Der Leistungsumfang der Kreislaufwirtschaft ist durch die hohen Standards für die Behandlung der Abfälle und die Kreislaufführung der Rohstoffe sehr umfangreich. In Anbetracht des hohen Aufwandes liegen die durchschnittlichen Kosten der privaten Haushalte für die Abfallentsorgung mit etwa 70 €– 120 € je Einwohner und Jahr wohl deutlich unter dem, was die Bürgerinnen und Bürger vermuten würden: Nach Umfragen des INFA werden die kommunalen Abfallgebühren von den Bürgerinnen und Bürgern bis zu 5-mal so hoch eingeschätzt, wie sie in den jeweiligen Kommunen tatsächlich anfallen.
Die kommunalen Abfallgebühren decken die Kosten für die Sammlung, den Transport und die umweltgerechte Entsorgung, insbesondere der Restabfälle, des Sperrmülls sowie der Verwertung von Bioabfällen und Papier. Die Kosten für die Verwertung von Verpackungsabfällen (Gelber Sack bzw. Behälter) werden über Lizenzentgelte gedeckt, die vom Hersteller für jede einzelne Verpackung an die Dualen Systeme zu entrichten sind und die die Verbraucher bereits beim Kauf des Produktes/der Verpackung bezahlen. Zusätzlich zu den Abfallgebühren entstehen den Bürgerinnen und Bürgern weitere Kosten von rund 17,4 € pro Jahr bzw. rund 1,5 € pro Monat und Einwohner.
Rohstoffe
Natürliche Ressourcen sind die Grundlage für die Herstellung von Produkten für die Erzeugung von Energie und die Erbringung von Dienstleistungen. Viele natürliche Ressourcen stehen nur begrenzt zur Verfügung, deshalb ist ihr Schutz, auch für zukünftige Generationen, von besonderer Bedeutung. Die derzeitigen Rohstoffpreise spiegeln nicht die zukünftigen Rohstoffknappheiten und die Umweltbelastungen bei der Gewinnung wider, damit fehlen weitere, wichtige Anreize zur Schonung von Primärressourcen. Das gemeinsame Ziel muss darin bestehen, den Ressourcenverbrauch deutlich zu verringern und vom Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum zu entkoppeln. Dazu wird die zunehmende Kreislaufführung von Ressourcen einen wichtigen und nachhaltigen Beitrag leisten.
Ein wichtiger Indikator für den Wiedereinsatz von Rohstoffen ist die Zirkularitätsrate (Circular material use rate, kurz CMU). Diese misst die genutzte Sekundärrohstoffmenge im Verhältnis zu der Menge aller genutzten Rohstoffe. Die CMU ist seit Jahren fast konstant in Deutschland. Mit 12,7 % liegt die deutsche CMU im Jahr 2021 im Europäischen Durchschnitt von 11,7 %. Dass es möglich ist, Recyclingpotenziale noch viel stärker zu heben, zeigen etwa die Niederlande mit einer aktuell fast dreifach so hohen Zirkularitätsrate von 33,8 %.
Klimaschutz durch Kreislaufwirtschaft
Nach der nationalen Treibhausgasinventur sind die Emissionen im Sektor Abfallwirtschaft seit 1990 von 38 Millionen Tonnen CO2e um 75 % auf nur noch 4,3 Millionen Tonnen CO2e im Jahr 2022 gesunken. Wesentliche Ursache dafür war die Schließung von Deponien für die Ablagerung unvorbehandelter Siedlungsabfälle im Jahr 2005. Darüber hinaus tragen viele weitere abfallwirtschaftliche Maßnahmen zum Klimaschutz bei: Weitere 60 Millionen Tonnen CO2e werden jährlich allein durch das Recycling und den nachfolgenden Einsatz von Sekundärrohstoffen vermieden. In Bezug auf den Klimaschutz ist jeder Sekundärrohstoff grundsätzlich einem Primärrohstoff überlegen, da er mit weniger Energieaufwand hergestellt wird. Durch die Steigerung der Energieeffizienz, die Substitution von Primärenergieträgern sowie die Nutzung von Sonne und Wind auf abfallwirtschaftlich geprägten Flächen werden neben der Auskopplung von Strom-, Fern- und Prozesswärme in den energetischen Abfallbehandlungsanlagen von der Kreislaufwirtschaft nicht nur wichtige Beiträge zur Energiewende geleistet, sondern auch zur weiteren Verringerung von Treibhausgasemissionen. Viele Investitionen in die technische und organisatorische Optimierung der Kreislaufwirtschaft führen gleichzeitig auch zur Reduzierung bzw. Vermeidung von Treibhausgasemissionen.
Der Statusbericht der deutschen Kreislaufwirtschaft 2024 wurde von insgesamt 15 Verbänden, Vereinen und Unternehmen initiiert und inhaltlich begleitet: ASA, BDE, BDSAV, BDSV, BRB, bvse, DGAW, IFAT Münchne, IGAM, InwesD, ITAD, VDMA, VHI, VDM und VKU.
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