Eindeutiger kommunizieren

100 % recycelbar oder zu 100 % aus Rezyklat – das klingt gut und mag auch manche Verbraucher*innen zum Kauf bewegen. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus.
Illustration: E. Zillner

Dies zeigt der Bericht „100 % Greenwash? Green Claims on PET Beverage Bottles in Europe“ von Eunomia, ClientEarth, Ecos und Zero Waste Europe.

Würden wir in einer perfekten zirkulären Welt leben, würden Getränkeflaschen vollständig aus Rezyklat von anderen Flaschen hergestellt werden. In der Realität beschränkt sich das Bottle-to-Bottle-Recycling beziehungsweise die Kreislauffähigkeit jedoch auf den Flaschenkörper und schließt alle anderen Komponenten aus. Dies werde jedoch in der Regel nicht so kommuniziert. Abgesehen davon gebe es auch kein System, bei dem alle Flaschen zu 100 Prozent aus Rezyklat hergestellt würden. Dazu sei eine Sammelquote von 100 Prozent notwendig. Außerdem dürfe es keine Materialverluste im Prozess geben und das gesamte Material dürfe ausschließlich zur Flaschenherstellung verwendet werden. Und selbst wenn all dies erreicht würde, gäbe es technische Grenzen für die Wiederverwendung von Rezyklat, da das Material nicht beliebig oft recycelt werden könne.
Weit entfernt von 100 Prozent

Für das Recycling von Plastikflaschen hat sich die EU einige Ziele gesetzt. So müssen bis 2025 77 Prozent der Einwegflaschen gesammelt werden. 2029 müssen es 90 Prozent sein. Bis 2025 muss zudem der Rezy­klatanteil bei PET-Einwegflaschen bei 25 Prozent liegen. Im Jahr 2030 gilt dann eine Quote von 30 Prozent für alle Kunststoff-Einwegflaschen. Die beiden letzten Quoten beziehen sich auf den Durchschnitt der in einem Mitgliedstaat in Verkehr gebrachten Flaschen. Diese Vorgaben stammen aus der Einweg-Kunststoffrichtlinie. Wenn die Novelle der Verpackungsrichtlinie veröffentlicht wird, gilt ab 2040 auch für Einweg-Kunststoffflaschen ein Mindestrecyclinganteil von 65 Prozent – und zwar für jede einzelne Flasche.

Da die Mitgliedstaaten und die Systeme der erweiterten Herstellerverantwortung derzeit bisher nicht verpflichtet sind, getrennte Statistiken für Getränkeflaschen zu führen, liegen noch keine verlässlichen Zahlen vor. Diese werden erst ab 2023 erhoben und nicht vor 2025 vorliegen. Aus anderen verfügbaren Statistiken gehe jedoch hervor, dass es derzeit kein perfektes Kreislaufsystem in der EU gebe.

Nach Angaben von Plastics Recyclers Europe werden durchschnittlich 3.257 kt PET-Flaschen auf den Markt gebracht. Davon werden 1.987 kt gesammelt und sortiert. Aus diesen Flaschen werden 1.793 kt PET-Flakes gewonnen, von denen 540 kt wieder zu neuen Flaschen verarbeitet werden. Diese Zahlen umfassen alle PET-Flaschen, nicht nur Getränkeflaschen. Die nicht gesammelten Flaschen stellen den größten Verlust im System dar. Genaue Zahlen über den Anteil von rPET in Getränkeflaschen liegen nicht vor. Es sei aber unwahrscheinlich, dass der Anteil wesentlich höher liege als die 25 Prozent, die ab 2025 gesetzlich vorgeschrieben sind.

Getränkeflaschen bestehen aber nicht nur aus dem PET-Körper. Die Verschlüsse zum Beispiel sind meist aus PP oder HDPE-Materialien, die einen anderen Recyclingprozess erfordern als PET. Deshalb müssen die Verschlüsse vor dem Recycling vom Flaschenkörper getrennt werden. Viele PET-Recycler verwenden ein Sink-Schwimmverfahren, um einen polyolefinreichen Stoffstrom zu erzeugen, der dann recycelt werden kann. Für das Recycling von Flaschenverschlüssen liegen keine Zahlen vor. Es ist jedoch klar, dass diese Rezyklate nicht wieder für Flaschenverschlüsse verwendet werden können, da rPET derzeit das einzige für den Lebensmittelkontakt zugelassene Rezyklat ist.

Etiketten bestehen in der Regel aus mehreren unterschiedlichen Produkten. Der Kunststoffanteil besteht größtenteils aus LDPE- oder PP-Folie. Auch diese müssten vor dem Recycling des Flaschenkörpers entfernt werden. Die Nachfrage nach einem entsprechenden Rezyklat ist jedoch gering, da viele andere Additive enthalten sind und die Qualität entsprechend gering ist.

Grenzen der Kreislauffähigkeit

Kein Recyclingprozess hat eine Ausbeute von 100 Prozent. Dies ist aufgrund der Verluste im Prozess auch nicht möglich. Auch durch Prozessoptimierungen kann eine Ausbeute von 100 Prozent nicht erreicht werden. Damit ist auch klar, dass die Ausbeute aus dem Recyclingprozess immer geringer sein wird als die Menge an Material, das auf den Markt gebracht wird. Der Recyclingmarkt allein kann also nicht genügend Material für die benötigten PET-Getränkeflaschen bereitstellen. Um tatsächlich alle Flaschen zu 100 Prozent aus Rezyklat herstellen zu können, müsste also auf rPET aus anderen Anwendungen zurückgegriffen werden. Und auch wenn dies eine vollständige Kreislaufführung für Flaschen bedeuten würde, wäre die Kreislaufführung in anderen Anwendungen eingeschränkt.

Unabhängig davon, ob wirklich 100 Prozent der Flaschen erfasst werden könnten, ist die Kreislauffähigkeit beim werkstofflichen Recycling technisch begrenzt. Bei der Aufbereitung kommt es zu einer teilweisen Zersetzung des Materials. Dies ist auf die Fragmentierung der Polymerketten zurückzuführen. Dadurch verringert sich die Länge der Polymerketten und die mechanischen Eigenschaften des PET verschlechtern sich. Außerdem können sich während des Recyclingprozesses eine Reihe unerwünschter chemischer Verunreinigungen ansammeln. Darüber hinaus wird das Material bei jedem Zyklus des PET-Recyclings und der PET-Herstellung bis zum flüssigen Zustand erhitzt, und die Kombination von aufeinanderfolgender Hitzeeinwirkung und unerwünschten Verunreinigungen kann zu oxidativem Abbau führen, wodurch einige wichtige Eigenschaften des Kunststoffs beeinträchtigt werden können. Einige Verwerter haben inzwischen Technologien eingeführt, die diese Entwicklungen zumindest verlangsamen. Insgesamt wird davon ausgegangen, dass ein durchschnittlicher Rezyklatanteil von 75 Prozent technisch möglich ist. Allerdings würde das Rezyklat immer mehr Zyklen durchlaufen und entsprechend an Qualität verlieren.

Eindeutige Informationen

Der Bericht geht auch auf Formulierungen ein, die Unternehmen auf ihren Produkten verwenden. So sei etwa die Formulierung „100 Prozent recyclingfähig“ nicht eindeutig. Zwar habe die Europäische Kommission in der Novelle der Verpackungsrichtlinie eine Definition vorgeschlagen, diese sei aber noch nicht geltendes Recht. Auch in anderen Ländern gebe es entsprechende Definitionen, aber keinen Konsens über die Recyclingfähigkeit. Auch in der Industrie gibt es Definitionen, die aber meist auf eine theoretische technische Recyclingfähigkeit abzielen. Entscheidend sei an dieser Stelle aber, wie die durchschnittlichen Verbraucher*innen den Begriff verstehen.
Es sei auch schwierig zu sagen, dass eine Flasche zu 100 Prozent aus Rezyklat bestehe. Mit Ausnahme des Flaschenkörpers sei es sehr unwahrscheinlich, dass die Bestandteile aus Rezyklat bestehen – schon gar nicht zu 100 Prozent.

Zusätzlich zu den oft unklaren oder unzutreffenden Aussagen würden Unternehmen Bilder hinzufügen, um den Eindruck von Kreislauffähigkeit und Nachhaltigkeit zu unterstreichen. Dies könne Verbraucher*innen zu der Annahme verleiten, dass die Flasche nicht umweltschädlich ist oder sogar eine positive Auswirkung auf die Umwelt hat. Dabei haben PET-Flaschen, auch wenn sie aus recyceltem Material hergestellt werden, immer noch erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt. Kreislaufbilder würden zudem den falschen Eindruck erwecken, die Flaschen befänden sich in einem geschlossenen Kreislauf. Es sei aber notwendig, dass die Verbraucher*innen Zugang zu eindeutigen Informationen über die Um­­weltauswirkungen von Produkten haben, um den Übergang zu nachhaltigen Produktions- und Konsummodellen zu erleichtern.

Die EU habe dies erkannt und arbeite an entsprechenden Gesetzesvorschlägen. Es sei wichtig, dass die Öffentlichkeit nicht über die Umweltauswirkungen von Kunststoffverpackungen getäuscht werde oder glaube, dass Recycling eine einfache Lösung für die Auswirkungen von Kunststoffverpackungen sei. Spezifische Rechtsvorschriften, die einen gemeinsamen Rahmen für die Verbraucherkommunikation zu diesem Thema schaffen, können für mehr Klarheit und Harmonisierung in der EU sorgen.

Verbraucher*innen sollten Zugang zu eindeutigen Informationen darüber erhalten, wie sie ihre Verpackungen richtig entsorgen können. Es ist notwendig, dass Verbraucher*innen wissen, dass ein Produkt recycelt werden kann und was sie dafür unternehmen müssen. Der Begriff „recy­clingfähig“ sollte nicht verwendet werden, da er keine eindeutige Bedeutung hat.

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