Mit 220 angemeldeten Teilnehmern war die Veranstaltung Wochen im Voraus ausgebucht.
Die Tagung umfasste eine breite Palette aktueller Themen. Dazu gehörten die CO₂-Bepreisung von Emissionen bei der Altholzverbrennung, die Messung fossiler CO₂-Anteile im Abgas und die Umsetzung der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung. Zudem wurden innovative Konzepte vorgestellt, wie die KI-unterstützte Identifikation von Fehlwürfen im Abfallstrom und die sensorgestützte Sortierung bei der Wiederverwertung von Faserplatten.
Für den Vortrags-Auftakt sorgte Uwe Neuser vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, nach eigener Einschätzung der oberste Emissionshändler Deutschlands. Er erläuterte u. a. die CO₂-Bepreisung durch das BEHG ab dem kommenden Jahr und stellte klar, dass die Standardwerte Altholz (Altholz I/II 5 Prozent – Altholz III/IV 10 Prozent) nach der Verordnung über die Emissionsberichterstattung die maximalen fossilen Anteile darstellen und individuelle Bestimmung anstelle der „Bierdeckelmethode“ durchaus möglich sind.
Die finanziellen Folgen dieses individuellen Nachweises verdeutlichte eindrucksvoll Christian Dietrich vom börsennotierten französischen Unternehmen Envea, das unter anderem kontinuierliche Emissionsüberwachungssysteme für Müllverbrennungsanlagen anbietet. Seine Rechnung: Wenn ein Biomasseheizkraftwerk 140.000 Jahrestonnen Altholz einsetzt, so entstehen rund 256.000 Tonnen CO₂, der angesetzte fossile Anteil nach dem Standardwert von zehn Prozent liegt mithin bei 25.600 Tonnen. Lasse sich per Messung belegen, dass der fossile Anteil im Brennstoff nur einen Prozentpunkt niedriger liege, erreicht die jährliche Einsparung ab 2024 bei einem BEHG-Preis von 35 € je Tonne CO₂ knapp 90.000 €. Bei einem auf 55 bis 65 € steigenden CO₂-Preis ab 2026 klettert das Einsparpotenzial jährlich sogar auf bis zu 166.400 € für jeden Prozentpunkt unter dem Standardwert von zehn Prozent. Diesen Ersparnissen stünden deutlich niedrige Kosten für Emissionsmessungen und Analysen gegenüber.
Einen Einblick in den Altholzmarkt in Großbritannien vermittelte Dean Scanlan von der Bremer Brüning Group. Nach seiner Einschätzung sei die Verfügbarkeit von Altholz derzeit stabil, allerdings die Bautätigkeit wie auch in Deutschland in einer schwierigen Lage. Im Vereinigten Königreich werde erwartet, dass die Bautätigkeit mindestens bis zum zweiten Quartal 2024 gedämpft sein wird, aber dies könnte auch noch viel länger dauern, gab Scanlan zu bedenken. Biomasse wird nach seiner Prognose noch viele Jahre lang ein wichtiger Bestandteil des Energiemixes sein und mit Altholz befeuerte Anlagen eine Schlüsselrolle spielen. Ob das Vereinigte Königreich über eine nachhaltige lokale Versorgung verfügt oder langfristig Importe erforderlich sein werden, sei noch nicht abzuschätzen.
Neueste Entwicklungen bei der KI-basierten Abfallqualitätsanalyse etwa bei der Anlieferung in der Müllverbrennung stellte Maximilian Storp vom Bremer Start-up WasteAnt vor. Dabei kommt eine Kombination verschiedenartiger Sensorik zum Einsatz, wodurch bei jeder Anlieferung etwa ein automatischer Bericht erstellt werden kann, der als Diskussionsgrundlage mit dem Abfall-Erzeuger geeignet ist. Zudem sind betriebsdatenbasierte Heizwertvorhersage ebenso möglich wie die Prognose von Emissionsspitzen oder die Überwachung von übergroßen oder kritischen Objekten im Abfallstrom.
Über erste Erfahrungen aus ihrer Demonstrationsanlage in Berlin berichteten Murat Sanli von Tomra und Matthias Albrecht von der Holztechnologischen Entwicklungsgesellschaft tretorg GmbH. Die beim Holzkontor Preussen errichtete Technikumsanlage setzt auf Bilderkennung, NIR-Infrarotspektroskopie, DeepLaiser-Vermessung und Metalldetektion. Damit ließen sich unter anderem reines A-I-Holz oder MDF aus Altholz gewinnen und für den anschließenden Recyclingprozess einsetzen. Interessenten aus der Altholzbranche und Holzwerkstoffindustrie seien zudem aufgerufen, die Anlage für eigene Tests zu nutzen.
Mit einem gänzlich anderen Aspekt beschäftigte sich hingegen der Vortrag von Markus Rößner. Der Versicherungsexperte der Signal Iduna verwies vor allem auf die Möglichkeiten der betrieblichen Altersversorgung sowie einer betrieblichen Krankenversicherung als Mittel zur Mitarbeiterbindung und -gewinnung in Zeiten von Fachkräftemangel. Diese Instrumente seien aus seiner Sicht bislang kaum beachtet, obwohl sie teilweise durch steuerliche Anreize gefördert würden.
Mit Fragen der Umsetzung der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung sowie mit den Perspektiven der RED III setzte sich der Beitrag von Jens Vollprecht von Becker Büttner Held Rechtsanwälte auseinander: Bis zuletzt war nach seinen Worten etwa unsicher, ob für Altanlagen die Nachweisführung nach der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung auch mit einer Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb zulässig ist. Dies hat sich aber inzwischen nach Angaben der Deutschen Emissionshandelsstelle (DEHSt) geklärt, die hierfür in Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium grünes Licht erteilt hat.
Für reichlich Gesprächsstoff und hitzige Debatten sorgte abschließend der Vortrag von Heike Holst vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen über die Umsetzung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Abfallbehandlungsanlagen (ABA-VwV). Den Altholzaufbereitern droht dadurch nach wie vor eine Einhausungs- bzw. Kapselungspflicht für ihre bestehenden Shredderanlagen. Weitere Klarheit auch für den bundeseinheitlichen Vollzug soll eine eigens gegründete Unterarbeitsgruppe des Ausschusses Anlagenbezogener Immissionsschutz/Störfallvorsorge (AISV) unter Vorsitz des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums liefern, stellte Holst klar. Allerdings sorgten ihre Äußerungen, die Vorschrift letztlich buchstabengetreu umzusetzen, für reichlich Unmut unter den Zuhörern.
Die Umsetzung erfolge nicht 1:1, sondern eher 1:2, kritisierte etwa der Jurist Markus Pauly in seinem abschließenden Vortrag und mahnte die Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit beim Vollzug der ABA-VwV an. Denn die dort genannten Techniken seien nach seinem Verständnis „weder normativ noch erschöpfend“, sodass grundsätzlich auch andere Techniken hinsichtlich der Staubproblematik in der Altholz-Aufbereitung angewandt werden könnten. Zunächst seien die Vollzugsempfehlungen des LAI abzuwarten. Gegebenenfalls sei aber eine gerichtliche Klärung im Einzelfall notwendig. Dass nach den Worten von Frau Holst etwa selbst für mobile Shredderanlagen Einhausungen gefordert werden können, bewertete der scheidende BAV-Vorstandsvorsitzenden Dieter Uffmann als „Angriff auf Bestandsanlagen der mittelständischen Altholzaufbereiter“, zumal etwa drei Viertel der Anlagen in Deutschland auf eine mobile Zerkleinerung setzen.
Den Abschluss der Tagung bildete eine Stellungnahme der neu gewählten BAV-Vorstandsvorsitzenden Jasmin Breuning, die die BAV-Mitglieder mit Blick auf die Vielzahl von Herausforderungen um Unterstützung in verbandsinternen Arbeitsgruppen und darüber hinaus bat. Ziel ist es, dass die Anliegen der Altholzbranche auch in Zukunft politisches Gehör finden werden.