Doch nicht nur die Preise machen den Firmen Sorgen, auch rückläufige Absatzmengen und Personalknappheit sind große Herausforderungen. Dies sind die zentralen Ergebnisse der aktuellen Inverto-Rohstoffstudie.
Laut 78 % der Studienteilnehmer*innen wirken sich die Rohstoffpreise massiver als andere Kostentreiber auf das Geschäftsergebnis aus. Auch die hohen Energiepreise belasten weiterhin 70 % der befragten Unternehmen. Im Vergleich zum Vorjahr hat die Bedeutung beider Faktoren jedoch abgenommen. Mit starken Preisanstiegen rechnen nur noch 7 % der Befragten, ein deutlich geringerer Anteil als 2022 (49 %). Auch die Versorgungslage hat sich bei vielen Rohstoffen deutlich entspannt. So nehmen nur noch 28 % der Unternehmen eine Knappheit wahr. 78 % der befragten Unternehmen erwarten eine bedarfsdeckende Rohstoffverfügbarkeit in den nächsten 12 Monaten für alle oder die meisten Rohstoffe.
Rückläufige Absatzmengen sind für Unternehmen eine zusätzliche Herausforderung. 43 % der befragten Unternehmen geben an, dass Auftragsrückgänge ihr Geschäftsergebnis maßgeblich beeinflussen. Dies sind deutlich mehr als in den vergangenen Jahren. Knappe personelle Ressourcen im Einkauf haben auch weiterhin eine hohe Relevanz und führen zu internen Belastungen.
Prozesse effizienter gestalten
„Die rückläufigen Absatzmengen und der damit geringere Beschaffungsbedarf können zu einer Entlastung der knapp besetzten Einkaufsabteilungen beitragen“, erklärt Justus Brinkmann, Senior Project Manager und Rohstoffexperte bei Inverto. „Dennoch bleiben agile Zusammenarbeit, Anpassungsvermögen an aktuelle Gegebenheiten sowie optimale Priorisierung essenziell für die Teams“, führt Brinkmann weiter aus. Er empfiehlt die Nutzung von Business Intelligence Tools. Diese haben das Potenzial, Prozesse effizienter zu gestalten und damit knapp besetzte Abteilungen zu entlasten.
Verstärkter Fokus auf Near-und Friendshoring Optionen
Near- und Friendshoring gewinnen an Bedeutung. 51 % der Befragten sehen Friendshoring als Option, um Probleme durch Preisschwankungen sowie Verfügbarkeit zu lösen oder zu mildern. Jedoch sehen einige Studienteilnehmer:innen Schwierigkeiten in der Umsetzung, weil Rohstoffe nicht überall verfügbar sind: Für 38 % der Befragten ist die Anwendbarkeit von Nearshoring daher nicht gegeben. Mit Blick auf Friendshoring-Optionen liegt dieser Anteil bei 27 %. EU-Staaten und andere westliche Nationen stehen im Fokus bei Near- und Friendshoring Partnerschaften. 61 % der Befragten halten Partnerschaften innerhalb der EU für möglicher als Partnerschaften außerhalb der EU (37 %). Brinkmann rät, gezielt Lieferanten aus Near- und Friendshoring-Regionen zu aktivieren: „Diese Alternativen schaffen eine höhere Resilienz gegenüber zukünftigen Versorgungsknappheiten, Lieferschwierigkeiten und geopolitischen Spannungen.“
Die Relevanz des „Critical Raw Materials Act“ der Europäischen Union (EU) wird von den Teilnehmenden unterschiedlich beurteilt. 39 % der befragten Unternehmen erwarten mittel- bis langfristig eine Verbesserung der Rohstoffversorgung durch den Raw Materials Act. Für die Mehrheit von 61 % hingegen führt das Gesetz kurzfristig zu keiner Verbesserung der Rohstoffversorgung. Um die Versorgungssicherheit zukünftig gewährleisten zu können, wünscht sich die Mehrheit der Befragten, dass die EU für stabile und niedrige Energiepreise sorgt (76 %), den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreibt (71 %) und komplexe Genehmigungsverfahren vereinfacht (67 %).
Digitalisierung und Nachhaltigkeitsmaßnahmen vorantreiben
Die aktuelle Lage zeigt, dass Teams künftig digitale und nachhaltige Maßnahmen vorantreiben müssen, um die Resilienz langfristig zu sichern. Digitale Tools helfen bei der kontinuierlichen Überprüfung der Rohstoffmärkte, um von Preisschocks und Krisen nicht überrascht zu werden. Wichtig ist aber nicht nur das Monitoring, sondern auch eine schnelle Reaktion auf aktuelle Entwicklungen. Rohstoffexperte Brinkmann: „Durch ein hohes Verständnis der gesamten Supply Chain können sich Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem sie Risiken frühzeitig identifizieren, die Preisbildung bei Lieferanten nachvollziehen und Quervergleiche zu anderen Anbietern anstellen.“