Auch wenn die Gesamtlücke im Vergleich zur vorherigen Projektion um 70 Prozent reduziert werden konnte, beträgt sie bis zum Jahr 2030 immer noch 331 Mio. Tonnen klimaschädliche Treibhausgasemissionen. Die Lücke wird auch durch bereits geplante Maßnahmen nicht vollständig geschlossen. Das Ziel der Netto-Treibhausgasneutralität bis 2045 würde unter den gegebenen Umständen nicht erreicht.
Dazu sagt Dirk Messner, Präsident des UBA: „Der Projektionsbericht zeigt deutlich, dass es zusätzliche Maßnahmen braucht, um die gesteckten Klimaziele noch erreichen zu können. So müssen in den kommenden sechs Jahren Treibhausgasemissionen zusätzlich reduziert werden, die einem Umfang von etwa 40 Prozent der Emissionen Deutschlands im gesamten Jahr 2022 entsprechen.“
Der Projektionsbericht 2023 attestiert eine deutliche Gesamtlücke zur Zielerreichung, obwohl die Klimaziele gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) im Gegensatz zum Projektionsbericht 2021 näher gerückt sind: Die Lücke von 1.100 Mio. Tonnen Treibhausgasemissionen bis 2030 wurde je nach Szenario auf 194 Mio. Tonnen bis 331 Mio. Tonnen reduziert. Damit sind ca. 70 bis 80 Prozent der Lücke aus dem Jahr 2021 geschlossen.
Im Bericht wird dabei zwischen zwei Szenarien unterschieden:
- Das Mit-Maßnahmen-Szenario (MMS) berücksichtigt die zum jeweiligen Modellierungsbeginn gültigen Maßnahmen.
- In das Mit-Weiteren-Maßnahmen-Szenario (MWMS) gehen zusätzlich zu den Maßnahmen des MMS bereits konkret geplante, jedoch noch nicht implementierte Maßnahmen ein. Die zukünftigen Emissionsminderungen dieses Szenarios sind abhängig vom politischen Willen, geplante klimapolitische Maßnahmen umzusetzen.
In den neuen Projektionen verfehlt das MMS mit 63 Prozent den Zielwert für das Jahr 2030 nur knapp und das MWMS erreicht ihn mit 65 Prozent Minderung gegenüber 1990. Allerdings wird das Ziel in den Jahren davor erheblich überschritten. Dadurch beträgt die Gesamtlücke bis 2030 insgesamt 331 Mio. Tonnen klimaschädliche Treibhausgasemissionen im MMS und 194 Mio. Tonnen klimaschädliche Treibhausgasemissionen im MWMS. Damit ist die bis 2030 entstehende Lücke so groß wie 40 Prozent der nationalen Treibhausgasemissionen im gesamten Jahr 2022. Mit zusätzlichen geplanten Maßnahmen beträgt sie noch über ein Fünftel der Emissionen aus dem Jahr 2022.
Dabei verfehlen die Sektoren Verkehr (210 Mio. Tonnen), Gebäude (96 Mio. Tonnen) und Industrie (83 Mio. Tonnen) ihre Ziele wie bereits in der Vergangenheit im MMS. Im MWMS, das geplante Maßnahmen zusätzlich berücksichtigt, verringert der Verkehrssektor seine Lücke kaum (auf 187 Mio. Tonnen), der Sektor Gebäude erheblich (auf 34 Mio. Tonnen) und der Sektor Industrie moderat (auf 51 Mio. Tonnen).
Die Sektoren Energiewirtschaft, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft übererfüllen ihre Ziele und kompensieren damit teilweise die Zielverfehlungen der anderen Sektoren. Die Übererfüllung der Sektorziele bis 2030 beträgt in der Energiewirtschaft 38 Mio. Tonnen (MMS) und 37 Mio. Tonnen (MWMS), in der Landwirtschaft 20 Mio. Tonnen (MMS) und 40 Mio. Tonnen (MWMS) und in der Abfallwirtschaft jeweils 6,4 Mio. Tonnen mit MMS und MWMS.
Die für den Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft ( LULUCF ) festgelegten Zielwerte für 2030 von -25 Mio. Tonnen, für 2040 von -35 Mio. Tonnen und für 2045 von -40 Mio. Tonnen werden in beiden Szenarien nicht erreicht. Während der Zielwert für 2030 im MWMS ab 2035 und damit fünf Jahre später erreicht wird, werden die Ziele für 2040 und 2045 um 10 bis 20 Mio. Tonnen pro Jahr verfehlt.
Auch die deutschen Klimaziele auf europäischer Ebene werden laut Projektionsbericht verfehlt. Die Treibhausgasemissionen, die unter die europäische Lastenteilungsverordnung (ESR) fallen, summieren sich im relevanten Zeitraum von 2021 bis 2030 auf eine Gesamtlücke von 299 Mio. Tonnen im MMS und auf 152 Mio. Tonnen im MWMS. Diese Lücken sind ähnlich groß wie die Zielverfehlung in den Sektoren gemäß KSG. Die ESR-Emissionen sinken bis 2030 um knapp 35 Prozent gegenüber 2005. Alle anderen Emissionen fallen unter den europäischen Emissionshandel. Sie sinken im selben Zeitraum um gut 71 Prozent.
Das Klimaziel Netto-Treibhausgasneutralität für das Jahr 2045 wird in beiden Szenarien mit 82 und 86 Prozent Minderung gegenüber 1990 klar verfehlt. Damit würde Deutschland nach jetzigem Stand im Zieljahr 2045 der Treibhausgasneutralität noch 229 Mio. Tonnen klimaschädlicher Treibhausgasemissionen ausstoßen.