Refurbishment schont Umwelt und Geldbeutel

Um Ressourcen zu sparen, braucht es alternative Geschäftsmodelle und eine verlängerte Lebensdauer von Produkten.
Alle Geräte werden auf Herz und Nieren geprüft, bevor sie wieder zum Verkauf angeboten werden. Copyright: Refurbed

Wie viel CO2-Emissionen, Wasser und Elektroschrott durch den Kauf eines wiederaufbereiteten Elektronikgeräts statt eines neuen Geräts wirklich gespart werden können, hat der Online-Marktplatz Refurbed zusammen mit der Fraunhofer
Forschungsgesellschaft untersucht.

Der globale E-Waste-Monitor 2020 zeigt klar: Elektroschrott ist der am schnellsten wachsende Abfallstrom in europä­ischen Haushalten. In Europa allein entstehen pro Jahr 10 Millionen Tonnen Elektroschrott, von denen nur etwa 40 Prozent fürs Recycling gesammelt werden. Höherer Konsum, kurze Lebenszyklen und wenig Reparaturoptionen treiben die Zahlen nach oben. Eine kluge Entscheidung, die nicht nur Ressourcen, sondern auch Geld spart, ist es deshalb, Produkte so lange wie möglich zu verwenden und, wenn denn ein Neukauf ansteht, zum Beispiel auf refurbished Produkte zurückzugreifen. Doch was genau lässt sich an Ressourcen sparen?

Für die Studie zum Produktfußabdruck von Elektronikartikeln wurden die Umweltauswirkungen der Produkte in der ersten und zweiten Nutzungsphase (Neukauf und Refurbishment) berechnet (Infos unter nachhaltigkeit.refurbed.com/at). Erhoben wurden weltweit neue Vergleichsdaten für das Apple iPhone 11, das Samsung Galaxy S20 FE, das Apple iPad Pro 4 2020, das Apple MacBook Air 2017 13,3 sowie das Lenovo Thinkpad T460 i5.

Größter CO2-Ausstoß in Produktion

Bei der Neuproduktion eines Elektronikartikels entstehen laut Studie 80 Prozent des CO2-Ausstoßes in der Produktionsphase. Für das Apple iPhone 11 seien das 56,9 kg. Durch das Refurbishment, die professionelle Wiederaufbereitung desselben Modells, würden 2,8 kg pro Gerät ausgestoßen. Der gesamte Produktfußabdruck eines neuen Apple iPhone 11 berücksichtige neben der Produktion unter anderem auch Materialgewinnung, Transport und Nutzung durch die Konsument*innen und verursache einen Gesamtausstoß von 72 kg CO2. Ein aufbereitetes Apple iPhone 11 komme auf nur 15,7 kg CO2. So könnten Konsument*innen, die ein aufbereitetes anstelle eines neuen iPhone 11 kaufen, die verursachten CO2-Emissionen um 78 Prozent reduzieren, so die Studienautoren. Die CO2-Einsparungen variieren über die verschiedenen Produktkategorien hinweg und liegen zwischen 69 Prozent beim Refurbishment eines Lenovo Thinkpad T460 i5 und 83 Prozent im Fall des untersuchten Apple MacBook Air 2017.

Wassermassen bei Neuproduktionen

Die Neuproduktion eines Smartphones benötigt eine gewaltige Menge an Wasser. Konkret sind es laut Studie beim Apple iPhone durchschnittlich 12.075 Liter. Die Wiederaufbereitung desselben brauche hingegen 1.695 Liter. So könnten Konsument*innen 86 Prozent Wasser sparen, wenn sie sich für den Kauf eines wiederaufbereiteten Apple iPhone 11 statt eines neuen Geräts entscheiden.

Noch deutlicher ist das Ergebnis beim Apple MacBook Air 2017 13,3: Hier stehen knapp 57.000 Liter Wasser für die Neuproduktion den 5.385 Litern für die Wiederaufbereitung gegenüber. Das entspricht einer Wassereinsparung von 91 Prozent.

Längere Lebensdauer und Reparatur

Die Zahlen von Fraunhofer Austria Research zeigen auch in puncto E-Schrott das enorme Einsparpotenzial, das durch Refurbishment möglich ist. Konsument*innen könnten durch den Kauf eines aufbereiteten gegenüber einem neuen Samsung Galaxy S20 FE 60 Prozent E-Waste vermeiden. Das Einsparpotenzial beim Apple MacBook Air 2017 liege sogar bei 80 Prozent.

„Das Besondere an diesen Ergebnissen ist, dass wir eine vollumfängliche Betrachtung aller Wirkbereiche – Scope 1, 2 und 3 – durchgeführt haben“, so Studienautor Paul Rudorf von der Fraunhofer Forschungsgesellschaft. „Damit wird nicht ein Teilausschnitt he­rausgenommen, sondern eine Größe berechnet, die den realen Einfluss, den ein Produkt auf unseren Planeten hat, quantifiziert“, ergänzt Rudorf.

Peter Windischhofer, Co-Founder von Refurbed, ist überzeugt, „dass die Erhebung von vergleichbaren Daten und die transparente Kommunikation der positiven Auswirkungen von Refurbishment an Konsument*innen dabei helfen werden, den Konsum von Elek­tronikprodukten nachhaltiger zu machen.“ Bei 73 Prozent der deutschen Konsument*innen ersetze der Kauf eines aufbereiteten, elek­tronischen Produkts bereits den Kauf eines neuen Geräts, so Windischhofer. Ebenso viele deutsche Konsument’*innen seien sich zudem einig, dass die aufbereiteten Elektronikgeräte genauso gut funktionieren wie neue Geräte.

Refurbishment-Prozess

Refurbishment bezeichnet den Prozess der Wiederaufbereitung gebrauchter Produkte, sodass sie wieder wie neu funktionieren. Refurbed habe dafür einen standardisierten Prozess von circa 40 Schritten etabliert, der auf fünf Hauptsäulen aufgeteilt sei, erklärte Windischhofer. Dies umfasse Datenlöschung, Reinigung, Grading (Beurteilung des Zustands), Testung der und gegebenenfalls Austausch von Komponenten wie Display oder Akku. Letztere seien, neben Transportaufwänden zum Refurbisher und wieder zum Kunden, die Hauptverursacher der CO2-Emissionen im Refurbishment-Prozess. Mögliche Ansätze, auch diese Punkte zu adressieren und nachhaltiger zu gestalten, wären laut Rudorf und Windischhofer das Ersatzteil-Harvesting, also die Entnahme von Komponenten aus bestehenden Geräten statt neue zu verbauen, und nachhaltige Verpackungslösungen.

Konsumverhalten ändern

„Wir müssen verändern, wie wir konsumieren, was wir konsumieren und vor allem müssen wir unser Wirtschafsmodell verändern“, ist Windischhofer überzeugt. Dabei bleibt er realistisch: Es sei illusorisch zu glauben, dass wir als Menschheit plötzlich aufwachen werden und weniger oder signifikant weniger konsumieren. Sein bzw. der Ansatz, mit dem Refurbed vor mittlerweile sechs Jahren angetreten ist, lautet: „Wir glauben, dass es nur funktionieren kann, wenn wir Konsum nachhaltiger machen.“ Angesichts der Inflation, das bestätigt auch Windischhofer im Pressegespräch, sind die Menschen gerade eher gewillt, sich auch einmal auf refurbished Produkte einzulassen. Viele Kunden, so Windischhofer, würden mit Refurbed ihre „erste Nachhaltigkeitserfahrung“ machen. Dabei soll nachhaltiger Konsum auf der Refurbed-Plattform nicht nur so einfach wie möglich für die Konsument*innen sein, sondern auch umfassend. So hat Refurbed das Sortiment auf Küchen-, Haushaltsgeräte und Sportartikel ausgeweitet und mit Buyback „den Kreislauf geschlossen“. Private Konsumen*tinnen könnten alte Handys, Laptops und Tablets über die Website nun zurückverkaufen. Ebenfalls habe Refurbed auf der B2B-Seite ein Programm gestartet, das es auch Unternehmen ermögliche, refurbished Produkte zu kaufen sowie alte Produkte zu verkaufen.

Nichtsdestotrotz sieht Windischhofer auch Hersteller, Politik und Gesellschaft in der Verantwortung. Erstere sollen kein Greenwashing betreiben und statt schöner Kommunikation lieber Fakten sprechen lassen, die Politik sollte eine kohärente Gesetzgebung beisteuern und die Gesellschaft über Standards diskutieren, wie unternehmerischer Erfolg – abgesehen von Profit – noch definiert sein könnte.

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