Hohe Importkosten für Erdgas hätten im Geschäftsjahr 2022 zu steigenden Preisen und einem deutlichen Rückgang der Produktion geführt. Die hohen Energiepreise sowie fehlendes Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien und bei Genehmigungsprozessen bewerteten deutsche Kunststoffhersteller dabei zunehmend als Standortnachteil. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, benötigten die Hersteller große Mengen an bezahlbarem Strom aus erneuerbaren Energien, einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis für die Übergangsphase sowie zügigere Genehmigungsverfahren.
2022: Volatile Gaspreise in Europa belasten die Kunststoffproduktion
Ralf Düssel, Vorstandsvorsitzender von PlasticsEurope Deutschland (PED), ging zunächst auf das abgelaufene Geschäftsjahr ein: Anfang 2022 verzeichneten die Kunststofferzeuger noch eine gute Auftragslage, trotz anhaltender Probleme in den Lieferketten und hoher Rohstoffpreise. Die Aufhebung der Coronabeschränkungen hätten den Konsum belebt und die Branche hoffte auf weitere Aufholeffekte. Der Überfall Russlands auf die Ukraine am 24. Februar traf die Industrie jedoch hart. Die dadurch gestiegenen Importkosten für Erdgas und Rohstoffe führten zu einem Rückgang der Produktion von -9,6 % und signifikant gestiegenen Erzeugerpreisen von +23,6 %. Auch der Außenhandel entwickelte sich 2022 rückläufig (Import: -5,7 %; Export: -11,2 %).
Der Gaspreis war zwischenzeitlich im August fast dreimal so hoch wie vor Kriegsbeginn im Februar. Seit September 2022 sinkt der Gaspreis in Europa wieder. Für das Jahr 2023 rechnen die Kunststoffhersteller zwar mit einer leichten Erholung des Geschäftsverlaufs. Trotz der Erholung ist das Produktionsniveau aus dem Jahr 2022 jedoch noch in weiter Ferne und man rechnet 2023 mit einem Rückgang der Produktion von Kunststoffen in Primärform von 10 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Düssel, zeigte sich besorgt: „Die deutsche Kunststoffindustrie kann die Krise nur überstehen, wenn wir die hohen Energiepreise, die ein klarer Standortnachteil sind, schnellstmöglich in den Griff bekommen. Wie sich der Industriestandort Deutschland im internationalen Wettbewerb behaupten kann, hängt stark vom Schulterschluss von Politik und Wirtschaft ab. Damit wir in Deutschland 2045 klimaneutral und vollständig zirkulär arbeiten können, müssen wir jetzt richtungsweisende Investitionen tätigen. Diese werden aber nur erfolgen, wenn die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen schafft.“
Hohen Importkosten für Erdgas klarer Wettbewerbsnachteil
Carolina Hupfer, Geschäftsführerin für Wirtschaft und Zentrale Aufgaben bei PED, präsentierte eine Umfrage der Mitgliedsunternehmen, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland einzuschätzen. „Die drei größten Investitions-Hindernisse sehen unsere Mitglieder in den hohen Energiepreisen, bürokratischen und langsamen Genehmigungsverfahren, beispielsweise für Industrieanlagen, sowie dem demografischen Wandel und dem dadurch drohenden Fachkräftemangel.“
Politische Weichenstellungen entscheiden über Zukunft der Industrie
„Die Arbeit der Bundesregierung in der jetzigen Legislaturperiode ist absolut entscheidend für die Zukunft unserer Industrie in Deutschland und Europa“, so PED-Geschäftsführer Ingemar Bühler. „Konkret heißt das, wir brauchen erstens die zügige Einführung eines Industriestrompreises, zweitens eine signifikante Beschleunigung der Antrags- und Genehmigungsverfahren für den Neubau und die Sanierung von Industrieanlagen sowie drittens ein klares Bekenntnis zu Industrie- und Technologieoffenheit in der nationalen Kreislaufwirtschaftsstrategie.“
Bühler betonte: „Die Transformation zur Kreislaufwirtschaft ist unsere Chance, den wachsenden Bedarf an Kunststoffen in allen Lebensbereichen zu bedienen, uns gleichzeitig vom Verbrauch fossiler Ressourcen zu entkoppeln und damit unsere Umwelt zu schützen. Mit dem Expertenpapier ‚KreislaufwirtschaftPLUS‘ haben wir nun auch einen konkreten Plan zur Hand, wie wir die Transformation zur klimaneutralen Kreislaufwirtschaft umsetzen können. Mit den richtigen Weichenstellungen in der Industriepolitik kann Deutschland hierbei eine führende Rolle übernehmen. Die Ampel-Koalition hat unsere Herausforderungen bereits in ihrem Koalitionsvertrag benannt. Jetzt ist die Bundesregierung gefragt, den Fortschritt aktiv zu gestalten – und zügig für mehr Tempo bei der Transformation zu sorgen.“