Krankenhäuser sind mit rund 1,2 Millionen Tonnen pro Jahr der fünftgrößte Abfallverursacher in Deutschland. Sie haben zwangsläufig eine Vielzahl von Abfallströmen. Dazu gehören Verpackungsmaterialien, Medizinprodukte oder gefährliche Abfälle. Üblicherweise werden Materialien mit direktem oder indirektem Patientenkontakt nicht stofflich verwertet, sondern verbrannt.
Seit 2019 nutzt das UKB Resourcifys Software für digitales Entsorgungsmanagement. Dies ermöglicht einen besseren Überblick über die Abfallströme und eröffnet Möglichkeiten für mehr Kreislaufführung. 2022 starteten drei Pilotprojekte zur Rückgewinnung von Wertstoffen aus medizinischen Abfällen. Ziel ist es, eine zirkuläre Recyclinglösung zu etablieren. Sie soll einfach umzusetzen sein und dem UKB helfen, seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Das Recycling reduziert die Menge an Kunststoffen und Metallen, die normalerweise in Verbrennungsanlagen landen. Die UKB kann die Dienstleistung über das Wertstoffmanagementsystem von Resourcify abwickeln. Das hält den Mehraufwand gering und transparent.
Zirkularität im Krankenhaus: Von Atemkalk zu Düngemittel
Die Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin (KAI) am UKB bereitet seit September im Pilotprojekt „Upcycling: vom Atemkalk zum Obstanbau“ verbrauchten Atemkalk mit der Medizintechnik-Firma Dräger auf. Anschließend kann er in Industrie und Landwirtschaft zum Beispiel als Dünger weiterverwendet werden. Mit Atemkalk gefüllte Kartuschen werden bei OPs unter Vollnarkose eingesetzt. Sie werden mit einem Rückatmungsgerät verwendet, um CO₂ aus der ausgeatmeten Luft des Patienten herauszufiltern. Nach dem Gebrauch zählen sie normalerweise zu gefährlichen Chemieabfällen, die gesondert gesammelt und als aufwändig entsorgt werden müssen. Allein am UKB entstehen dadurch jährlich rund fünf Tonnen Sondermüll, die zu Emissionen von rund 25 Tonnen CO₂ führen.
Das neue Projekt wird mit Life-Cycle-Analysen (LCA) wissenschaftlich begleitet. Dadurch kann ein ökologischer und ökonomischer Vergleich der früheren Entsorgung mit dem Upcycling-Verfahren erfolgen. Die Mitarbeiter:innen der Anästhesie sammeln die Kartuschen jetzt in speziellen Behältern. Der Abholbedarf wird über einen QR-Code an das Facility-Management übermittelt. Die Behälter werden anschließend ins Lager der Abfallwirtschaft gebracht. Von dort werden sie vom Hersteller Dräger abgeholt. Er verarbeitet den Atemkalk zu Düngemittel und verwertet die Kartuschen. Resourcify unterstützt das UKB, die internen Transporte mithilfe einer QR-Code-Lösung abzuwickeln.
Durch Sterilisation zum Elektroschrott
Im chirurgischen Zentrum wurde gleichzeitig das vom UKB eigens finanzierte
Recyclingprogramm von elektrisch betriebenen Einweginstrumenten aus dem Operationssaal eingeführt. Die sogenannten „Stapler” gelten in der Regel nach der Nutzung als kontaminiert und müssen dementsprechend als Krankenhausabfall gesammelt werden. Jährlich fallen dadurch rund 105 Kilo an medizinischem Elektroschrott an. Nun werden die gebrauchte Einweginstrumente nach einer Wischdesinfektion in einer speziellen Tonne gesammelt und zur hausinternen Sterilisation verbracht. In dem Fachbereich der Mikrobiologie gibt es Autoklaven, die ausschließlich für Abfälle oder andere Gerätschaften, die nicht mit Patienten in Kontakt kommen, verwendet werden. Dadurch kann die Dekontamination der Einweginstrumente zwecks stofflicher Verwertung gewährleistet werden, ohne die Patientenversorgung zu gefährden. Nach der Sterilisation kann das UKB die Einweginstrumente als Elektroschrott AVV 160214 entsorgen.
Resourcify kümmert sich um die Stellung und Abholung der Gitterbox, stellt die
ordnungsgemäße Verwertung bei dem Recyclingpartner sicher und digitalisiert die Prozesse und gesammelten Daten. Die Digitalisierung hilft an der Stelle, Transparenz über den recht ungewöhnlichen Prozess zu wahren. Außerdem motivieren Newsletter die Mitarbeiter:innen, die Einweginstrumente akkurat zu sortieren. Bis Anfang März konnten über einen Zeitraum von knapp sechs Monaten bereits 239 Kilogramm allein im Chirurgischen Zentrum (OPZ) gesammelt und verwertet werden. Ziel ist es, das gesamte Instrument zu recyceln. Durch ein Schredderleichtfraktionsverfahren können die Instrumente effizient aufgeteilt werden. Sie können in einzelne Fraktionen unterteilt und anschließend zu Sekundärrohstoffen aus Metall und Kunststoff verarbeitet werden.
Rücknahmesysteme für Alufolien
Im Januar 2023 ist das Rücknahmesystem für Aluminium-Verpackungen des Nahtmaterials von Ethicon, einer Marke von Johnson & Johnson Medtech, im Chirurgischen Zentrum am UKB gestartet. Es wurde von Ethicon, TSR Recycling und Resourcify entwickelt, um die Kreislaufwirtschaft zu fördern. Die Vision dahinter ist, diese Verpackungen zukünftig nicht mehr zu verbrennen, sondern zu recyceln. Die
Alufolien werden dafür vom medizinischen Personal in den vorgesehenen grauen Behältern gesammelt und der Klinik-Logistik übergeben. Die Bestellung der Abholung erfolgt über das Portal von Resourcify. DHL Express bringt die Boxen CO₂-neutralisiert zum Recyclingpartner TSR. Dort werden ebenfalls die metallhaltigen Produktionsabfälle von Johnson & Johnson entsorgt, um ein für das Recycling sinnvolles Volumen zu sammeln. TSR kümmert sich anschließend um das Recycling und den Vertrieb der Sekundärrohstoffe.
Für jedes Kilogramm an Material, das gesammelt wird, kann durch die stoffliche Verwertung etwa die 18-fache Menge an CO₂-Äquivalenten im Vergleich zur Verbrennung eingespart werden. Die Einnahmen aus dem Verkauf des Aluminiums werden jährlich an Operations Smile gespendet.