Sein Job ist der Umschlag in der MBA, der mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage. Immer im Wechsel bestückt er die Anlage getrennt nach Rest- und Biomüll mit seinem Mehrschalengreifer. Rund 100 000 Tonnen Abfall werden im Jahresdurchschnitt behandelt. Orange Sammelfahrzeuge fahren in der Annahmehalle vor und kippen separat Rest- oder Bioabfall ab, den die Entsorgungsbetriebe aus der schwarzen und braunen Tonne der Haushalte und Betriebe der Hansestadt Lübeck einsammeln. Der Elektrobagger führt dann beides gesondert voneinander der mechanischen Aufbereitung zu, wo der Müll nach Einzelfraktionen aufgeteilt wird, um ihn weiter verarbeiten zu können.
„Die Baumaschine mit 24 Tonnen Einsatzgewicht ist so positioniert, dass sie immer abwechselnd nach Bio- oder Restmüll greift und beide Linien im Wechsel getrennt voneinander bestücken kann“, erklärt Christoph Gieratz, einer der beiden Schichtleiter. Um eine bessere Sicht auf die Trichter beim Befüllen zu haben, wurde der Drehkranz des Baggers extra auf besonderen Wunsch erhöht. Ausgerüstet wurde der Bagger mit einem Schleppkabel, das den Elektroantrieb mit Strom versorgt.
„Viel bewegen müssen wir ihn in unserem Zweischichtbetrieb nicht. Da die entsprechende Infrastruktur hier vorhanden war, bot sich die Technik an“, ergänzt Gieratz. Für kurze Fahrten ohne Strom genügt dem MH24 eine sogenannte Verfahrlösung, also ein kleiner Dieselmotor, der morgens und abends genutzt wird. Denn dann wird der Bagger in die Annahmehalle rein- beziehungsweise rausgefahren, wenn die Arbeit beginnt oder umgekehrt der Feierabend ansteht. „Damit wollen wir eine Brandgefahr ausschließen“, so der Schichtleiter. Der Bagger erzeugt ohnehin keinen Funkenflug und kaum Abwärme, womit er sich für Einsätze wie diesen eignet, bei dem leicht entzündbare Materialien umgeschlagen werden.
Zwar ist der Elektrobagger dank seines bürstenlosen Elektromotors mit einer Leistung von 90 kW deutlich leiser gegenüber konventioneller Dieseltechnik. „Aber aufgrund der Zerkleinerungsmaschinen herrscht in der Halle sowieso schon ein Grundgeräuschpegel. Dafür ist es in der Kabine leise und Vibrationen des Motors fallen hier keine an, wie sie sonst bei einem Dieselmotor üblich sind“, berichtet der Schichtleiter. Der Elektroumschlagbagger selbst arbeitet abgasfrei. Damit der Fahrer nicht der hohen Konzentration der feinen Stäube und Partikel ausgesetzt ist, wird die belastete Luft durch eine Luftreinigungsanlage geführt. Gegen Gerüche, wie sie aufgrund des Gärprozesses beim Handling mit Bioabfall unausweichlich sind, schützt den Fahrer des Elektrobaggers ein Frischluftfiltersystem mit AEBK1/H13-Filtern. Ein Umluftfiltersystem rundet das Paket ab.
Hat der Elektrobagger seinen Job getan, sind neben Vorzerkleinerern Prallmühlen und Siebe für die Weiterverarbeitung gefordert, den Abfall immer weiter in seine Bestandteile zu zerlegen. In der Aufbereitungshalle werden Ersatzbrennstoffe mit einem hohen Heizwert, organische Feinfraktion zur Vergärung und Störstoffe getrennt. Letztere müssen herausgefischt werden, weil sie den biologischen Prozess behindern würden. Auch Metalle werden per Magneten herausgeholt, um sie dem Kreislauf der Wiederverwertung zuführen zu können. Aufgabe der MBA ist es, alle Wertstoffe akribisch zu erfassen, sodass am Ende eine hohe Verwertungsquote herauskommt. Die bei der biologischen Behandlung des Bioabfalls erzeugten Gärreste und die von Fremdstoffen befreiten und zerkleinerten Sortierreste werden im ansässigen Biomassewerk zu Kompost weiterverarbeitet. Aber nicht nur die gewonnene Biogasmenge lässt sich energetisch verwerten, sondern auch die erzeugten Ersatzbrennstoffe des Restabfalls und die nicht vergärbaren Bestandteile wie Holz werden der energetischen Verwertung in verschiedenen Kraftwerken zugeführt.
„Wir wollen so wenig wie möglich deponieren, um Deponieraum einzusparen. Nur das, was als inert gilt, landet auf der angrenzenden Deponie und wird dort eingebaut“, so Marius Urbansky, Sachgebietsleiter der MBA.
Dabei kommen zwei weitere Cat Baumaschinen ins Spiel. Raupen vom Typ D6N und D6T übernehmen Aufgaben wie den Einbau von etwa einem Drittel der biologisch behandelten Abfälle in der Deponie. Das war nicht immer so: Bis 2005 landete der unbehandelte Abfall dort komplett. Erst seitdem die Novelle der TA-Siedlungsabfall in Kraft trat, wird der Abfall so weit als möglich vorbehandelt, um den Organik-Anteil des Mülls zu reduzieren. „Viele Betriebe haben sich für die thermische Lösung entschieden. In Lübeck wurde der mechanisch-biologische Weg gewählt. Wir erzeugen durch die biologische Weiterverarbeitung der sogenannten organischen Feinfraktion Biogas. Mehrere BHKW produzieren dann daraus Strom und Wärme. Damit kann der Energiebedarf der MBA und der Liegenschaften der Entsorgungsbetriebe Lübeck abgedeckt werden – auch der MH24 wird darüber mit eigenem Strom versorgt. Wir können uns damit nicht nur Diesel sparen, sondern auch Zeit, weil der Bagger nicht mehr die Tankanlage auf dem Gelände mehrmals die Woche anfahren muss und somit dann in dieser Zeit die MBA steht“, erklärt Christoph Gieratz.
Dass sich durch die Antriebstechnik so eindeutige Kostenvorteile ergeben, bestätigt Dirk Carstensen, Zeppelin Gebietsverkaufsleiter, der seitens der Niederlassung Hamburg den MH24 lieferte: „Durch das elektrische Antriebskonzept ist es gelungen, Betriebskosten um bis zur Hälfe gegenüber Betriebskosten von herkömmlichen Dieselmotoren zu senken. Wenn noch der benötigte Strom selbst produziert wird, dann ist das ein unschlagbares Argument für einen Elektrobagger.“ Allerdings wird dann auch die akribische Trennung des Abfalls umso wichtiger: Je sortenreiner, desto höher fällt die Energiebilanz aus. Um insgesamt rund vier Millionen Kubikmeter Biogas pro Jahr in eigenen Blockheizkraftwerken einsetzen zu können, greifen die Entsorgungsbetriebe auf vier Mixer und drei Fermenter zurück. Somit trägt der MH24 zu einem grünen Fußabdruck bei, denn für den Betrieb der restlichen knapp 150 Fahrzeuge fallen 200 000 Liter Dieselkraftstoffe pro Jahr an. Deswegen haben die Entsorgungsbetriebe Lübeck die Weichen in Richtung E-Mobilität für den Fuhrpark gestellt. Zehn von insgesamt 32 Pkw, ein Servicemobil, zwei Pritschenwagen, zwei Kehrmaschinen und zwei Teambusse werden vollständig mit selbst aus Abfall und Abwasser erzeugter erneuerbarer Energie betrieben. Rund 65 000 Kilometer legen sie pro Jahr rein elektrisch zurück und sparen dabei über 3 000 Liter Diesel ein.