Magnetfelder werden routinemäßig eingesetzt, um Partikel aufgrund ihrer unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften zu trennen. Diese Technik hat sich für Materialien bewährt, die in einem angelegten Magnetfeld stark magnetisiert werden können, zum Beispiel Eisen. Aber gilt das auch für viel schwächere magnetische Materialien, wie etwa paramagnetische Seltenerd-Metallionen? „Die räumlich begrenzte Anreicherung solcher Ionen in einer wässrigen Lösung unter dem Einfluss von Magnetfeldern ist ein verblüffender Effekt, der zwar beobachtet wurde, dessen Verständnis jedoch neue physikalische Einsichten erfordert“, sagt Dr. Zhe Lei vom Institut für Fluiddynamik am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR). Sein Team ist seit einiger Zeit dabei, die detaillierten Grundlagen dieses komplexen Phänomens zu erforschen.
Von der Kartierung einer Landschaft zum optimalen Schweben
Die Triebkraft, die auf magnetisierte Teilchen in Magnetfeldern wirkt, hängt von der Stärke und der Art des Feldes ab, worauf jedes Material wiederum mit einer charakteristischen Magnetisierung reagiert. Diesen Umstand macht sich Leis Team zunutze, wie der Forscher erläutert: „Um die ursprünglich über die ganze Lösung verteilten Seltenerd-Ionen effizient abtrennen zu können, müssen wir zunächst dafür sorgen, dass sie sich in einer Schicht anreichern. Das gelingt uns mit unserem Magneten.“
Dessen Kraft ermöglicht es, Objekte in einen Schwebezustand zu versetzen und sie so in einer deutlich ausgeprägten Schicht anzusammeln. Die Zugabe von Wasser zum System hilft zudem, makroskopische Objekte in der Schwebe zu halten, da der Auftrieb den Hebevorgang unterstützt. Wenn die Forschenden jedoch die Dimension der betrachteten Teilchen auf die Größe von Ionen reduzieren, müssen sie auch die Zusammenstöße der umgebenden Moleküle berücksichtigen, die sich in der Lösung in ständiger thermischer Bewegung befinden. Deren kinetische Energie übersteigt die magnetische Energie, und der Hebeeffekt „verschwindet“. Hier ist ein zusätzlicher Prozess gefragt: „Wir haben herausgefunden, dass eine gewisse Verdunstung des Wassers an der Oberfläche der Lösung stattfinden muss, damit die Anreicherung gelingt. Dabei nimmt die Dichte der neu gebildeten oberflächennahen Schicht zu, wodurch eine Tendenz zur Vermischung mit der darunterliegenden Schicht entsteht. Der nach oben gerichtete Magnetfeldgradient wirkt jedoch der Schwerkraft entgegen und hält die Anreicherungszone in der Schwebe, was sie vor Vermischung schützt“, berichtet Lei.
Dieses Wissen könnte als eigenständige Technologie angewandt oder in großtechnische Lösungsmittel-Extraktionsprozesse integriert werden. Für die Entwicklung eines Prototyps, der dieses Prinzip nutzt, ist jedoch ein detailliertes Verständnis der Stabilität des Systems erforderlich. „Um dieses Problem anzugehen, mussten wir die einzelnen Beiträge von Schwerkraft, Auftrieb und Magnetfeld zu einem Raum zusammenführen, der einer Landschaft sehr ähnlich ist: die so genannte Oberfläche der potenziellen Energie, eine topologische Struktur, die in ihrer Darstellung an eine Wanderkarte erinnert. Doch anstatt Berge oder Wasserfälle zu zeigen, gibt sie uns eine Vorstellung davon, wo sich im Laufe der Zeit hohe Metallionen-Konzentrationen bilden“, beschreibt Lei den numerischen Teil der Teamarbeit.
Kostengünstige Magnete machen es möglich
Eine entscheidende Herausforderung der magnetischen Trenntechnik ist die Verfügbarkeit starker Magnetfelder. Supraleitende Magnete sind eine Möglichkeit, aber sie haben einen hohen Preis. Leis Team schlägt einen wirtschaftlicheren Ansatz vor – eine intelligente Anordnung von Magneten auf Neodym-Basis, den stärksten im Handel erhältlichen Permanentmagneten: Ein Stabmagnet, der so in einen Ringmagneten eingesetzt wird, dass die jeweiligen Magnetisierungen in entgegengesetzte Richtungen zeigen, funktioniert hinsichtlich eines optimalen Trennprozesses am besten.
Das Team untersuchte nun, wie stark das Feld ist, das ihre Magnetanordnung erzeugt. Das Ergebnis: Die Intensität des magnetischen Gradienten von Leis Anordnung ist etwa fünfzigmal stärker als die von Referenzsystemen, die an der Harvard-Universität in den USA entwickelt wurden. „Mit Hilfe von Computermodellen konnten wir zudem den genauen Ort bestimmen, an dem sich unsere Testpartikel unter dem Einfluss des Magnetfelds ansammeln, und zwar unabhängig von ihrer Ausgangsposition in der Lösung. Parallel dazu haben wir die Lage dieses Anreicherungsorts mit Hilfe der Mikroskopie gemessen. Die experimentellen Daten stimmen mit dem modellierten Ergebnis so gut überein, dass wir nun im Umkehrschluss die Informationen über das Magnetfeld kostengünstig allein aus den optischen Messungen rekonstruieren können“, fasst Lei zusammen. Inzwischen haben die Forschenden ein Verfahren zur Bestimmung der magnetischen Gradientenkraft und ihrer räumlichen Verteilung zum Patent angemeldet.