Die Zahlen der Untersuchung der Industrievereinigung Kunststoffverpackungen (IK) und der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung (GVM) bedeuten, dass circa 22 Prozent der Produktionsmenge an Verpackungen aus recyceltem Kunststoff bestehen könnten. Der Einsatz von einer Million Tonnen Kunststoffrezyklat bis 2025 ist bereits erklärtes Ziel der Industrie.
„Die Hersteller von Kunststoffverpackungen in Deutschland setzen auf Innovationen und Investitionen in der gesamten Wertschöpfungskette, um mehr Rezyklat in ihren Produkten einzusetzen“, erklärt IK-Geschäftsführerin Dr. Isabell Schmidt die Kreislaufstrategie der Industrie. Die Aufholjagd hat bereits begonnen: Zwischen 2017 und 2019 ist die Nachfrage nach Rezyklaten um über 18 Prozent gestiegen, während zugleich der Verbrauch an Kunststoffneuware rückgängig war. „Diese Entkopplung zeigt das enorme Interesse der Verpackungsbranche am Einsatz von Rezyklaten“, so Schmidt.
Doch Rezyklat um jeden Preis ist aus Sicht der IK weder sinnvoll noch möglich. Viele Verpackungen stellen höchste Ansprüche an die Qualität der Rohstoffe, allen voran Lebensmittelverpackungen, die 44 Prozent des Markts ausmachen. Im Augenblick sind die Mengen von geeigneten Rezyklaten am Markt jedoch limitiert. Der Grund dafür ist, dass das Kunststoffrecycling in der Vergangenheit von der Erfüllung der gesetzlichen Recyclingquoten getrieben war, nicht vom Rohstoffbedarf der Verpackungsindustrie. Deshalb haben in den letzten Jahrzehnten kaum Investitionen in die Produktion hochreiner Qualitäten für den Lebensmittelkontakt stattgefunden. Gegenwärtig kommt ein Großteil der Rezyklate in anderen Branchen zum Einsatz, etwa in der Herstellung von Bauprodukten. Immerhin: Auch hier ersetzen die Rezyklate den Verbrauch von Kunststoffneuware und sparen CO2-Emissionen ein.
Doch die Rahmenbedingungen ändern sich derzeit. „Spätestens bis 2045, dem Jahr in dem Deutschland klimaneutral sein will, müssen Kunststoffe komplett aus Rezyklaten und anderen erneuerbaren Rohstoffen hergestellt werden“, erläutert Schmidt die Zukunftsvision der Branche. Der Wandel weg vom fossilen Rohstoff ist radikal. Er erfordert von der Industrie Investitionen in mehrstelliger Milliardenhöhe in das Design-for-Recycling und den Ausbau hochwertiger Sortiert- und Recyclingverfahren.
Eine weitere Herausforderung besteht in der getrennten Sammlung: Derzeit landet ein großer Teil der Kunststoffabfälle noch im Restmüll oder in restmüllähnlichen Gewerbeabfällen, wo er stark vermischt und verschmutzt wird. Ihn hier wieder herauszuholen ist unwirtschaftlich. „Recycling funktioniert dort aber am besten, wo Kunststoffabfälle getrennt gesammelt werden – das sehen wir am besten bei der Pfandsammlung von PET-Getränkeflaschen. Hier werden Rezyklate produziert, die sogar den strengen gesetzlichen Anforderungen im Lebensmittelkontakt gerecht werden. Um den zukünftigen Rohstoffbedarf der Kunststoff verarbeitenden Industrie zu decken, muss die Politik darauf hinwirken, dass die getrennte Sammlung in ganz Europa deutlich verbessert und die Deponierung von Kunststoffabfällen gänzlich verboten wird“, fordert Schmidt.