Die Produktion und der Konsum von Textilien sind hochgradig globalisiert und führt zu enormen Umwelt- und Klimabelastungen. In Europa werden jährlich pro Person 26 Kilogramm Textilien gekauft. Diese stammen zu einem großen Teil aus Schwellen- und Entwicklungsländern, in denen der größte Teil der Umweltbelastungen anfällt. Gleichzeitig wird die Kleidung immer kürzer getragen und pro Jahr werden pro Kopf 11 Kilogramm Textilien entsorgt.
In der Broschüre wird betont, dass Informationen zu Alttextilien aus Haushalten vorliegen würden, über gewerbliche Mengen und Produktionsabfälle hingegen nicht. Das potenzielle Sammelaufkommen habe 2018 1,56 Millionen Tonnen betragen. Die tatsächliche Sammelmenge habe bei etwa 1 Million Tonnen gelegen. Allerdings gebe es keine genaue Datengrundlage, da es für diesen Abfallstrom bisher keine Meldepflicht gibt.
In Deutschland gebe es bereits überwiegend eine flächendeckende Erfassung von Alttextilien. Das System sei etabliert und werde von den Verbrauchern angenommen. Etwa 27 Prozent der Sammelmenge werde über kommunale Systeme erfasst. Der Rest verteile sich auf gewerbliche und karitative Sammlungen sowie freiwillige Rücknahmen.
„Die Sortierung von Alttextilien repräsentiert in der gesamten Abfallwirtschaft das einzige Verfahren, in welchem überwiegend und in relevantem Umfang Abfälle zur Wiederverwendung vorbereitet werden“, heißt es in der Broschüre. Dabei handele es sich um einen aufwendigen Prozess, der nach heutigem Stand der Technik im Wesentlichen nicht automatisierbar sei. 2018 seien 62 Prozent der Sammelmenge der Wiederverwendung zugeführt worden. 14 Prozent wurden zu Putzlappen verarbeitet, 12 Prozent recycelt, 8 Prozent thermisch verwertet und 4 Prozent beseitigt. Etwa ein Drittel der gesamten Sammelmenge finanziere alle entstehenden Kosten. Diese Erlöse würden vollständig durch die Wiederverwendung erzielt. Recycelt werde im Wesentlichen mechanisch. Ein Faser-zu-Faser-Recycling finde derzeit fast nur in Pilotversuchen statt und mache lediglich etwa 2 Prozent der recycelten Menge aus.
Eine Überlassungspflicht bestehe derzeit nur für Alttextilien aus privaten Haushalten mit den Ausnahmen der gewerblichen und gemeinnützigen Sammlung und der freiwilligen Rücknahme. Die Überlassungspflicht würde mit Einführung einer erweiterten Herstellerverantwortung entfallen. In anderen Bereichen außer privaten Haushalten bestehe die Überlassungspflicht nur für Textilabfälle zur Beseitigung. Ab 2025 besteht für die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger eine Pflicht zur getrennten Erfassung von Alttextilien. „Dieses könnte Auswirkungen für die privaten und gemeinnützigen Sammler haben, sofern ihre Sammlungen dadurch eingeschränkt werden“, heißt es in der Broschüre.
So geht es nicht weiter
Die aktuellen Entwicklungen würden zeigen, dass ein Wandel notwendig ist. Aktuelle Modetrends würden zu „Fast Fashion“ führen. Die Bekleidungsproduktion habe sich in den letzten 15 Jahren verdoppelt, während die Nutzungsdauer um 36 Prozent abgenommen habe. Zudem würden zunehmend Billigwaren aus Materialmix auf den Markt gebracht. Die Qualität sinke, was sich auf die Lebensdauer auswirke und zudem Probleme für etablierte Verwertungsverfahren mit sich bringe. Minderwertige Textilien aus Asien würden außerdem in Entwicklungsländern in Konkurrenz zu Secondhand-Produkten treten. Durch Krisen und Restriktionen würden die Absatzmärkte zusätzlich beschränkt.
Durch die Mengensteigerungen und Qualitätseinbußen werde der Anteil der nicht wiederverwendbaren Alttextilien weiter ansteigen. Die Getrennterfassung werde zunehmend gefördert, es sei daher europaweit mit steigenden Sammelmengen zu rechnen. „Das hat enorme Auswirkungen auf den internationalen Markt der Alttextilien“, heißt es in der Broschüre. Dies führe zu signifikanten Veränderungen in der Alttextilbranche. Das heutige Finanzierungsmodell sei künftig nicht mehr realisierbar. „Jetzt muss über die erforderlichen Veränderungen für Organisation und Finanzierung eines nachhaltigen Modells zur Nutzung der Ressourcen (insbesondere der Fasern) nachgedacht werden.“
Informationen und Design
Für einen nachhaltigen Umgang müssten Rohstoffe so lange wie möglich genutzt werden. Bei Alttextilien erfolge dies in erster Linie durch Wiederverwendung. Andere Textilien könnten als wertvoller Rohstoff für den Einsatz in Neuware dienen. Notwendig seien dazu aber Informationen über die Beschaffenheit der Alttextilien, vor allem über Fasertyp, Chemikalieneinsatz, Farbe und Struktur. Voraussetzung für das Faserrecycling sei die Recyclingfähigkeit. „Dazu bedarf es einer Konkretisierung, unter welchen Voraussetzungen Alttextilien recyclingfähig sind.“ Dies hänge nicht nur von den Fasern, Stoffen und vom Design ab, sondern auch von der verfügbaren Recyclingtechnologie. „Die Trennbarkeit einzelner Materialfraktionen ist der Schlüssel für eine Sortierung und Aufbereitung der Materialien, um die Fasern aus den Alttextilien als Rohstoff für die Herstellung neuer Textilprodukte wieder nutzen zu können.“ Dazu müsse aber auch das Design geeignet sein, dies sei aber heute nur zum Teil der Fall. „Daher ist die gesamte Produktionskette aufgefordert, Lösungen zu finden, die es der Recyclingbranche ermöglichen, die Fasern nach Gebrauch wieder dem Wertstoffkreislauf zuzuführen.“ Für die Nutzung von Sekundärrohstoffen müssten die Hersteller die erforderliche Umstellung in Produkten und Design vornehmen. Dazu müssten entsprechende Ziele und konkrete Vorgaben formuliert werden.
Treiber für Veränderungen
Es gebe einen signifikanten Kostenanstieg für die betroffenen Stakeholder. Notwendig sei eine Abstimmung zwischen Produzenten und Verwertern. Der Markt werde aber die Veränderungen nicht regeln können. Die Veränderungen seien mit Kosten verbunden, daher seien freiwillige Maßnahmen auf das Maß begrenzt, in dem Unternehmen einen Nutzen erwarten. „Freiwillige Initiativen sind daher sehr gut geeignet, um über einzelne Pilotprojekte Erfahrungen und Know-how zu gewinnen, würden aber nach heutiger Einschätzung zu keinem wirklichen Wandel in den betroffenen Branchen führen.“ Kommunale Gebühren könnten finanzielle Defizite in der Abfallwirtschaft ausgleichen, aber kaum einen echten Wandel schaffen.
Es müsse sichergestellt werden, dass im Rahmen des Wettbewerbs alle Unternehmen die gleichen Anforderungen und Pflichten erfüllen müssten. Die erweiterte Herstellerverantwortung könne ein Weg zur Problemlösung sein. „Die Einführung und Umsetzung eines entsprechenden Systems auf nationaler Eben bedürfen einer gesetzlichen Regelung mit einer konkreten und interpretationsfreien Beschreibung der Verpflichteten und deren Pflichten.“ Die erweiterte Herstellerverantwortung könne zu einem Wandel führen, da die Verpflichtung alle Stakeholder betreffe. „Das ist aber nur dann der Fall, wenn in diesem Gesetz die entsprechenden Maßnahmen vorgegeben sind.
Über die erweiterte Herstellerverantwortung könnten zu verschiedenen Elementen gesetzliche Vorgaben gemacht werden. „Das betrifft zum Beispiel das Design für eine recyclingfähige Ware, den Einsatz von Recyclingfasern, konkrete Quoten zur Wiederverwendung und für das Recycling, Anforderungen an Erfassung und Sortierung sowie die Zertifizierung von Anlagen und Prozessen und das Monitoring.“ Die Beiträge zur erweiterten Herstellerverantwortung sollten die Lücke für die zusätzlichen Anforderungen an ein hochwertiges Recycling schließen. Es müssten allerdings individuelle Modelle entwickelt werden, da eine Übertragung bestehender Gesetze nicht möglich sei.
Die EU hat den Textilbereich als relevante Branche identifiziert und will noch in diesem Jahr eine Strategie vorlegen. Schon die aktuelle Abfallrahmenrichtlinie enthalte entsprechende Vorgaben, die erweiterte Herstellerverantwortung sei aber bisher nur in Frankreich eingeführt worden.