Doch noch wird kaum etwas so hochwertig recycelt, dass das Material wieder für neue Verpackungen eingesetzt werden kann. Eine zirkuläre Verpackungswirtschaft könnte dem entgegenwirken. In der heute erschienenen Publikation zeigt die Circular Economy Initiative Deutschland, wie eine solche realisiert werden kann. Dabei beleuchtet die Initiative den gesamten Produktlebenszyklus von Kunststoffverpackungen: vom Verpackungsdesign über die Produktion und Nutzung bis hin zur Wiederverwertung der Materialien. Es zeigt sich: entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind aufeinander abgestimmte Maßnahmen notwendig, um einerseits unnötige Verpackungsabfälle zu vermeiden und andererseits Verpackungsmaterialien im Kreislauf zu halten.
Thomas Müller-Kirschbaum, Henkel AG & Co. KGaA, Co-Leiter der Arbeitsgruppe zum Thema Verpackungen der Circular Economy Initiative Deutschland sagt: „Vor dem Hintergrund, dass das Verpackungs- und Abfallaufkommen in Deutschland hoch ist und weiter steigen wird, bieten Circular Economy Ansätze Potenziale, um negative Umweltwirkungen zu reduzieren.“ In einer Circular Economy gelte es „Verpackungen zu vermeiden, wo diese zu vermeiden sind; Ressourcen effektiv einzusetzen und Verpackungen möglichst lange nutzbar, wiederverwendbar und hochwertig recyclebar zu machen.“
Kunststoffverpackungen werden besonders selten recycelt
Während Papier, Karton, Glas und Metall aufgrund ihrer Sortenreinheit und hohen Wertschöpfung (Metalle) vergleichsweise häufig recycelt werden (über 85 Prozent), ist dies bei Kunststoffverpackungen in Deutschland nur bei 47 Prozent der Fall. Über die Hälfte der Kunststoffverpackungsabfälle wird verbrannt (Werte von 2018). Zudem geht nur ein Bruchteil des recycelten Materials wieder in Verpackungen: In der Herstellung von neuen Verpackungen wurde im Jahr 2019 durchschnittlich nur 10,9 Prozent Rezyklat genutzt, und folglich fast 90 Prozent Neumaterial.
Im gesellschaftlichen Diskurs werden Kunststoffe bisweilen per se als besonders umweltschädliches Material angesehen. Betrachtet man jedoch Ökobilanzen verschiedener Verpackungskonzepte, wird diese Pauschalaussage oftmals widerlegt. Verpackungen lassen sich also nicht allein anhand ihres Materials in umweltverträgliche und umweltschädliche Verpackungen einteilen. Bei der Nachhaltigkeitsbewertung von Verpackungen müssen Expertinnen und Experten vielfältige, zum Teil konfliktäre Kriterien entlang des gesamten Lebenszyklus beachten. So können Verbesserungen hinsichtlich des Ressourcenschutzes zum Beispiel zu einem höheren Energieeinsatz führen und dadurch mehr Emissionen verursachen. Diese haben dann wiederum negative Folgen auf das Klima.
Es braucht passende Rahmenbedingungen und Anreize
Beispielhaft haben die Expertinnen und Experten der Circular Economy Initiative Deutschland Kunststoffverpackungen für Waschmittel und Käse betrachtet. Es zeigte sich: Der Verpackungsmarkt ist fragmentiert. Es gibt eine Vielzahl an Verpackungsherstellern, die ihre Verpackungen auf die Anforderung eines bestimmten Produkts optimiert anfertigen. Das führt zu einer diversen Menge an Verpackungen und Verpackungsmaterialien, die in der Verwertungsinfrastruktur wiederum eine hohe Anzahl an Prozessschritten in der Sortierung, Kunststofffraktionen und verschiedenen Recycling-Verfahren bräuchte. Dadurch ist der Aufwand des Recyclings so hoch, dass er nicht wirtschaftlich umzusetzen ist. Dem kann auf verschiedenen Ebenen entgegensteuert werden, einfache und allgemeingültige Lösungen gibt es jedoch nicht. Einen Lösungsansatz stellt der verstärkte Einsatz von Monomaterialien dar, ein gutes Beispiel ist hier die PET-Flasche. Damit einhergehend müssen Stoffströme auf EU-Ebene insgesamt harmonisiert werden, das heißt gar nicht mehr so viele unterschiedliche Kunststoffvarianten in Umlauf gebracht werden. Damit das auch umgesetzt wird, braucht es entsprechende regulatorische Rahmenbedingungen mit ökonomischen Anreizen durch die Politik.
Co-Arbeitsgruppenleiter Peter Elsner, Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT), erläutert: „Bestehende politische Maßnahmen, wie das Verpackungsgesetz, das Abfallvermeidungsprogramm oder Recyclingquoten setzen an der richtigen Stelle an, weisen aber Lücken auf. So fehlen unter anderem verbindliche Ziele, Kontrollmechanismen oder Qualitätsvorgaben. Qualität ist wichtig, denn aus einer PET-Flasche soll bestenfalls wieder eine PET-Flasche oder eine andere Form von Lebensmittel-Verpackung und nicht, wie es oft passiert, zum Beispiel ein Abflussrohr oder eine Textilfaser werden. Inverkehrbringer müssten hier auch verstärkt Verantwortung für den Lebenszyklus von Verpackungen übernehmen.”
Insgesamt hat die Arbeitsgruppe um Thomas Müller-Kirschbaum und Peter Elsner sechs Ansatzpunkte identifiziert, die erste Schritte hin zu einer zirkulären Verpackungswirtschaft einleiten könnten:
- Eine allgemein anerkannte Entscheidungshilfe für Verpackungsalternativen schaffen.
- Konkrete und verbindliche Ziele setzen, um Verpackungen und Verpackungsabfälle zu vermeiden.
- Circular-Economy-Prinzipien im Design von Verpackungen berücksichtigen und entsprechende ökonomische Anreizsysteme schaffen.
- Die Sammel- und Sortierinfrastruktur bundesweit vereinheitlichen mit Trennung nach Materialien und unter Nutzung neuer digitaler Möglichkeiten.
- Die Modernisierung bestehender Recyclinginfrastruktur sowie die Weiterentwicklung von Recyclingtechnologien vorantreiben, um Rezyklatqualitäten zu erhöhen.
- Den Einsatz von Rezyklaten und biobasierter Neuwaren stärken, indem weitere von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) genehmigte Rezyklateinsatzmöglichkeiten geschaffen werden, Recycling- und Rezyklatstandards definiert werden, sowie schrittweise Rezyklateinsatzquoten eingeführt werden.