Studie: Wiederverwendbare Verpackungen verlieren Nachhaltigkeitsvergleich

Einwegverpackungen für Lebensmittel und Getränke aus Papier, wie sie in Schnell-Restaurants benutzt werden, sind besser für die Umwelt als Mehrwegalternativen.
Foto: Christa Nöhren/pixelio.de

Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie im Auftrag der European Paper Packaging Alliance (EPPA). Die Resultate dieser wissenschaftlichen Untersuchung werfen nach Ansicht von Fachleuten zwangsläufig die Frage auf, ob die Bundesregierung mit ihrer kürzlich beschlossenen Novelle des Verpackungsgesetzes auf dem richtigen Weg ist. Ganz klar nein, meinen die Experten.

Laut dem Gesetzentwurf der Bundesregierung sollen Betriebe, die Essen oder Getränke außer Haus verkaufen, ab dem Jahr 2023 verpflichtet werden, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. Dabei darf dem Gesetz zufolge die Mehrwegvariante nicht teurer sein als die entsprechende Einweglösung. Ausgenommen von diesen Vorgaben sollen demnach nur Betriebe sein mit einer Ladenfläche von maximal 80 Quadratmetern und höchstens fünf Beschäftigten. Aber auch solche kleinen Läden haben in Zukunft Behälter zu befüllen, die von den Kunden selber mitgebracht werden.

Mit den vom Bundeskabinett am 20. Januar 2021 beschlossenen neuen Regeln im Verpackungsgesetz will die Regierung zum einen die Vorschriften der geänderten Abfallrahmenrichtlinie 2008/98/EG und der Einwegkunststoffrichtlinie (EU) 2019/904 umsetzen. Zum anderen soll Verbraucherinnen und Verbrauchern die Entscheidung zwischen Einweg- und Mehrwegverpackung ermöglicht sowie langfristig der Verbrauch von Einwegverpackungen reduziert werden, wie das Bundesumweltministerium (BMU) zu seinem Gesetzentwurf mitteilte.

Einweg ist Umweltschutz zuträglicher

Doch hier werfen Fachleute die Frage auf, ob die Intention der Bundesregierung bei der Novelle des Verpackungsgesetzes nicht an den Fakten vorbeigeht, was Sinn und Zweck des Unterfangens massiv beeinträchtigt. Denn es gibt bislang keinerlei Beleg dafür, dass Mehrweg grundsätzlich nachhaltiger und dem Schutz der Umwelt zuträglicher ist als Einweg. Ganz im Gegenteil! So machte die Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment – LCA) im Auftrag der EPPA, die von dem dänischen Consulting-Unternehmen Ramboll durchgeführt wurde, das auch die EU-Kommission berät, mehr als deutlich, dass der Aufwand an Energie und Wasser, der notwendig ist, um Mehrweggeschirr so zu säubern, damit es die hygienischen Voraussetzungen für eine neuerliche Nutzung durch Verbraucher erfüllt, die Ökobilanz dieser Produkte erheblich belasten. Die Verfasser der Studie verglichen ein Jahr lang die Umweltauswirkungen von typischen Einweg- und Mehrwegverpackungen für Nahrungsmittel und Getränke zum Inhouse-Verzehr in Imbiss-Restaurants.

Am Ende der Untersuchungen musste das vielen liebgewordene Märchen vom Mehrweg-Vorteil gegenüber Einwegverpackungen sang- und klanglos beerdigt werden. EPPA-Geschäftsführer Hans van Schaik fasste die Ergebnisse der Analyse so zusammen: „Die Ramboll-Studie zeigt, dass eine Bevorzugung von wiederverwendbarem Geschirr in Schnell-Restaurants signifikant schädliche Auswirkungen auf den Klimawandel, den Frischwasserverbrauch, die Erschöpfung fossiler Ressourcen, die Feinstaubbildung sowie die Versauerung von Böden hätte im Vergleich mit Einweggeschirr.“ Denn laut der Ramboll-LCA generiert Mehrweggeschirr 177 Prozent mehr CO2-Emissionen als Einweggeschirr auf Basis von Papier, verbraucht 267 Prozent mehr Frischwasser, produziert 132 Prozent mehr Feinstaub, verschärft den Verbrauch fossiler Ressourcen um 238 Prozent und steigert die Versauerung der Böden um 72 Prozent.

Kunststoff besser als Papier

Zieht man nun noch die Resultate anderer internationaler wissenschaftlicher Lebenszyklusanalysen heran, welche belegen, dass Kunststoff-Verpackungsmaterialien deutlich günstigere Umweltauswirkungen und niedrigere gesellschaftliche Kosten aufweisen als etwa Verpackungsmaterialien aus Papier, dann wirft das nach Ansicht von Fachleuten ein noch schlechteres Licht auf die vom Bundeskabinett vorgelegte Novelle des Verpackungsgesetzes. Damit sei die Regierung eindeutig auf dem falschen Weg, stellen die Experten fest. Nicht zuletzt deshalb, weil sich die Aussagen der EPPA-Untersuchung über die ökologischen Vorteile von Einwegverpackungen für Lebensmittel und Getränke gegenüber Mehrwegalternativen auf die Kunststoffverpackungen übertragen lassen.

Wichtig ist Kreislauffähigkeit

Darüber hinaus scheinen die Verfasser der Gesetzesnovelle Wunsch und Wille der Konsumenten völlig außer Acht zu lassen. Denn einer aktuellen, repräsentativen Umfrage des WWF und des Deutschen Verpackungsinstituts (DVI) zufolge will eine große Mehrheit der Deutschen ein Getränkepfand und nachhaltige Lösungen bei Take-away- sowie Lieferdiensten. Demzufolge präferieren die Bundesbürger bei solchen Behältnissen eindeutig nicht Mehrweg, sondern Kreislauffähigkeit. Damit zeigen die Deutschen nicht nur aus Sicht des DVI mehr Verständnis für nachhaltige Lösungen als die aktuelle Novellierung des Verpackungsgesetzes. In der Befragung sprachen sich 78,5 Prozent der Teilnehmer grundsätzlich für eine nachhaltige Verpackung aus – und somit letztlich für Einwegbehältnisse, wie die Resultate der EPPA-Studie nahelegen. Recyclingfähige Einwegbehälter zur Entsorgung über das Duale System führten dabei mit 51,5 Prozent die Favoritenliste an. Auf Platz zwei und drei folgten private Behälter (31,6 Prozent) sowie Pfandbehälter der Gaststätten (24 Prozent), wie das DVI berichtet.

Damit votieren die Verbraucher letztlich für Single-Use-Plastikprodukte, da diese noch umweltfreundlicher sind als die Papieralternativen. Die ökologische Unbedenklichkeit von Kunststoffverpackungen belegen wissenschaftliche Studien, die weltweit in den zurückliegenden Jahren veröffentlicht wurden. Darin räumten die Experten mit der falschen Wahrnehmung von Kunststoffverpackungen unter Umweltaspekten auf – speziell was Energieverbrauch, globale Erwärmung und nicht zuletzt Kosten für die Gesellschaft anbetrifft. Denn auch in dieser Hinsicht sind die Verpackungen aus Kunststoff den aus ideologischer Sicht mitunter präferierten Verpackungslösungen aus Papier klar überlegen – und nicht nur in Bezug auf den Erhalt der Frische von Nahrungsmitteln.

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.