Mit Impulsen und Handlungsempfehlungen richtet sie sich dabei an Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Im Kern geht es dabei darum, ein Produkt- und Dienstleistungssystem aufzubauen, das Wertschöpfung über den gesamten Lebenszyklus einer Batterie hinweg maximiert.
„Wir stehen am Anfang einer Transformation zu einer Circular Economy, bei der der Werterhalt der eingesetzten Produkte und Materialien optimiert wird, um Ressourcen zu schonen. Dazu müssen wir bereits vor und während der Produktentwicklung und -herstellung den Kreislauf mitplanen“, erläutert Susanne Kadner, Leiterin der Circular Economy Initiative Deutschland. Gemeinsam mit Akteurinnen und Akteuren aus Industrie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft möchte die Initiative Wege aufzeigen, wie dies für einzelne Bereiche in der Praxis aussehen kann. Ihr erster Bericht, der heute erschienen ist, zeigt, wie ein Kreislauf für Traktionsbatterien, also Batterien, mit denen Elektrofahrzeuge angetrieben werden, aussehen kann.
Hohe Erwartungen der Gesellschaft an Elektromobilität erfüllen
Christian Hagelüken von Umicore ist Co-Leiter der Arbeitsgruppe „Traktionsbatterien“ der Circular Economy Initiative Deutschland. Er sagt: „Ein zirkuläres Modell ist die Voraussetzung dafür, dass die Traktionsbatterie und somit die Elektromobilität die hohen Erwartungen der Gesellschaft im Kontext der Mobilitäts- und Energiewende erfüllen kann.“ Es umfasse insbesondere die smarte Einbindung der Stromspeicher in die Elektrizitätsnetze, Lebenszeitverlängerung durch Reparatur und Instandsetzung, Weiternutzung auch in anderen Anwendungen wie stationären Stromspeichern, sowie zuletzt hochwertiges Recycling.
Martin Stuchtey, Managing Partner von SYSTEMIQ, Kooperationspartner von acatech in der Circular Economy Initiative Deutschland, erläutert: „Mit Zirkularität verstärken sich die wirtschaftlichen und ökologischen Vorteile der Elektromobilität. Für das Ziel, in Deutschland bis 2030 viele Millionen Elektrofahrzeuge im Markt zu haben, ist die Circular Economy entsprechend unabdingbar.“
Wenn Traktionsbatterien in funktionierende Kreisläufe eingebunden werden, versprechen sie eine deutliche Verbesserung der Umweltbilanz, zum Beispiel von bis zu vierzig Prozent reduzierte CO2-Emissionen über die Lebenszeit der Batterien. Gleichzeitig könnten mit diesen Maßnahmen bis zu zehn Prozent zusätzliche wichtige Batteriematerialien im Jahr 2030 und bis zu vierzig Prozent bis 2050 bereitgestellt werden. Darüber hinaus würde der Einsatz als Stromspeicher auch die Einspeisung von mehr erneuerbaren Energien ermöglichen und dadurch weiteren Mehrwert generieren. Über den Lebenszyklus der Batterien hinweg wäre es so möglich bis zu zwanzig Prozent der Nettokosten zu senken – dies könnte laut den Autorinnen und Autoren des Berichts zum Durchbruch der Elektromobilität beitragen.
Ein gemeinsames Zielbild für den Kreislauf von Traktionsbatterien
Co-Leiter der Arbeitsgruppe „Traktionsbatterien“ Arno Kwade von der TU Braunschweig erläutert: „Damit die Transformation hin zu einer klimafreundlichen, ressourcenentkoppelten Circular Economy für Batterien gelingt, muss kurzfristig gehandelt werden. Unser Zielbild beschreibt daher entlang der fünf Dimensionen Regulatorik, Stoffströme, technische Entwicklung, Wertschöpfungsnetzwerke und innerbetriebliche Umsetzung, wie eine deutsche Circular Economy für Batterien im Jahr 2030 aussehen könnte.“
Neben produktivitätssteigernden Maßnahmen während des Batterielebens umfasst das Zielbild der Autorinnen und Autoren des Berichts: das vollständige Einsammeln von Altbatterien, eine längere Lebenszeit durch Instandsetzung, hochwertiges Recycling und gegebenenfalls „Second Life“ in anderen Produkten. Der umfassende Einsatz digitaler Technologien wie Batteriepässe, Industrial Internet of Things und automatisierter Fertigungs- und Zerlegungstechnologien ermöglicht diese Transformation von derzeitiger zirkulärer Abfallwirtschaft hin zu produktiver Kreislaufwirtschaft.
In den kommenden drei Jahren gelte es dafür zunächst die Grundlagen zu legen, um über fundiertes Wissen, Modelle und Kennzahlensysteme relevante Entscheidungen zu treffen und Investitionen vorzubereiten. Zudem müssten Wissenschaft und Wirtschaft die Entwicklung der nächsten Generation von Traktionsbatterien und ihrer Ökosysteme „Circular Economy-kompatibel“ ausrichten. Die Bildung und Ausbildung der nächsten Generation von Fachkräften und Entscheiderinnen und Entscheidern müssten Hochschulen und Unternehmen jetzt beginnen.
Mittelfristig, so die Autorinnen und Autoren, müssen Politik und Wirtschaft transparente Strukturen schaffen, die dem rasch ansteigenden Markt von End-of-Live-Traktionsbatterien, also dem Ende des ersten Produktlebens der Batterien, entsprechend robust sind für die kommerzielle, EU-weite Skalierung. Wissenschaft und Wirtschaft müssten spätestens jetzt technische, insbesondere digitale, Möglichkeiten für die Circular Economy schaffen, zum Beispiel Digitale Produktpässe und Digitale Zwillinge. Auch gilt es, Investitionen zu unterstützen. Damit ebneten sie den Weg für zirkuläre Geschäftsmodelle.
Bis 2030 könne hierauf aufbauend der Durchbruch zur Circular Economy geschehen: Da spätestens zu diesem Zeitpunkt Traktionsbatterien in großer Stückzahl das Ende ihrer Lebensdauer erreichen, bedürfe es robuster, skalierter und effizienter Circular Economy-Systeme. Batterien würden eingesammelt, demontiert und effizient recycelt. Maßnahmen rund um die Mehrfachnutzung von Fahrzeugbatterien in ihrem ersten Leben im Fahrzeug wie eine smarte Netzintegration, müssten spätestens jetzt greifen, um die (Lade-) Infrastruktur kosteneffizient bereitstellen zu können und weitere positive Kosten- und Klima-effekte in den Energiesystemen realisieren zu können. Wenn Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in dieser Phase auch die systemischen Potenziale der Circular Economy für Traktionsbatterien berücksichtigt und eine transparente Regulatorik geschaffen haben, schließt das Autorenteam, sind wichtige Schritte hin zur Circular Economy in Deutschland getan.
Thomas Weber, acatech Vizepräsident und Co-Vorsitzender der Circular Economy Initiative Deutschland, resümiert: „Am Beispiel von Batterien für die Elektromobilität zeigt sich, dass die Prinzipien der Circular Economy zu einem nachhaltigen europäischen Wirtschaftssystem beitragen können. Jetzt gilt es, diese Prinzipien auf verschiedene Anwendungsfelder zu übertragen und sie in der Praxis breit zu verankern. Denn: Wir brauchen eine Circular Economy, wenn wir unsere Klima- und Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen – in Deutschland aber auch EU-weit, nicht zuletzt mit Blick auf den European Green Deal.“
Über die Arbeitsgruppe „Traktionsbatterien“ der Circular Economy Initiative Deutschland
Die 21 Mitgliedsorganisationen aus Industrie, Wissenschaft und Zivilgesellschaft der Arbeitsgruppe Traktionsbatterien der Circular Economy Initiative Deutschland haben in ihrem Bericht „Ressourcenschonende Batteriekreisläufe – mit Circular Economy die Elektromobilität antreiben“ ein gemeinsames Zielbild 2030 für eine Circular Economy für Traktionsbatterien entwickelt. Es entstand dabei das Bild eines attraktiven Wachstumssektors „Batterie-Lebenszyklusmanagement“ mit Potenzial für Unternehmen, Start-ups und Beschäftigte sowie kritische Impulse für die Energie- und Mobilitätswende. Um dieses Bild Realität werden zu lassen, legt die Arbeitsgruppe in ihrem Bericht eine Roadmap und drei themenspezifische Detailbetrachtungen vor. Diese beleuchten Datenbedarfe, analytische Entscheidungsmodelle sowie Demontagenetzwerke für zirkuläres Management von Traktionsbatterien in Europa.
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