Abgelehnt wurden hingegen zwei Anträge von Bündnis 90/Die Grünen: Der erste trägt den Titel „Strategie gegen Plastikmüll jetzt umsetzen“, der zweite „Ressourcen schonen, Vernichtung von Waren stoppen“. In beiden Fällen stimmten die Grünen und die Linksfraktion für die Anträge, während die übrigen Fraktionen sie ablehnten. Der Umweltausschuss hatte zu den Abstimmungen über den Gesetzentwurf, den er geändert hatte, und den zweiten Grünen-Antrag Beschlussempfehlungen vorgelegt. Auch zur Ablehnung des Antrags gegen Plastikmüll lag eine Empfehlung des Umweltausschusses vor.
Zur weiteren Beratung in den federführenden Umweltausschuss überwiesen wurde ein Antrag der FDP mit dem Titel „Folgeabschätzung für die SCIP-Datenbank“.
Obhutspflicht für Produktverantwortliche
Mit der Annahme des Regierungsentwurfs werden das Kreislaufwirtschaftsgesetz sowie das Elektro- und Elektronikgerätegesetz geändert, um die Vorgaben des EU-Legislativpakets zur Kreislaufwirtschaft umzusetzen. Zudem werden Verordnungsermächtigungen erlassen, um die Einwegkunststoff-Richtlinie der EU umzusetzen. Darüber hinaus werde mit dem Entwurf „eine weitere ökologische Fortentwicklung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes angestrebt“, schreibt die Bundesregierung.
Eingeführt wird dazu unter anderem eine Obhutspflicht für Produktverantwortliche, die künftig dafür sorgen soll, dass retournierte Waren nicht mehr aus wirtschaftlichen Gründen vernichtet werden dürfen.
Das am 4. Juli 2018 in Kraft getretene Legislativpaket umfasst den Angaben zufolge Änderungen der Abfallrahmenrichtlinie, der Verpackungsrichtlinie, der Elektroaltgeräterichtlinie, der Batterierichtlinie, der Altfahrzeugrichtlinie und der Deponierichtlinie. Teile des Paketes sollen laut Bundesregierung in separaten Verordnungsvorhaben umgesetzt werden. Als wesentliche Änderungen nennt die Bundesregierung die intensivere Vermeidung und Verwertung von Abfällen. Beispielsweise werden demnach Recycling-Quoten erhöht und fortgeschrieben, die Pflicht zur Getrenntsammlung gestärkt und die im Kreislaufwirtschaftsgesetz normierte Produktverantwortung erweitert.
Als „flankierende nationale Regelungen in der Zielrichtung der Abfallrahmenrichtlinie“ führt das Gesetz unter anderem „Neuerungen bei der Beschaffung der öffentlichen Hand und die Erweiterung der Produktverantwortung in Richtung einer Obhutspflicht“ an. Die Obhutspflicht soll laut Bundesregierung dafür sorgen, „dass die Gebrauchstauglichkeit der Erzeugnisse erhalten bleibt und diese nicht zu Abfall werden“. Diese Regelung sei „ohne Vorbild in den bestehenden unionsrechtlichen und nationalen Regelungen zur Produktverantwortung“ und diene dazu, die Vernichtung retournierter Waren zu verhindern. Sie soll durch Verordnungen konkretisiert werden. Änderungen sind zudem bei der freiwilligen Rücknahme von Produkten durch die Hersteller vorgesehen, die „im Lichte der aktuellen Rechtsprechung neu geregelt“ werde.
Stellungnahme des Bundesrates
Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme zahlreiche Änderungen vorgeschlagen. Kritisch sah die Länderkammer, dass nicht geplant sei, von den Verordnungsermächtigungen Gebrauch zu machen, um die Obhutspflicht zu konkretisieren. „Die konkrete Umsetzung der in der Abfallrahmenrichtlinie normierten erweiterten Herstellerverantwortung wird damit in naher Zukunft nicht erreicht werden können“, heißt es in der Stellungnahme.
In ihrer Gegenäußerung betonte die Bundesregierung, sie strebe ein „umsichtiges Vorgehen“ zur Umsetzung der Verordnungsermächtigun an. Mit der geplanten Norm, die nicht von der EU vorgegeben sei, werde „rechtliches Neuland“ betreten. Als rein nationales Instrument würde die Pflicht zudem nur deutsche Unternehmen treffen. „Die Ausgestaltung der Obhutspflicht muss daher – auch mit Blick auf die gegenwärtige Corona-Krise, die vor allem auch den Handel trifft – mit Augenmaß erfolgen.“
Entschließungen verabschiedet
Der Bundestag verabschiedete darüber hinaus zwei Entschließungen. In der ersten wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, die Transparenzverordnung so zu gestalten, dass eine gute Balance gefunden wird zwischen der Belastung von Unternehmen durch zusätzliche Berichtspflichten und einer angemessenen Information über Ausmaß und Gründe der Vernichtung von Waren. Auch soll mit angemessenen Schwellenwerten dafür gesorgt werden, dass kleine Unternehmen von der Transparenzpflicht ausgenommen werden und die Berichtspflichten so gestaltet werden, dass Unternehmen in erster Linie auf bereits vorhandene Daten zurückgreifen können. Die Koalitionsfraktionen und die FDP stimmten dieser Entschließung zu, die Grünen votierten dagegen, die AfD und die Linksfraktion enthielten sich.
In der zweiten Entschließung wird die Regierung aufgefordert zu evaluieren, welche Hemmnisse für den verstärkten Einsatz von Rezyklaten in unterschiedlichen Bereichen bestehen. Auch soll sie prüfen, welche Instrumente zur Stärkung des Rezyklateinsatzes bei der Herstellung von Produkten zur Verfügung stehen und sinnvoll angewendet werden können. Geprüft werden soll auch, für welche Produkte und Produktgruppen der Einsatz von Rezyklaten verbessert werden kann. Dieser Entschließung stimmten die Koalitionsfraktionen und die AfD zu, während die Grünen dagegen stimmen und die FDP und die Linksfraktion sich enthielten.
Überwiesener Antrag der FDP
Die FDP fordert die Bundesregierung in ihrem neuen Antrag unter anderem auf, die Formulierung aus der Abfallrahmenrichtlinie eins zu eins ins Kreislaufwirtschaftsgesetz zu übernehmen. Die jetzt im Kreislaufwirtschaftsgesetz vorgesehene Formulierung gehe über eine Eins-zu-eins-Umsetzung der EU-Abfallrahmenrichtlinie hinaus. Sie sieht vor, dass die Daten nicht nur an die Europäische Chemikalienagentur übermittelt, sondern durch die Lieferanten von diesen Erzeugnissen eigenständig in die sogenannte SCIP-Datenbank eingetragen werden. Dadurch entstehe eine Wettbewerbsverzerrung zum Nachteil der deutschen Wirtschaft durch einen massiven Bürokratieaufwand. Die Fraktion empfiehlt daher zu klären, ob dieser Aufwand gerechtfertigt ist und einen effektiven Beitrag zur Kreislaufwirtschaft leistet.
Zudem solle geprüft werden, ob eine Umsetzung im Chemikaliengesetz möglich und sinnvoller ist.
Grüne forderten Maßnahmen gegen Plastikmüll
Mit einem verbindlichen Abfallvermeidungsziel, einer Abgabe auf Wegwerfprodukte, einer Verschärfung der Pfandregelungen und der deutschlandweiten Einführung einer Wertstofftonne wollten die Grünen gegen Plastikmüll vorgehen. „Die Verschmutzung der Natur mit Plastik und Mikroplastik hat ein dramatisches Ausmaß angenommen und ist eine größten globalen Umweltkrisen“, begründete die Fraktion ihren Vorstoß. Es bestehe riesiger Handlungsbedarf, da Deutschland europaweit „das Schlusslicht bei der Vermeidung von Verpackungsmüll“ sei, heißt es im ersten abgelehnten Antrag der Fraktion.
Konkret schlugen die Abgeordneten vor, ein Abfallvermeidungsziel für Verpackungsmüll von 110 Kilogramm pro Kopf der Bevölkerung bis 2030 festzuschreiben. Dazu sollten Plastikverpackungen nur mit 18 Kilogramm pro Kopf beitragen dürfen. Zudem wollten die Grünen Einweggetränkeverpackungen verdrängen: Im Verpackungsgesetz sollte laut Antrag eine verbindliche Mehrwegquote von 80 Prozent bis 2025 festgehalten werden. Pfand-Ausnahmen bei Einwegverpackungen sollten gestrichen werden.
Außerdem wollten die Grünen die Wertstoffsammlung neu organisieren. Sie sollte in kommunale Verantwortung übergehen. Verpackungen und stoffgleiche Nichtverpackungen sollen gemeinsam in einer Wertstofftonne gesammelt werden. Mit Blick auf die EU-Ebene forderten die Grünen weiterhin, die Vorgaben der Einwegplastik-Richtlinie unverzüglich umzusetzen und eine Abgabe auf jene Wegwerfprodukte (zum Beispiel Plastiktüten, Coffee-to-go-Becher) einzuführen, die von der Richtlinie nicht erfasst werden. Zudem sollte Mikroplastik nach dem Willen der Fraktion verboten werden.
Grüne: Vernichtung von Waren verhindern
Die Vernichtung von Waren muss nach Ansicht Grünen gestoppt werden, wie es in ihrem zweiten abgelehnten Antrag heißt. In Deutschland habe die Vernichtung neuwertiger, unverkaufter Ware ein dramatisches Ausmaß angenommen. Mindestens 230 Millionen neuwertige, nicht verkaufte Bekleidungsstücke landeten pro Jahr im Schredder oder würden verbrannt. Die Ausbeutung und Übernutzung natürlicher Ressourcen sowie die Zerstörung der Umwelt seien Folgen dieses Konsumstils. Die Abgeordneten forderten, durch verbindliche Design-Vorgaben für Langlebigkeit, Reparierbarkeit oder Recyclingfähigkeit von Produkten in der Ökodesignrichtlinie oder dem Elektrogesetz sicherzustellen, dass die Abfallhierarchie des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eingehalten wird. Auch die Abfallvermeidung, Wiederverwendung und das Recycling von Produkten sollten gestärkt werden.
Weiter müsse eine „unmittelbar wirksame und sanktionsbewährte Obhutspflicht für gebrauchsfähige Produkte“ im Kreislaufwirtschaftsgesetz geschaffen werden. Dadurch dürften Produkte, die wiederverwendet, repariert oder hochwertig recycelt, aber nicht vernichtet werden können. Durch eine „einfache und rechtssichere Gesetzesanwendung bei der Bewertung von Sachspenden“ könnten nach Ansicht der Grünen zudem Anreize geschaffen werden, Waren, die nicht mehr verkauft werden können, an gemeinnützige Organisationen zu spenden, statt diese zu vernichten.