Rohstoffpreise: Kommen Herbstturbulenzen?

Die Weltrohstoffpreise zogen im August 2020 auf Dollarbasis zum Vormonat um gut 7 % an, was sich auch quer über alle Warengruppen zeigt.

Infolge der Abwertung des US-Dollar zum Euro betrug der Anstieg in Inlandswährung nur 3,8 %. Die Deutsche Industriebank (IKB) erwartet bis zum Jahresende 2020 eine Bewegung des Wechselkurses um die Marke von 1,17 US-$/€.

Stahlpreise

Die Weltrohstahlproduktion sank bis Ende Juli 2020 um 5,3 %. Für das Gesamtjahr sieht die IKB jedoch einen geringeren Rückgang. Chinas Stahlausstoß lag um knapp 3 % über dem Vorjahreswert: Das Land dürfte 2020 erstmals über 1 Mrd. t Rohstahl erzeugen. Das Produktionsniveau in Europa und Nordamerika brach dagegen um 19 % ein. In der Türkei fiel der Produktionsausstoß nur um 2,4 %. In Deutschland erwartet die IKB im Gesamtjahr eine Tonnage von max. 38 Mio. t. Das Produktionsniveau im Inland dürfte aber in der zweiten Jahreshälfte noch leicht anziehen. Bei der gesamten Prognose geht die IKB weltweit nicht von einem zweiten Shutdown infolge der Corona-Pandemie aus. Unsicherheiten sieht sie derzeit vor allem für Spanien, Frankreich und die Türkei. Es besteht weiterhin Handlungsbedarf im Sinne von Safeguard-Maßnahmen.

Im Verlauf des August 2020 zogen die Schrottpreise durchschnittlich um 10 bis 12 €/t gegenüber dem Vormonatsniveau an. Bei etlichen Stahlwerken erfolgte gegen Ende der Sommerferien eine Auffüllung der Vorräte, zumal auch die Orderbücher der Stahlkocher wieder etwas besser gefüllt waren. Allerdings ist das Aufkommen bei den meisten Schrottsorten – vor allem auch bei Neuschrotten aus der Automobilindustrie – infolge von Kurzarbeit oder nicht voll hochgefahrener Produktion gering. Zudem stützten die Exporte in die Türkei das Preisniveau. Die Eisenerz-Spotpreise zogen im August weiter an. Sie bewegten sich zuletzt bei fast 125 US-$/t. Die IKB erwartet in den nächsten beiden Monaten weitere Preisaufschläge für Schrott von bis zu 20 €/t. Impulse dürften aus dem Export kommen.

Die weiter gestiegenen Spotmarktpreise für Eisenerz frei China liegen rund 45 % über dem Niveau vom Jahresanfang und dürften deshalb zu anziehenden Kontraktpreisen führen. Dies erhöht den Margendruck auf die Stahlpreise. Die europäischen Stahlpreise entwickelten sich weiter unterschiedlich: Die Preise für Warmbreitband zogen im Durchschnitt um fast 20 €/t an, wobei der Sprung ab Monatsmitte erfolgte. Gegenüber Ende Juli 2020 betrug der Anstieg 40 €/t. Verzinkte Bleche erhöhten sich trotz kräftig anziehendem Zinkpreis im Mittel nur um 2 %. Auch Walzdraht verteuerte sich nur um ca. 10 €/t. Bei den europäischen Stahlpreisen erwartet die IKB ein weiteres Anziehen im vierten Quartal 2020 von nochmals 20 bis 25 €/t. Allerdings geht die IKB davon aus, dass südeuropäische Lieferanten versuchen, ihre Lieferungen nach Deutschland auszuweiten. Aufgrund der Produktionsentwicklung in Asien dürfen die von der EU ergriffenen Schutzmaßnahmen nicht gelockert werden.

Aluminiumpreise

Die weltweite Primäraluminiumproduktion lag bis Ende Juli 2020 um 1,2 % über dem Vorjahresniveau. Die IKB erwartet im Gesamtjahr 2020 eine leicht höhere Erzeugung von bis zu 65 Mio. t sowie 11 Mio. t Recyclingaluminium. China überschreitet derzeit das Niveau seiner Vorjahresproduktion um knapp 2 %, in der Golfregion erfolgte ein Anstieg um 6,6 %. In Europa insgesamt war eine leicht geringere Produktion zu beobachten. In Nordamerika zog die Erzeugung trotz Coronakrise etwas an, während sich der seit Jahren rückläufige Trend in Lateinamerika weiter fortsetzte. Die Aussichten für den Aluminiumeinsatz in den Abnehmerbereichen sind positiv: Der Trend zum Leichtbau – nicht nur in der im laufenden Jahr schrumpfenden Automobilindustrie – sichert einen zukünftigen Absatzanstieg.

Die Lagerbestände von Primäraluminium an der LME haben sich auf 1,55 Mio. t zurückgebildet: An der SHFE erhöhten sich die Vorräte leicht auf 251.000 t. In den Lagern der Comex befinden sich dagegen nur 49.000 t. Damit ist eine sehr gute Versorgung gegeben. Die LME-Bestände an Recyclinglegierungen machen lediglich 6.100 t aus. Die Vorräte entsprechen dem Gesamtverbrauch (Primär- und Recyclingaluminium) von rund 8,5 Tagen. Mittelfristig dürfte vor allem in China, aber auch in anderen Regionen, der Aufbau weiterer Kapazitäten für Recyclingaluminium zur langfristigen Versorgungssicherheit erfolgen. Bis zum Jahresende 2020 dürfte sich der Lagerabbau bei Primäraluminium weiter abgeschwächt fortsetzen.

Die Entwicklung der Primäraluminiumpreise war im bisherigen Jahresverlauf 2020 erheblich von den Produktionsstillständen bei Recyclingaluminium im Zuge der Covid-19-Pandemie bestimmt. Teilweise wurde Recyclingaluminium durch Primäraluminium geprägt. Unverändert belasteten geopolitischen Sorgen (Brexit, Handelskrieg China/ USA). Im Gesamtjahr 2020 zeichnet sich trotz einer wieder stabilen physischen Nachfrage ein kleiner Angebotsüberschuss ab. Die investive Nachfrage reduzierte sich allerdings: Die Zahl der Handelskontrakte sank im Verlauf des Monats August um 15 %. Bis Ende 2020 erwartet die IKB eine Preisbewegung für Primäraluminium um die Marke von 1.800 US-$/t in einem Band von +300 US-$/t. Die Notierung von Recyclingaluminium an der LME dürfte sich dagegen um rund 400 US-$/t unter diesen Werten bewegen. Gegen Jahresende 2020 sieht die IKB tendenziell höhere Notierungen.

Kupferpreise

Die globale Kupferminenproduktion sank aufgrund temporärer Minenschließungen im Zuge des Shutdowns bis Ende Mai 2020 um 2,2 %. Die Kapazitätsauslastung der Kupferminen reduzierte sich um rd. 2 %. Während die Erzeugung in Peru wegen zusätzlicher operativer Probleme in größeren Minen besonders stark sank, konnte sie in Chile, Indonesien und dem Kongo teilweise noch deutlich anziehen. In Indonesien bzw. im Kongo wurden im Vorjahr Minen erweitert bzw. neu erschlossen, Chile erholt sich von den Produktionseinschränkungen im Jahr 2019. Die Raffinadeproduktion zog bei einer 2 % geringeren Kapazitätsauslastung leicht um 0,5 % an, wobei die stark rückläufige Sekundärproduktion aufgrund des geringen Schrottangebots belastete. Der Rückgang beim weltweiten Verbrauch beträgt 2 %. Die Erholung beim Verbrauch führte in China zu einem Anstieg um 3,5 %, konnte aber den Rückgang der Verbräuche in anderen Regionen (USA, EU, Japan) von durchschnittlich 8 % nicht kompensieren.

Die Kupfervorräte an der LME sanken im Laufe des August 2020 um rd. 30 % auf noch 89.350 t. Kompensierend wirkte der Anstieg der Lagerbestände an der SHFE auf rd. 171.000 t und an der Comex auf 85.425 t. Bis Jahresende erwartet die IKB einen weiteren Abbau der Bestände, der vor allem in den asiatischen Lagerhäusern erfolgen dürfte. Ein Großteil der Volumina dient der Absicherung von Finanztransaktionen. Die weltweiten Vorräte reichen für den Bedarf von knapp 6 Tagen. Nach dem Angebotsdefizit von 414.000 t im Jahr 2019 erwartet die IKB auch für das Gesamtjahr 2020 ein leichtes Angebotsdefizit. Zwar war im ersten Quartal 2020 ein deutlicher Angebotsüberschuss im globalen Kupfermarkt von 130.000 t aufgelaufen, dieser wurde aber schon in den Monaten April und Mai komplett abgebaut.

Der Kupferpreis zog im Verlauf des August 2020 um rund 280 US-$/t an. Für den weiteren Jahresverlauf erwartet die IKB eine steigende Nachfrage insbesondere aus der Automobil- und Elektroindustrie. Die angestrebte Energiewende in Europa als mittelfristiger Treiber der Nachfrage hat in den vergangenen Monaten weitere politische Unterstützung erhalten. Die nachfragesteigernden Trends der Automobilindustrie zur E-Mobility und einem vermehrten Elektronikeinsatz im Pkw sind ebenfalls ungebrochen. Preissteigernd wirkte sich im August 2020 die Entwicklung der investiven Nachfrage aus: Die Zahl der Handelskontrakte stieg um rund 11 %. Bis Ende 2020 erwartet die IKB ein Preisniveau von 6.700 US-$/t mit einer Bewegung in einem Band von +500 US-$/t um diese Marke.

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