Sachverständigenrat: Noch keine Kreislaufwirtschaft

Der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) veröffentlicht heute sein Umweltgutachten „Für eine entschlossene Umweltpolitik in Deutschland und Europa“.
Thorben Wengert, pixelio.de
Thorben Wengert, pixelio.de

Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie würden Klimawandel und Biodiversitätsverlust aktuell an Aufmerksam­keit verlieren. Die langfristige Bedrohung der ökologischen Lebensgrundlagen bleibe aber bestehen. Die aktuelle Krise zeige zudem eine ungeahnte Verletzlichkeit unseres Lebens und Wirtschaftens auf. So unterschiedlich die beiden Krisen seien, gemeinsam sei ihnen, dass sie nur durch gemeinsames und entschlossenes Handeln überwunden werden können. Die jetzt notwendige Wiederbelebung der Wirtschaft sollte genutzt werden, neue Wege zu gehen. „Großangelegte Konjunkturprogramme müssen ökologisch zukunftsfähig sein“, sagt die SRU-Vorsitzende Prof. Claudia Hornberg. „Es sollte in Lösungen investiert werden, die die umweltverträgliche Entwicklung der Wirtschaft fördern.“ Die Bundesregierung sollte sich dafür stark machen, dass auch die EU-Konjunkturprogramme darauf ausgerichtet sind, den European Green Deal zu verwirklichen.
 
Für Deutschland wie für die EU gelte: Die Politik muss unter Beweis stellen, dass sie angesichts der enormen ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen handlungsfähig ist. „Die EU steht mit Blick auf die planetaren Grenzen gerade im Klimaschutz vor großen Herausforderungen. Daher muss die Umweltpolitik im Rahmen des European Green Deal sichtbarer Bestandteil der europäischen Wirtschafts-, Verkehrs- und Agrarpolitik sein. Zugleich müssen für Umsetzung und Monitoring verbindliche Vorgaben gemacht werden“, hebt Prof. Christian Calliess hervor. Auch bislang nicht ökologisch ausgerichtete Wirtschaftsbereiche wie die Landwirtschaft und der Verkehr müssten jetzt Umwelt- und Klimaschutz in den Vordergrund stellen. Der SRU schlägt deshalb in verschiedenen Schlüsselbereichen Veränderungen vor.
 
Um den Klimawandel zu bremsen, sei es unerlässlich, die Gesamtmenge an CO2 zu begrenzen, die noch ausgestoßen wird. Diese entscheidet maßgeblich über das Ausmaß der Erwärmung. Der SRU empfiehlt der Bundesregierung deshalb, ihre Klimapolitik an einem langfristigen CO2-Budget auszurichten, das im Einklang mit den Temperaturzielen von Paris steht. Prof. Wolfgang Lucht erläutert: „Ein ausreichendes, faires und angemessenes deutsches CO2-Budget beträgt maximal 6,7 Milliarden Tonnen CO2 ab 2020. Bei linearer Reduktion muss Deutschland schon 2038 CO2-neutral sein, nicht erst 2050.“ Entschlossene Klimaschutzmaßnahmen sind daher dringend erforderlich.

Seit Jahren würden wir davon sprechen, auf dem Weg zur Kreislaufwirtschaft zu sein. Die Zahlen zeigten aber: Deutschland nutzt nach wie vor zu viele Rohstoffe und verursacht damit gravierende Umweltbelastungen. „Stoffströme müssen verringert und es muss eine konsequente Produktpolitik implementiert werden, damit mehr Rohstoffe im Kreislauf geführt werden können“, stellt Prof. Vera Susanne Rotter heraus. „Es ist wichtig, dass Produkte langlebig, reparaturfreundlich, recyclinggerecht und schadstofffrei sind.“ Der SRU empfiehlt, die Abfallhierarchie zu einer Kreislaufwirtschaftshierarchie weiterzuentwickeln, um diese Aspekte zu verankern. Konkret sollte z. B. die Ökodesign-Richtlinie auf weitere Produktgruppen ausgedehnt werden. Recycling ist nicht nur an Quoten, sondern auch an seiner Qualität zu messen.
  
Der wirtschaftliche Neustart nach der Corona-Pandemie sollte dazu genutzt werden, die Weichen in Richtung ökologischer Transformation zu stellen. Die enormen Mittel, die für die konjunkturelle Wiederbelebung eingesetzt werden, müssen konsequent an den Zielen der Klimaneutralität und des Umweltschutzes ausgerichtet werden.

1 KOMMENTAR

  1. Zur Schonung von globalen Resourcen ist es erforderlich, dass büroktatische Hindernisse, die eine funktionierende Kreislaufwirtschaft behindern, abgebaut werden:
    Zum einen muss, insbesondere bei Kunststoffen neben der stofflichen Wiederverwertung auch, insbesondere von Mischkunststoffen, auch eine Zurückführung zum Ausgangsrohstoff als Recyclingverfahren zugelassen werden (ÖMV macht aus 100Kg Abfallplastic 80 l Rogöl)
    Ausserdem muss die Verhinderung von Reparaturen von Geräten und der Einbau von lebensdauerverkürzenden Bauelementen veboten werden. Verschleißteile müssen mit minimalem Aufwand getauscht werden können. Neben dem Kaufpreis muss auch der Preis der Verschleissteile und deren Tausch während der geplanten, ausgewiesenen Lebensdauer genannt werden.
    Die Mehrwertsteuer für in Zahlung genommene Gebrauchtgeräte muss, wie dies bei Automobilen der Fall ist, als Differenzbesteuerung gehandhabt werden.

Kommentar schreiben

Please enter your comment!
Please enter your name here

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.