Moderiert von Brian Taylor, Senior Editor der Recycling Today Media Group, legten Jean-Luc Petithuguenin (Präsident, Paprec Recyclage, France), Dominique Maguin (Ehrenpräsident, La Compagnie des Matières Premières, Frankreich) und Ranjit Baxi (Ehrenpräsident, J&H Sales International, ihre Sicht zur künftigen Entwicklung des internationalen Altpapiergeschehens dar. Einigkeit bestand in der Haltung: die weltweite Nachfrage nach Altpapier ist demnach ungebrochen hoch und wird weiter wachsen. Rund 200 Millionen Tonnen Altpapier würden jährlich recycelt.
Pro Jahr könne von einem Plus in der Papierproduktion von etwa 2,5 Prozent ausgegangen werden. Dieses Plus resultiere aus dem weltweiten Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstum und betreffe überwiegend Kapazitäten, die Altpapier einsetzen. Ökonomisch und ökologisch sei Altpapier für die Papierindustrie unverzichtbar und alternativlos, so der Präsident der Paper Division, Jean-Luc Petithuguenin.
Mit Blick auf die restriktive Importpolitik Chinas bleibe manches nach wie vor im Ungewissen – zum beispiel, ob China tatsächlich in absehbarer Zeit alle Importe von Verwertungsabfällen stoppen wird. Sowohl die am stärksten betroffene, in China ansässige Papierindustrie, als auch das BIR arbeiteten intensiv darauf hin, dass die chinesische Regierung „nach einer Norm aufbereitete Fasern“ von solchen Restriktionen künftig ausnimmt. „Altpapier war und ist kein Abfall, sondern ein direkt einsetzbarer, qualitativ hochwertig aufbereiteter Rohstoff“, sagte Dominique Maguin. Dem BIR komme bei dieser Überzeugungsarbeit eine Kernrolle zu – schließlich sei es für die chinesischen Unternehmen nicht unproblematisch, gegen ihre eigene politische Agenda zu argumentieren.
Unterstützung dürfte die Überzeugungsarbeit durch die Einschätzung erfahren, dass die politisch forcierte Inlandserfassung von Altpapier in China wohl nicht den erwarteten Mengenertrag liefert. Dies sei auch kaum möglich, da der Löwenanteil der in China produzierten Verpackung in alle Welt gehe.
Die Altpapierbranche ist und bleibt aus Sicht der Diskussionsteilnehmer ein „Beziehung-Business“. Neue Kontakte wurden in den beiden letzten Jahren geknüpft in Staaten wie Malaysia, Indonesien, Vietnam und Indien, die Altpapier aus Europa und den USA aufkaufen und dann in Form von Pulp oder Neupapier nach China liefern. Chinas Papierindustrie selbst baue in diesen Ländern unter Hochdruck neue Produktionskapazitäten auf.
Dass der ein oder andere dieser Staaten nun ebenfalls laut über einen „Bann“ mancher Altpapiere nachdenke, solle nicht zu Verunsicherung führen. Die Altpapieraufbereiter haben gezeigt, so die Panelisten, dass sie die verschärften Qualitätsvorgaben der Papierindustrie erfüllen können – und die Hersteller weltweit benötigen Altpapier.
Ohne Zweifel ist China als einzelner Staat mit seiner bisherigen Jahresproduktion an PPK in Höhe von circa 95 Mio. Tonnen ein Gigant. Die Entwicklung der letzten zwei Jahre zeige aber, dass eine Verlagerung hin zu aus mehreren Staaten bestehenden Produktionsschwerpunkten ein neues Erfolgsmodell werden kann. Neben Asien sei dafür Europa ein Beispiel: Dort entstünden in nächster Zeit über drei Millionen Tonnen neuer Produktionskapazitäten auf Altpapierbasis.
Rückenwind für das Papierrecycling als solches liefern aus Sicht der Diskussionsteilnehmer auch die zunehmend restriktiven politischen Vorgaben für das Plastikrecycling. Immer mehr Produkte aus Plastik würden durch Alternativen aus Papier ersetzt – ein Trend, der gerade erst beginne.
Altpapierrecycling ist eine globale Erfolgsgeschichte mit Zukunft, so das Fazit der Diskussionsteilnehmer. Partielle Hemmnisse wie die der letzten zwei Jahre beeinflussten diesen Trend nicht nachhaltig. „So wie aufgestautes Wasser sich neue Wege sucht und findet, ist es auch mit den Altpapiermengen“, sagte BIR-Präsident Ranjit Baxi im Gespräch mit bvse-Geschäftsführer Thomas Braun nach der Diskussion.