Bei dem jährlichen Branchentreffen in Filderstadt stellte der Stuttgarter Umwelt-Staatssekretär Dr. Andre Baumann den aktuellen Stand der geplanten Rohstoffstrategie des Landes vor. Im Mittelpunkt der Tagung standen in diesem Jahr praxisnahe Themen des Baustoff-Recyclings.
Als Vertreter der Landesregierung erläuterte Staatssekretär Baumann die Leitlinien des Stuttgarter Kabinetts im Bereich Ressourcenschonung in der Bauwirtschaft durch Recycling und nachhaltiges Massenstrommanagement. Ziel der Politik in Baden-Württemberg sei es auf jeden Fall, Ressourcen zu schonen und künftigen Generationen die Möglichkeit zur Nutzung von Rohstoffen weiterhin einzuräumen und nicht einzuschränken. Er zeigte sich optimistisch, dass ein erster Entwurf der noch in Arbeit befindlichen Rohstoffstrategie recht schnell vorliegen werde: „Ich bin sicher, dass die Rohstoffstrategie zukunftsweisende Wege aufzeigen wird“, sagte Baumann. Wichtig sei es, ehrlich Zielkonflikte zu identifizieren und zu benennen, dann aber im demokratischen Diskurs kompromissfähig und kompromisswillig zu sein.
Baumann sprach sich für möglichst weitgehendes und umfangreiches Recycling aus, mahnte aber auch Augenmaß an. Wichtig sei eine ganzheitliche Betrachtung, welche den ökologischen Rucksack des jeweiligen Materials berücksichtige. So sollten rezyklierte Gesteinskörnungen nicht über viele Kilometer transportiert werden, etwa um Gebäude mit R-Beton zu erstellen und diese dann als nachhaltig zu deklarieren. Außerdem dürfe Recycling nicht um jeden Preis stattfinden, Boden- und Grundwasserschutz müssten gewährleistet sein, so wie es die Konzeption der Mantelverordnung auch vorsehe. Um die heutigen Recyclingquoten überhaupt halten zu können, komme der öffentlichen Hand eine wichtige Vorbildfunktion zu, wenn es um produktneutrale Ausschreibungen bei Bauvorhaben gehe. In dieser Hinsicht sehe er noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Baumann appellierte an die entsprechenden Behörden, Offenheit und Mut aufzubringen, bezeichnete die kommunale Eigenverantwortung aber grundsätzlich als hohes Gut.
ISTE-Präsident Peter Röhm hatte zuvor die Verantwortlichen in den Ländern, im Bundesrat und in der Bundesregierung aufgefordert, die vieldiskutierte und nach wie vor umstrittene Mantelverordnung endlich zu beschließen: „Die Zukunft des Massenstrommanagements steht auf dem Prüfstand!“ Ein Scheitern dieses bundesweiten Regelungswerkes würde der Akzeptanz von RC-Baustoffen schaden.
Als Vertreterin des Bundesumweltministeriums informierte Dr. Gila Merschel als zuständige Referentin über den Diskussionsstand der Mantelverordnung. In Länderarbeitsgruppen würden zahlreiche Einwände gegen die von ihrem Ministerium vorgelegte und vom Bundeskabinett im Mai 2017 beschlossene Verordnung nun diskutiert. Es sollten Maßgabenvorschläge der Länder für den Bundesrat vorbereitet werden, wenn das Werk dann wieder in den Bundesrat eingebracht werde. Die Mantelverordnung umfasst insbesondere eine neue Ersatzbaustoffverordnung sowie eine novellierte Bundesbodenschutzverordnung. Ihr Ziel ist es, einen bundeseinheitlichen und rechtsverbindlichen Rahmen für die Verwertung mineralischer Abfälle zu schaffen. Merschel äußerte sich optimistisch, dass dieses Ziel trotz Bedenken und Einwänden zu erreichen sei.
Dr. Bernd Susset erläuterte als Vertreter der Universität Tübingen den enormen Wissensfortschritt im Bereich Boden-, Grundwasser- und Ressourcenschutz und bei der Umweltbeurteilung von mineralischen Abfällen, der in den letzten 15 Jahren in verschiedenen Bundesforschungsprojekten mit einem Forschungsvolumen von über 40 Millionen Euro geschaffen wurde. Er stellte die Frage in den Raum, ob sich Deutschland als innovativer Forschungsstandort einen Rückfall in die neunziger Jahre leisten wolle, wenn der neu geschaffene Stand der Technik durch die Mantelverordnung nicht aufgegriffen werde.
Über die Recyclingfähigkeit CFK-bewehrter Hochleistungsbetone informierte Dr. Hans-Georg Jäckel von der TU Bergakademie Freiberg. Er warnte davor, über die Freude an energiesparenden und innovativen Baustoffen die Frage nach ihrer Rezyklierbarkeit zu unterschätzen. Gerade bei durch Kohlefasern (CF) verstärkten Geweben in Beton seien die heutigen Aufbereitungstechniken noch nicht in der Lage, die Fraktionen unproblematisch zu erfassen und zu trennen. Noch seien die CF-Anteile im Betonbruch sehr gering, der Entsorgungsdruck in Richtung Baustoffindustrie werde aber immer weiter zunehmen. Jäckel warnte dringend davor, Kohlefasern in den mineralische Stoffkreislauf einzubringen.
Der Einsatz von Recyclingbaustoffen im Waldwegebau war Thema von Simon Stäbler von Forst BW (Forstdirektion Tübingen). Er sprach sich für eine kontrollierte Verwendung von qualitätsgesichertem RC-Material aus, wie es die „Qualitätsinitiative der ForstBW“ in ihren Hinweisen für den Staatswald vorsehe. Dazu arbeite man mit dem Qualitätssicherungssystem Recycling-Baustoffe Baden-Württemberg e.V. (QRB) eng zusammen. Stäbler wies darauf hin, dass eine wilde Entsorgung von Bauabfällen zum Waldwegebau mindestens ordnungswidrig, wenn nicht strafbar sei.
Von Seiten der Recyclingunternehmen und als Vorsitzende der Fachgruppe Recycling-Baustoffe und Boden des ISTE sowie aus Sicht der Güteüberwachung betonten Christa Szenkler und QRB-Geschäftsführer Dr. Bernd Susset, dass „schwarze Schafe“ den Ruf der gesamten Branche gefährdeten. Sie verdeutlichten den Unterschied zwischen aufbereitetem QRB-geprüftem RC-Baustoff und unaufbereitetem Bauschutt. ISTE und QRB distanzierten sich sehr deutlich von der wilden Entsorgung des unaufbereiteten Bauschutts im Waldwegebau und bekundeten ihr größtes Interesse daran, nur qualitativ hochwertige Produkte für den Bau von Forstwegen zur Verfügung zu stellen.
Über die Entsorgungspraxis und über künftige Entsorgungsmöglichkeiten bei Bitumengemischen sowie über die Abgrenzung zwischen technischen Bauwerken und Verfüllungen sprachen Robert Zimmermann vom Landesverkehrsministerium und Peter Dihlmann vom Stuttgarter Umweltministerium. Christa Szenkler würdigte den Dialog und den Austausch mit den verschiedenen Fachebenen in der Landesverwaltung. Man habe zusammen bereits viel erreicht, was sowohl der Kreislaufwirtschaft allgemein als auch den einzelnen Unternehmen zugutekomme.