Der Carbonfasermarkt ist ein Wachstumsmarkt. Jährlich nimmt der weltweite Bedarf um etwa 10 % zu. Allein in Fahrzeugen werden knapp 25 % der verbauten Mengen genutzt. Die Recyclingwirtschaft ist sensibilisiert, weil die Carbonfasern praktisch nicht abzutrennen und verwertbar sind: „Die Entsorgungssicherheit ist in Gefahr, hohe Mengen Shredderfraktionen aus Altfahrzeugen können bald nicht mehr entsorgt werden,“ warnte Dr. Klaus Hauschulte, neuer CEO der Scholz Recycling GmbH. Neben Scholz Recycling sind andere Shredderbetreiber wie TSR und Theo Steil davon betroffen und sorgen sich um die zukünftige Entsorgungssicherheit.
Die Recyclingwirtschaft fordert nun die Hersteller auf, beim Ökodesign auch die Entsorgung zu bedenken und erinnert damit die Produzenten, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Im Abfallrecht als auch im Altfahrzeuggesetz sowie zahlreichen anderen Vorgaben ist beim Produktdesign die Recyclingfähigkeit zu berücksichtigen. Die Leichtbaustrategie der Automobilindustrie ist heute stark geprägt durch ein „Multimaterialdesign“. Neben kohlefaserverstärkten Kunststoffen, die in hochbelasteten Strukturbauteilen große Lasten auffangen können, werden auch immer mehr Verbunde, hochfeste Stähle und neue Aluminiumlegierungen eingesetzt. Neue Materialien und Werkstoffe führen zu hoher Komplexität der Produkte und gefährden die existierenden Recyclingwege. Auch wenn Carbonfasern zur Spriteinsparung beim Endprodukt beitragen, führen sie am Ende der Lebensdauer jedoch zu einem immer größeren Druck hin zur Zwischenlagerung. Die vorgegebenen hohen Verwertungsquoten sind dadurch praktisch nicht mehr erreichbar, wenn der Anteil an Fasern höher wird.
Schon länger empfiehlt die ITAD – Interessensgemeinschaft der thermischen Abfallbehandlungsanlagen in Deutschland ihren Mitgliedern, Mono-Carbonfaserfraktionen wegen schlechten Ausbrandverhaltens und Gefahren für die Anlagentechnik nicht anzunehmen. Carsten Spohn, Geschäftsführer der ITAD sagt dazu: „Carbonfaser-Abfälle sind definitiv ungeeignet für die Müllverbrennung, technische Schäden sind möglich, deshalb sollten sie nicht in unsere Anlagen gelangen.“ Prof. Peter Quicker von der RWTH Aachen arbeitet seit einiger Zeit mit seinem Team am Verhalten der Fasern bei thermischen Prozessen und äußert dazu: „Eine vollständige Zerstörung von Carbonfasern ist mit den üblichen Verbrennungsverfahren für Abfälle nicht möglich. Im schlimmsten Fall entstehen sehr kleine Faserbruchstücke, die aufgrund ihrer Geometrie möglicherweise als kanzerogen einzustufen sind.“
Die Recyclingunternehmen haben Interesse an einem Dialog mit den Produzenten, die sich aber bisher bei derartigen Themen verweigert haben. Deshalb ist nun Druck aus Politik und Behörden gefragt. Das Umweltbundesamt hat bereits Forschungsvorhaben zur Carbonfaserproblematik angestoßen und würde sich als Kooperations- und Dialogplattform hervorragend eignen. „Wichtig ist Transparenz der Stoffströme, Entsorgungssicherheit der Shredderfraktionen und regelmäßiger Dialog innerhalb der Lieferkette,“ sagte Dr. Christian Satlow, Vorsitzender des BDSV-Umweltausschusses. Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft fehlen den Verwertern wichtige Informationen zum Verbau komplexer Bauteile und kritischer Schad- sowie Werkstoffe. Gefordert wird die Durchführung gemeinsamer Forschungsvorhaben mit finanzieller Beteiligung der Hersteller. Insgesamt muss es zukünftig mehr Transparenz und Offenheit der Hersteller hinsichtlich Kooperationen mit der Recyclingwirtschaft geben, ansonsten bleiben geschlossene Kreisläufe eine Zukunftsutopie.