Mit den Neuregelungen, die im nächsten Jahr mit dem Inkrafttreten des im ElektroG festgesetzten offenen Anwendungsbereiches (Open Scope) einhergehen, wird sich die Liste der praktischen und administrativen Herausforderungen für die Branche um einige Punkte erweitern, machte der Vorstand der Stiftung ear, Alexander Goldberg, auf dem 16. Elektro(nik)-Altgerätetag des bvse deutlich.
„Am 15.08.2018 treten die durch die EU vorgegebenen finalen Änderungen im novellierten ElektroG in Kraft. Die Umstellung von derzeit noch 10 Kategorien und 32 Gerätearten auf dann 6 Kategorien mit insgesamt 17 Gerätearten mag sich zunächst nach weniger Bürokratie anhören. Leider steckt hier der Teufel aber im Detail“, gab Volljurist Goldberg zu Bedenken.
Mit dem Wirksamwerden der Änderungen im ElektroG 2018 bleiben die Regelungen, dass nur vollständige Elektro(nik)-Endgeräte registrierungspflichtig sind und die bisher geltenden gesetzlichen Ausnahmetatbestände aus § 2 Abs. 2 ElektroG bestehen.
Neu ist, dass künftig zum Beispiel bei Möbeln oder Kleidungsstücken, die elektronische Bestandteile enthalten, im Einzelfall geprüft werden muss, ob diese in den offenen Anwendungsbereich fallen. Dies ist dann der Fall, wenn der elektronische Bestandteil an die Nutzungsdauer des Gesamtproduktes gekoppelt ist, wie beispielsweise beim Badschrank mit beleuchtetem Spiegel, bei dem ein Austausch der Leuchtelemente nicht ohne Zerstörung des Gesamtproduktes möglich ist“, erklärte Goldberg.
Zu Problemen hinsichtlich einer korrekten Kategorie-Einstufung könnte es auch in Bezug auf Bemessungsgrundlagen für das neue Unterscheidungskriterium nach Groß- und Kleingeräten kommen, mutmaßte Goldberg. „Entscheidend für die Bemessung sind die (Korpus)-Produktmaße und nicht etwa die Pack-Maße. Aufsteckbare oder aufklappbare Zusätze dürfen nicht mit in die Berechnung fallen, bei runden Produkten ist deren Durchmesser maßgeblich. Geräte, deren längste Kante das Maß von 50 cm nicht überschreitet, gelten als Kleingeräte. Solche mit einem Kantenmaß über 50 cm sind den Großgeräten zuzuordnen“, machte Goldberg deutlich und verwies hierzu auf Mess- und Zuordnungshilfen auf der ear-Webseite.
„Auch in der interpretationsfähigen Zusatzbeschreibung „Geräte, die Bildschirme mit einer Oberfläche von mehr als 100 cm² enthalten“ in der Kategorie Bildschirme und Monitore steckt viel Problematik“, so Goldberg. Als wichtige Entscheidungshilfe, ob ein Kühlgerät mit Monitor nun als Wärmeüberträger in die Kategorie 1 oder als Bildschirmgerät einzustufen sei, wies Goldberg darauf hin, dass hier immer der Hauptzweck des Gerätes maßgeblich für die Zuordnung sei. Zusätzliche Orientierung für Händler und Sammler gebe ein Entscheidungsbaum auf der ear-Webseite, so Goldberg.
„Aufgrund der geänderten Zusammensetzung der Sammelgruppen sei vornehmlich eine organisatorischen Neuausrichtung an den Übergabestellen, nicht aber ein Abzug oder gar eine komplette Neuausstattung mit Behältern notwendig. Allerdings wird für die separate Erfassung batteriebetriebener Geräte, die dann zukünftig in den Sammelgruppen 2, 4 und 5 anfallen können, jeweils ein Zusatzbehältnis notwendig werden. Künftig werden dann bis zu 10 Transporteinheiten an den Übergabestellen stehen. Probleme zum Start der neuen Sammelgruppen, die erst ab dem 01.12.2018 in Kraft treten, wird es hinsichtlich Leerfahrten nicht geben, versicherte der ear-Vorstand.
Sorge bereitet Goldberg hingegen, dass es auf europäischer Ebene noch auf voraussichtlich lange Zeit keine Harmonisierung von Registrierungen, Meldungen und Melderhythmus geben wird, die das Bereitstellen von Daten im Rahmen der erweiterten Produktverantwortung erleichtern könnte.
Denn um dies zu erreichen, hat die EU-Kommission nach der WEEE2-Richtlinie lediglich die Möglichkeit, sogenannte Durchführungsrechtsakte zu erlassen. Über diese können dann die Mitgliedstaaten zu einer festgelegten Harmonisierung von Registrierungs- und Meldedaten verpflichtet werden. Auf diese Weise kann eine Harmonisierung aber lediglich bei direkter Relation zwischen Hersteller und nationalen Registern erreicht werden. Die gibt es aber nur in 6 EU-Mitgliedsländern. In den übrigen 22 Mitgliedstaaten arbeiten die Hersteller mit Compliance Schemes (Kollektiven Systemen) zusammen. Da hier die Regelungen auf privatrechtlicher Basis getroffen werden, haben die Durchführungsrechtsakte der Kommission keinerlei Wirkung auf die Registrierungs- und Meldeformate.
„In den Gesprächen zur Fortentwicklung einer WEEE3 muss es gelingen, alle Akteure, also auch die Kollektiven Systeme, mit ins Boot zu nehmen, damit eine wirksame Harmonisierung für Hersteller erreicht werden kann“, betonte Goldberg abschließend.