Für die Wirtschaft und öffentliche Verwaltung ist ein Hochsicherheitsgebäude der neuesten Generation zur Vernichtung vertraulicher Dokumente und Datenträger entstanden.
Die größte Altpapier-Sortieranlage der Schweiz ist auch die effizienteste Anlage im Land. „Länge und Breite sind entscheidend“, so Urs Schenker, Präsident Alpabern AG: „Als erste Sortieranlage in der Schweiz mit zwei Nahinfrarot-Sortiermodulen kann die Hightech-Anlage die höchsten Qualitätsanforderungen der Papierindustrie erfüllen.“ Das mechanische Kartonsieb entfernt aus der Haushaltssammelware den Karton, im nachgeschalteten Feinsieb werden die kleinen Störstoffe wie etwa Kunststoffteile ausgeschieden. Die Anlage bewältigt 70.000 Tonnen pro Jahr: 30 Prozent davon ist Karton zur Wiederverwertung, 70 Prozent ist Altpapier, das an Papierfabriken zur Herstellung von Zeitungspapieren geliefert wird. „Die „Recycling-City“ ist technisch so weit fortgeschritten, dass hier im nächsten Jahr auch der Pilotversuch der Stadt Bern zum Aussortieren der farbigen Säcke durchgeführt werden kann“, freut sich Tiefbaudirektorin Ursula Wyss.
Für das Trennen von Papier und Karton hat die Alpabern AG, ein Unternehmen der Barec-Gruppe, in eine automatisch arbeitende Sortieranlage investiert. Lieferantin der Grossanlage war die Hunkeler Systeme AG (Wikon, LU). Im Zentrum der Grossanlage steht eine Sortierstrecke. In einem mehrstufigen Prozess werden die gemischten Fraktionen weitgehend automatisch in die einzelnen Stoffe aufgeteilt. Das Ergebnis ist eine reine Altpapierfaktion, die in der Papierherstellung wiederverwertet werden kann.
Zulieferer der gemischten Fraktionen sind die Stadt Bern und umliegende Gemeinden. Das in der Recycling City angelieferte Material wird mittels Baggerfahrzeugen einem Aufgabebunker mit rund 40 Kubikmeter Fassungsvermögen zugeführt. Über ein Steigband erreicht das Material die Sortierstrecke. Auf der ersten Sortierstufe trennt ein Ballistikseparator den schweren Karton vom leichteren Papier und den übrigen Fremdstoffen. Der grossflächige Karton fällt durch das eigene Gewicht auf ein Austragsband und wird in einer Ballenpresse zu 500 Kilogramm schweren Ballen verdichtet. Die Presse leistet bis zu 60 Ballen pro Stunde.
Die im Papier verbliebenen Fremdstoffe werden in zwei weiteren Stufen aussortiert. Dazu kommt die sogenannte NIR-Spektroskopie (NIR: Near Infra- Red) zur Anwendung. Infrarot-Sensoren senden Energie einer bestimmten Wellenlänge aus. Indem die unterschiedlichen Stoffe in der Mischfraktion das Infrarot-Signal in einer spezifischen Wellenlänge reflektieren, erkennt das System einen bestimmten Stoff und meldet der Steuerung die exakte Position auf dem Transportband. Über Luftdruckdüsen, die über die Breite des Transportbands angeordnet sind, kann der Stoff gezielt aus der Fraktion ausgeschieden werden.
Fremdstoffe, die im Papier verblieben sind, können in einem letzten Sortiervorgang manuell entfernt und über vier Abwurfstellen in sortenreine Fraktionen aufgeteilt. Das Personal arbeitet in einer geschlossenen Kabine mit ergonomischen Abwurfstellen. Am Ende des Sortiervorgangs verlassen rund 12 Tonnen Papier pro Stunde die Sortieranlage. Über ein Transportband werden Lastwagen automatisch befüllt.
Parallel zur großen Sortieranlage trennt die Alpabern AG den Inhalt von verschiedenen Fraktionen in einem manuellen Verfahren. Metall, Glas, Kunststoff und Papier werden vom übrigen Abfall getrennt und sortenrein entsprechenden Mulden zugeteilt. Auf einer Ballenpresse können das Papier oder der Kunststoff zu Ballen mit bis zu einer Tonne Gewicht bei einem Querschnitt von 1.100 mal 1.100 Millimeter verdichtet werden.
Die sichere Vernichtung vertraulicher Dokumente und Datenträger wird für Banken, Versicherungen, Militär- und Zivilbehörden, sowie Industrie- und Handelsunternehmen immer wichtiger. Hierfür wurde in der „Recycling-City“ eine automatische Zerkleinerungs- und Verdichtungsanlage gebaut. Bei einer Leistung von 5.000 Kilogramm pro Stunde zerkleinert sie Papierdokumente und Ordner zu Partikeln mit 30 Millimetern Durchmesser. Die Sicherheitsstandards entsprechen den höchsten Ansprüchen, so Markus Scheck, CEO Datarec AG: „Das neue Hochsicherheitsgebäude für die Vernichtung vertraulicher Unterlagen ist komplett in Beton gebaut, alarmgeschützt und videoaufgezeichnet. Sicherheitsschleusen und Überwachungsgeräte garantieren nahtlose Sicherheit.“
Herz der Zerkleinerungs- und Verdichtungsanlage ist ein leistungsfähiger Vierwellen-Shredder (Bezeichnung: RS 100). Bei einer Leistung von 5000 Kilogramm pro Stunde zerkleinert er Papierdokumente und Ordner zu Partikeln mit 30 Millimetern Durchmesser. Diese Partikelgrösse entspricht der Sicherheitsstufe P3 nach DIN 66399. Im RS100 kann die Partikelgrösse durch den Wechsel der entsprechenden Siebe feiner eingestellt werden und somit wird die Sicherheitsstufe 4 erreicht.
Die Anlage bei der Datarec AG ist in hohem Masse automatisiert. Rollwagen, die das Unternehmen seinen Kunden schweizweit zur Entsorgung vertraulicher Dokumente zur Verfügung stellt, werden über einen Kippmechanismus auf ein Band entleert und die Dokumente dem Shredder zugeführt. Eine Ballenpresse verdichtet die zerkleinerten Dokumente zu Ballen mit bis zu 500 Kilogramm Gewicht, bei einem Ballenquerschnitt von 1000 mal 700 Millimetern. Die Ballen werden über eine Rollbahn ausgestossen und der Altpapierverwertung zugeführt.
Durch die Zerkleinerung der Dokumente entsteht Staub. Die staubhaltige Luft wird über eine Kompaktabsaugung der Hunkeler Systeme AG (HKU) abgesaugt, mittels Filter gereinigt und in den Raum zurückgeführt. Der Staub seinerseits wird für die Verbrennung zu Briketts verpresst.
Die Zerkleinerungs- und Verdichtungsanlage ist in einem abgeschlossenen Raum installiert. Zutrittsberechtigt sind nur autorisierte Personen. Die Rollwagen sind verschlossen und können ausschliesslich innerhalb des Raums geöffnet werden. Lediglich eine schmale Schlitzöffnung, die im Deckel der Rollwagen angebracht ist, ermöglicht es, die Dokumente einzuwerfen. Jeder Wagen ist durch einen Barcode gekennzeichnet. Die darin enthaltenen Informationen dienen der Prozesskontrolle, der Logistik und der Leistungsverrechnung.
Die neue „Recycling-City“ entspricht ganz der politischen Stossrichtung des Kantons Bern. Volkswirtschaftsdirektor Christoph Ammann: „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, wichtigster Cleantech-Standort der Schweiz zu werden.“ Der sparsame Umgang mit Ressourcen und das Wiedereinspeisen von Recyclingmaterial in den Produktionsprozess sei „ein Gebot der Zeit“, betont auch Stadtpräsident Alec von Graffenried. Als grüner Stadtpräsident freue ihn besonders, „dass es sich um ein nachhaltig gebautes Gebäude handelt, das zudem mit über 1.400 Fotovoltaik-Modulen für die eigene Stromerzeugung ausgestattet ist.“