Die Städte und Regionen können bei ihrer Forderung nach ehrgeizigeren Zielen im derzeit überarbeiteten Legislativpaket zur Abfallbewirtschaftung auf die Unterstützung des Europäischen Parlaments zählen. Im Schulterschluss mit dem Umweltausschuss des EP (ENVI) wollen die Kommunen und Regionen die Kreislaufwirtschaft voranbringen und fordern dazu höhere Zielvorgaben für Wiederverwendung und Recycling, die drastische Verringerung der Deponierung von Abfällen und einen umfassende Stärkung der erweiterten Herstellerverantwortung. Das Legislativpaket zur Abfallbewirtschaftung könnte bis 2030 mehr als 180 000 direkte Arbeitsplätze in der Branche schaffen.
In einer hochrangig besetzten Debatte mit dem maltesischen Umweltminister José Herrera und Kestutis Sadauskas, Direktor für Kreislaufwirtschaft bei der Europäischen Kommission, bekräftigte die Fachkommission für Umwelt, Klimawandel und Energie (ENVE) des Europäischen Ausschusses der Regionen (AdR) ihre Standpunkte zur Überarbeitung der Abfallrichtlinien und zur Umsetzung des Aktionsplans zur Kreislaufwirtschaft.
„Kreislaufwirtschaft beinhaltet mehr als nur das Erreichen ambitionierter Abfallwirtschaftsziele. Das Potenzial für mehr Lebensqualität und für die heimische Wirtschaft haben schon viele Städte und Regionen in Europa erkannt. Das sollte die EU stärker unterstützen – insbesondere durch eine zeitige und ambitionierte Umsetzung des EU Aktionsplanes“, forderte so Babette Winter (DE/SPE), Thüringens Staatssekretärin für Kultur und Europa und Berichterstatterin des AdR zum Thema Kreislaufwirtschaft, in einer von ihr moderierten Debatte über erfolgreiche Lösungen in der regionalen Kreislaufwirtschaft und Abfallbewirtschaftung.
Nach dem von der Europäischen Kommission im Juli 2014 vorgelegten Folgenabschätzungsbericht zur Abfallbewirtschaftung könnten in der Branche bis zum Jahr 2030 über 180 000 direkte Arbeitsplätze geschaffen und 443 Mio. Tonnen Treibhausgase eingespart werden. „Die Kommission sollte nicht vor notwendigen Legislativmaßnahmen in den Bereichen der Produktion und des Verbrauches zurückschrecken. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft erfordert langfristiges Engagement und Handeln in einem breiten Spektrum von Politikbereichen in der EU und auf allen Regierungsebenen in den Mitgliedstaaten. Bei der jetzt vorgelegten Mitteilung der EU-KOM zur energetischen Abfallverwertung kommt es darauf an, dass die Abfallhierarchie eingehalten wird – „Waste-to-Energy“ ist besser als Abfalldeponierung, aber wichtiger ist das stoffliche Recycling und dass wir Abfälle vermeiden durch andere Produktionsweisen und Konsumerverhalten“, fügte Frau Winter hinzu.
Nach Aussagen von Maltas Umweltminister José Herrera wird „der maltesische Ratsvorsitz die Behandlung der Legislativvorschläge zur Abfallbewirtschaftung als Priorität vorantreiben. Ziel ist es, die Verhandlungen in erster Lesung mit dem Europäischen Parlament unter unserem Vorsitz aufzunehmen. Für Beiträge der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften zu den Legislativvorschlägen zum Abfallpaket sind wir dankbar. Im Augenblick arbeiten wir mit den Mitgliedstaaten an ausgewogenen Kompromissen zu einigen Hauptfragen wie wichtigen Begriffsbestimmungen, Zielvorgaben und Berechnungsregeln sowie der erweiterten Herstellerverantwortung.“ Die lokalen und regionalen Entscheidungsträger verfolgen den Verhandlungsprozess aufmerksam, da das Europäische Parlament auf seiner Plenartagung am 13.‑16. März über die neuen Legislativvorschläge abstimmen will.
Die Abstimmung im ENVI-Ausschuss des Europäischen Parlaments am 24. Januar ging in die gleiche Richtung wie die vom AdR im Juni 2016 formulierten Empfehlungen, womit die Städte und Regionen ihrem Ziel – einem neuen Rechtsrahmen mit ehrgeizigeren Zielen und zusätzlichen verbindlichen Verpflichtungen – näher gekommen sind.
Domenico Gambacorta (IT/EVP), Präsident der Provinz Avellino und Berichterstatter des AdR für die Stellungnahme zu den Legislativvorschlägen zur Änderung der Abfallrichtlinien, erklärte: „Wir freuen uns, dass die Mitglieder des Europäischen Parlaments unsere Standpunkte zu wichtigen Maßnahmen teilen, z. B. in Bezug auf die Anhebung der Vorgaben für die Wiederverwendung und das Recycling von Siedlungsabfällen von 65 % auf 70 %, die Stärkung der erweiterten Herstellerverantwortung und die schrittweise Einstellung der Deponierung. Wir bekräftigen unsere Forderung nach spezifischen Zielvorgaben für Bau- und Abbruchabfälle bis 2025 bzw. 2030 sowie nach gesonderten verbindlichen Zielen für bestimmte Abfallströme, insbesondere für Möbel, Textilien und Elektro- und Elektronik-Altgeräte (EEAG).“
Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit wichtigen europäischen Verbänden in diesem Bereich (ACR+, RGRE, Europäischer Verband der kommunalen Entsorgungswirtschaft und Eurocities) organisiert.