Zwei aktuelle Themen, die nicht nur die heimische, sondern auch die internationale Entsorgungswirtschaft betreffen, standen vergangene Woche im Mittelpunkt der Jahrestagung des Verbandes Österreichischer Entsorgungsbetriebe (VÖEB).
Zum einen wurden die Veränderungen an den globalen Rohstoffmärkten und die damit einhergehenden Herausforderungen für die Branche in Bezug auf Produktion, Pricing und Vermarktung von Sekundärrohstoffen intensiv diskutiert. Zum anderen standen die Auswirkungen des ambitionierten Kreislaufwirtschaftspakets, das die Europäische Union bald verabschieden möchte, im Mittelpunkt einer hochkarätigen Expertenrunde. Recycling- und Wiederverwertungsquoten sowie eine Begrenzung der Deponierung im EU-weiten Raum sollen damit geregelt werden. Seit Jahren befindet sich die Entsorgungswirtschaft in einem bedeutenden ökologischen und gesellschaftlichen Wandel, der sich von der Abfallwirtschaft hin zum innovativen Ressourcenmanagement entwickelt.
Mit dem „EU-Kreislaufwirtschaftspaket“, das u.a. die Reduktion von Deponierungen und die Erhöhung von Recyclingquoten vorsieht, macht auch die EU ihr Anliegen einheitliche Standards entwickeln zu wollen, deutlich. „Als Kooperationspartner der Industrie, der seine Verantwortung gegenüber Gesellschaft und Umwelt wahrnimmt, ist es unser Ziel als VÖEB, gemeinsam Ressourcen zu schonen, und qualitätsvolle Sekundärrohstoffe in den Kreislauf rückzuführen. Notwendig sind natürlich entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen, an denen der VÖEB als Vertreter der privaten Entsorgungswirtschaft sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene mitwirkt“ , erläuterte VÖEB-Präsident Hans Roth seine Position.
Die beiden EU-Parlamentarier Elisabeth Köstinger und Eugen Freund stimmten in diesen Tenor ein. Als genaue Beobachterin der politischen Entwicklungen in der EU, erläuterte Elisabeth Köstinger den Zuhörern die unterschiedlichen Standpunkte der EU-Mitgliedsstaaten zum Kreislaufwirtschaftspaket. „Das Kreislaufwirtschaftspaket der EU ist eine Chance, die wir umsetzen müssen. Wesentlich ist, dass wir unser lineares Denken zu einem Verständnis von Kreisläufen umorientieren. Österreich wird zu Recht im Bereich der Entsorgung als Best-Practice-Beispiel präsentiert.“ Zur Sicht der Industrie aber auch der Bürger auf EU-Entscheidungen räumte der EU-Abgeordnete Freund ein, dass „Entscheidungsprozesse zu langsam und zu wenig fortschrittlich von statten gehen. Eine einheitliche europäische Lösung kann nur dann von einer gemeinsamen Basis getragen werden, wenn das Kreislaufwirtschaftspaket nicht als rein ökologische, sondern als gesamt ökonomische Herausforderung begriffen wird.“
Auch die beiden Nationalratsabgeordneten Christiane Brunner (GRÜNE) und Johann Höfinger (ÖVP) stimmten überein, dass das offensive Engagement nicht nur zu einer Branchenstabilisierung beiträgt, sondern auch Arbeitsplätze schafft – bis zu 180.000 neue Jobs könnten geschaffen werden, ergänzte Roth. „Wenn wir in Österreich vorangehen, werden wir davon auch profitieren“ , zeigte sich Brunner überzeugt, die mit dem Abkommen der Klimakonferenz 2015 in Paris ein neu beginnendes Zeitalter konstatierte. Höfinger unterstrich zum einen die Wettbewerbsgleichheit, die für eine erfolgreiche Umsetzung des EU-Kreislaufwirtschaftspakets die Basis ist und wies zum anderen darauf hin, „dass die Bewusstseinsbildung bei der Bevölkerung in der Schule beginnt. Dort werden die Grundsteine für umweltbewusstes Verhalten und für eine ressourcen- und energieschonende Lebensweise gelegt.“
Helmut Mödlhammer, Präsident des Gemeindebundes, machte als Befürworter des Bestbieterprinzips und der Umsetzung der EU-Gesetzgebung in Österreich, klar, dass eine erfolgreiche Abfallwirtschaft nur in Kooperation mit der Bevölkerung und den Kommunen umgesetzt werden kann. „Wir brauchen eine funktionierende Verwaltung, die sich nicht zu Tode verwaltet und kontrolliert, daher muss die Gesetzgebung eine praktikable Grundlage für die Bevölkerung und die Wirtschaft bieten.“ Mödlhammer, der sich gegen das Überhandnehmen von Anlassgesetzgebungen aussprach, setzt sich vehement für mehr Eigenverantwortung und Aufklärung der Bürger ein.
Österreich, Deutschland und die Niederlande sind Best-Performer in Europa – dies bestätigte auch Christian Holzer, Sektionschef der Abfallwirtschaft, Chemiepolitik und Umwelttechnologie im BMLFUW, der die Zurückdrängung der Deponierung als wesentlich erachtete. „Wichtig wäre, dass für den Aufbau einer ordentlichen Abfallinfrastruktur in den deponielastigen Mitgliedsstaaten sowie für die Behandlungsanlagen EU-Strukturfondsmittel zur Verfügung gestellt bzw. zweckgebunden werden“ , betonte Holzer. Ebenso sollte der Fokus auf industrielle und gewerbliche Abfälle gelenkt werden, da dadurch wesentlich mehr Wertstoffe rückgeführt werden könnten. Abschließend merkte er noch an, dass die Ökodesignrichtlinie auch auf den Aspekt des Designs für Recycling und des Designs für Reuse ausgeweitet werden sollte.
Die Entsorgungswirtschaft sieht sich als verantwortungsvolles Bindeglied zwischen der Gesellschaft auf der einen und der Industrie auf der anderen Seite. Während die Bevölkerung Sicherheit und ökologisches, nachhaltiges Handeln erwartet, benötigt die Wirtschaft hoch spezialisiertes Know-how, exzellente Dienstleistungen und vor allem die Rückführung wertvoller Rohstoffe aus den Abfällen in den Produktionsprozess. In diesem Spannungsfeld als Sekundär-Rohstofflieferant liegen Chance und Verantwortung. „Strategische Partnerschaften mit der Industrie müssen daher weiterentwickelt und das Leistungsspektrum in den Bereichen Aufbereitung, Rohstoffgewinnung, Stoffströme und Ecodesign ausgeweitet werden“ , erklärt Roth. Der Präsident der Industriellenvereinigung Kärnten, Christoph Kulterer, betonte ebenfalls den Wettbewerbsfaktor im internationalen Kontext und sprach sich für die wirtschaftliche Nutzung des Assets „Ökologie“ aus. „Wesentlich ist es den Abfallrechtskodex zu vereinfachen, damit die Wertschöpfungsketten in der Entsorgungswirtschaft und der Verbraucherindustrie durchgängiger werden. Wir dürfen den Markt nicht zu sehr den kommunalen Andienungszwängen unterwerfen.“
Einig war sich die Expertenrunde darin, dass die Umsetzung des EU-Kreislaufpaketes für alle Staaten gleich sein müsse und es kein Europa der zwei Geschwindigkeiten geben könne. Eine erfolgreiche Umsetzung wird vor allem auch davon abhängig sein, dass die Förderungen in zukunftsweisende Anlagen zielführend ausgesteuert werden und auch einer entsprechenden Kontrolle unterliegen.
Zum Abschluss der zweitägigen Branchentagung stellte VÖEB-Präsident Hans Roth eine Umweltagenda vor, die nochmals unterstrich, dass ohne Innovation keine Entwicklung möglich ist. „Innovation geht von den privaten Entsorgern aus, daher bin ich für eine Daseinsvorsorge, die mehr Wettbewerb zulässt. Die Zukunft der Ressourcenwirtschaft liegt im Ausbau der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand und der produzierenden Wirtschaft.