„Investitionen in Shredder- und Postshreddertechnologie im dreistelligen Millionenbereich haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass Deutschland die von der EU gesetzten Ziele erreicht,“ sagte Dr. Kay Oppat, COO der Scholz Gruppe. „Wir dürfen uns aber nicht auf den Früchten der Vergangenheit ausruhen. Um zukünftig die neuen Fahrzeugmodelle verwerten zu können, sind Forschungsvorhaben, mehr Kommunikation mit den Automobilherstellern und neue Recyclingtechniken notwendig.“ Angesichts einer sich dramatisch verändernden Zusammensetzung eines Durchschnittsfahrzeugs, müssten Recyclingtechnologien ständig weiterentwickelt werden. War früher noch ein Stahlanteil von etwa 75 % in einem PKW verbaut, so seien es heute noch ca. 40-50 %, der Rest verteile sich auf Nichteisenmetalle, Kunststoffe, Carbonfasern sowie hochfeste Stähle.
Die unterschiedlichen Eigenschaften der im Auto verbauten Stahlbleche entstehen durch variable Anteile an Kohlenstoff (zwischen 0,01 und 2,06 %) oder sogenannte „Mikrolegierungen“. Diese Mikrolegierungen (z.B. mit Niob, Titan, Vanadium) definieren die Eigenschaften der Kategorien „hochfest“, „höchstfest“ oder „ultrahochfest“ bei Stahl. Diese tragen dazu bei, Fahrzeuge durch deutliche Gewichtsreduzierungen im Verbrauch effizienter zu machen. Leichtmetalle wie Aluminium und Verbundmaterialien revolutionieren den Karosseriebau bei Automobilen und damit das Recycling. Die gesetzliche Verpflichtung der Autoindustrie, den CO2-Ausstoß stetig weiter zu senken, bis auf 95 Gramm pro Kilometer im Jahr 2022, zwingt die verantwortlichen Ingenieure, immer innovativer zu werden.
Als Königsweg mit dem Ziel der Verbrauchs- und damit Emissionssenkung gilt unter Fahrzeugentwicklern seit Jahren die Gewichtsreduktion, das erreicht man mit höheren Anteilen an Aluminium und Kunststoffen. Als Faustregel gilt: 100 Kilo Gewichtsreduktion sorgen für eine Verbrauchssenkung von rund einem halben Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer. Die Recyclingunternehmen werden hier vor große Herausforderungen gestellt. Denn das Design auf mehr Energieeffizienz in der Gebrauchsphase auszurichten, führt nicht zwangsläufig zu einem Mehr an „Ökodesign“. Vielmehr ist festzustellen, dass die Materialvielfalt immer komplexer und damit die Trennung der Materialien am Lebensende immer aufwändiger wird. Hohe Verwertungsquoten zwingen die Aufbereiter bereits heute, immer höhere Anteile an Kunststoffen abzutrennen und dies muss zwangsläufig zu neuen und Technologien führen. Heute sind die Experten der Scholz Gruppe damit beschäftigt, die Trennung der anfallenden Kunststofffraktionen mit Hilfe von sensorgestützten Systemen zu optimieren. Dabei setzen wir auf eine Verbindung von bewährter Dichtetrennung und innovativer Sensortechnologie. Hohe Verwertungsquoten bei gleichzeitiger Wertschöpfung erfordern hohe Qualitäten.
Fahrzeuge, insbesondere Elektro- oder Hybridfahrzeuge, enthalten heutzutage einen vergleichbar größeren Anteil von elektrischen (Motoren und Batterien) und elektronischen Komponenten, die aus Sicherheitsgründen oder zur Reduktion der Sortierkomplexität nach dem Shredder sinnvollerweise durch geeignete Prä-Shredder Technologien vorbehandelt werden müssen. Vor einigen Jahren lag dieser Anteil noch bei 20 % an der Wertschöpfung in Neufahrzeugen, im heutigen Automobil kann dieser Anteil bei bis zu 35 % liegen. Dazu gehören Navigationssysteme, Fahrassistenzsysteme und Elektromotoren zur Steuerung der Sitze. Dies wird zunächst zu einem höheren Druck hin zu mehr Vordemontageschritten (Prä-Shredderphase) führen. Herkömmliche Shredder- als auch Postshredderverfahren sind aktuell noch nicht auf die neue Zusammensetzung angepasst. Dr. Rene Gissinger, CEO Scholz International Holding GmbH und zuständig für das Ressort Technik, bringt es auf den Punkt: „Wir müssen uns viel stärker auf die Prä-Shreddertechnik fokussieren. Wenn wir werthaltige Rohstoffe abtrennen wollen, muss dies vor dem Shredder geschehen. Ob dies in Zukunft mehr händische Demontage oder automatisierte Abtrennung heißt, kann heute nicht vorhergesagt werden.“ Zunächst können Kompetenzen aus dem Bereich der Elektronikschrottaufbereitung hinzugezogen werden. Jedoch sind für eine großtechnische Aufbereitung Investitionen notwendig. Dies ist in Kürze zu entscheiden und von politischen Rahmenbedingungen und damit Investitionssicherheit abhängig.
Große Herausforderungen gibt es zudem beim Ökodesign und für die Vermeidung von Primärmaterialien in den neuen Elektrofahrzeugen. Wichtige Rohstoffe für Elektrofahrzeuge werden heute noch gar nicht oder nur unzureichend verwertet. Dabei sind insbesondere die Batteriematerialien betroffen, besonders Lithium, Seltene Erden, Tellur und Indium, die nicht oder nur geringfügig zurückgewonnen werden, weil sich das Recycling noch nicht rechnet. Kobalt und Molybdän weisen sehr niedrige Recyclingraten auf. Das Recycling bildet hier also einen wichtigen Ansatzpunkt zur Verringerung des Einsatzes von knappen Rohstoffen. Alternative Zelltechnologien, die ohne den Einsatz heute verwendeter Kathodenmaterialien auskommen (Li-Luft- und Li-Schwefel-Batterien), werden derzeit zwar erforscht, mit einer Markteinführung ist jedoch noch lange nicht zu rechnen. Die Batterie sollte in jedem Fall getrennt entsorgt werden, dafür können sich die Experten der Scholz Gruppe auch ein eigenes ggf. pfandbasiertes Rücknahmesystem vorstellen. Die Pläne der Bundesregierung, den Kauf von Elektrofahrzeugen finanziell zu unterstützen, sehen die Experten von Scholz als nicht zielführend an.
Die Scholz Gruppe betreibt in Deutschland und einigen EU-Mitgliedstaaten zahlreiche Shredder- und Postshredderanlagen, die höchsten Umweltstandards genügen. Die Investitionen wurden sämtlich getätigt, um den Anforderungen der EU-Altfahrzeugrichtlinie aus dem Jahr 2000 und den erhöhten Anforderungen aus 2015 zu genügen. Damit erfüllt Deutschland die Verpflichtungen aller Wirtschaftsbeteiligten bei der Einhaltung der Quoten. „Unsere Investments sind in Gefahr, wenn Politik und Behörden weiterhin die Augen verschließen, statt den illegalen Betrieb von Anlagen und die illegalen Exporte von Altfahrzeugen konsequent zu verfolgen,“ kommentierte Oppat den weiter hohen Anteil an unbekanntem Verbleib von 1,18 Mio. Altfahrzeugen in Deutschland für das Jahr 2013. Oppat unterstrich dabei die Verantwortung der Verwerter sich den neuen Herausforderungen stellen zu müssen. Dies gelinge aber nur in einem engen Austausch mit Herstellern und Lieferanten gleichzeitig. „Wir wollen keinen Protektionismus der Rohstoffe proklamieren, fordern andererseits aber klare Verhältnisse in der Behandlung von Altfahrzeugen“. Neben einem besseren Vollzug sei dringend die Anpassung der Richtlinie an neue Marktbedingungen notwendig. Die gemeinsame Produktverantwortung der Hersteller, Demontierer und Verwerter müsse eindeutiger definiert werden, mehr Kommunikation, mehr Information und eine Kostenbeteiligung an Forschungsvorhaben ist notwendig. „Das Konzept der Recyclingquoten muss zudem auf neue Füße gestellt werden. Quoten, die ausschließlich auf Massenmetalle abzielen, ist nicht mehr zeitgemäß,“ sagt Rene Gissinger. „Wenn wir auch kritische Rohstoffe und mehr Kunststoffe aus dem Auto zurückgewinnen wollen, muss das Quotensystem komplett überarbeitet werden. Wir brauchen neben quantitativen auch qualitative Recyclingziele. Zudem sind Anreize für höhere Rücklaufquoten zu diskutieren, eine gesetzlich festgelegte kostenlose Rücknahme ist nicht mehr marktgerecht und zeitgemäß.“