Flaschen, Gurkengläser, Senfgläser, Marmeladengläser – viele Verpackungsgläser aus Oberbayern landen irgendwann einmal bei dem Unternehmen Neuburger Glasrecycling. Dort übernimmt der regionale Recyclingbetrieb, der von den Firmen Büchl und Tönsmeier gemeinsam betrieben wird, das Altglas in Empfang. Rund zwei Millionen Tonnen werden davon jedes Jahr in ganz Deutschland gesammelt. Sie wandern nicht auf den Müllberg. Denn Glas lässt sich fast vollständig immer wieder aufs Neue recyceln. Damit das Altglas eingeschmolzen werden kann, führt das Unternehmen es dem Wertstoffkreislauf wieder zu. Abnehmer findet das Weißglas direkt nebenan bei der Glashütte, die daraus wieder Verpackungsgläser für Essiggurken oder Babynahrung produziert. Grüner und brauner Glasbruch geht an verschiedene Glashersteller in einem Umkreis von bis zu 300 Kilometer, die daraus wieder Flaschen machen.
Weil Altglas ein Rohstoff ist, hat der Umgang damit umfassende Konsequenzen für den Betrieb, die Mitarbeiter, die Anlagen und die Baumaschinen. Schon bei der Annahme und nach dem Verwiegen muss der Glasrecycler darauf achten, dass das per Lkw angelieferte Glas, wie Flaschen oder Flachglas, entsprechend der Haufwerke strikt nach Weiß-, Grün- und Braunglas getrennt abgekippt wird. Je sortenreiner die Scherben sind, desto mehr Scherben können für die Produktion von neuem Glas eingesetzt werden. Weil im Glas keine Fremdkörper enthalten sein dürfen, nutzen Aufbereitungsanlagen verschiedene Sieb- und Sortiertechniken, um Störstoffe herauszufiltern. So mussten bereits Gegenstände, die hier absolut nichts zu suchen haben, aussortiert werden, wie Schirme oder ganze Autoreifen.
Sauberes Arbeiten ist zwingende Grundvoraussetzung. Das gilt auch für die Beschickung des Aufgabebunkers. Immer nur eine der drei Glasfarben grün, braun und weiß wird aufbereitet zu verschiedenen Korngrößen von null bis 55 Millimetern. Denn die Glasindustrie bevorzugt große Glasscherben und kein Bruchwerk, das aufwendiger in der Glasproduktion wäre. Außerdem soll möglichst wenig feiner Glasstaub anfallen. Denn dieser würde dazu führen, dass die Kammern im Brennofen verglasen. Zusammen mit mineralischen Grundstoffen, wie Sand, Kalk, Soda und Feldspat, wird das recycelte Glas zu neuem Glas geschmolzen. Flach- und Flaschenglas wird strikt voneinander getrennt, da Flachglas eine andere chemische Zusammensetzung als Flaschenglas hat.
Glasrecycling erfordert ein durchdachtes Maschinenkonzept beim Umschlag. So haben sich Zyklonvorabscheider und Umkehrlüfter in der Ausstattung von Ladegeräten durchgesetzt, um Motoren vor dem feinen Glasstaub zu schützen. Auch das neue Mitglied im Maschinenpark, ein Cat 962M, kann diese vorweisen. Seine Ausstattung, die Josef Gruber, Verkäufer der Zeppelin Niederlassung München, zusammen mit Henning Jansen, Zeppelin Verkaufsleiter Entsorgungsindustrie – Geschäftsbereich Konzernkunden, gezielt mit den Anforderungen des Betriebs abstimmte, musste auf die Einsatzbedingungen angepasst werden. Schon die Reifen müssen entsprechend vor Verschleiß geschützt werden. Hier wurde eine Bridgestone-Felsbereifung gewählt, deren Stollen größere Zwischenräume aufweisen. Das soll Verschleppung von Material auf dem Gelände durch das Reifenprofil vermeiden. Vollgummireifen sind nicht erforderlich, wie sie sonst im Recycling verbreitet sind, um den Reifen vor spitzen Gegenständen zu schonen. Denn das Glas bricht schon vorher und geht nicht zu Lasten des Reifenprofils. „Eine Felsbereifung reicht bei unseren Einsatzbedingungen aus, zumal sie mehr nachgibt und somit schonender für den Rücken der Fahrer ist“, erklärt Daniel Reble, stellvertretender Betriebsleiter.
Als Anbaugerät dient eine Schaufel mit 4,1 Kubikmeter Fassungsvermögen, welche den Glasbruch mit 1,2 Tonnen pro Kubikmeter Schüttdichte aufnehmen muss. Diese erhielt ein Unterschraubmesser und wurde mit Schweißblechen an den Seitenflanken verstärkt. Darüber hinaus wurde sie mit einem Überlaufblech bestückt, das höher gezogen wurde, wegen des gehäuften Schaufelinhalts und damit kein Material herausfällt. So soll der Fahrweg freigehalten werden, damit weniger Material überfahren und somit unerwünscht zerkleinert wird. Damit der Fahrer den Schaufelinhalt treffsicher abkippen kann, wurde für den Radlader ein langes Hubgerüst gewählt. So können leichter die hohen Bordwände der Lkw beladen werden.
Aufgrund des stetigen Lieferverkehrs auf dem Gelände mussten bei der Baumaschine auch Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden. „Durch die neue Motorentechnik sind die Baumaschinen allesamt unübersichtlicher geworden. Das ist gerade für ältere Maschinisten, die in der Vergangenheit gewohnt waren, einen Blick nach hinten zu werfen, gewöhnungsbedürftig, wenn sie sich vor allem auf die Rückfahrkamera verlassen müssen. Um unsere Sicherheitsanforderungen zu erhöhen, haben wir uns darum entschieden, das Rückraumüberwachungssystem Backsense von Brigade zu nutzen“, so Betriebsleiter Herbert Reble. Dieses warnt beim Rückwärtsfahren über ein akustisches und optisches Signal, das an Intensität zunimmt, je näher die Maschine einem Gegenstand oder einer Person kommt. Eine Rundumleuchte verstärkt optisch das Warnsignal. Jeder Maschine ist ein PIN-Code zugewiesen. Kein Unbefugter soll die Geräte, wie den Radlader, bedienen können, die je nach Lagerbestand zwischen zwei bis drei Schichten bewegt werden. „Das Fertigwarenlager weist derzeit Vorräte von bis zu zwei Tagen auf. Die Glashütte erfordert kontinuierlichen Nachschub“, meint der Betriebsleiter. Die Umschlagleistung an Flaschenglas beläuft sich auf 180 000 Tonnen und beim Flachglas bei rund 20 000 Tonnen jährlich. Innerhalb eines Jahres muss der neue Cat 962M tausend Stunden Einsatz absolvieren und Glasscherben für die Schmelze umschlagen. Damit dann neue Flaschen, Gurkengläser, Senfgläser und Marmeladengläser entstehen können.