Rund 135.000 Besucher aus aller Welt werden zur diesjährigen Ifat erwartet, viele davon kommen mit dem Flugzeug. Ein erfolgreicher Messestandort braucht natürlich einen leistungsfähigen und modernen Flughafen. Damit das auch so bleibt befreit die Firma EFM die Flugzeuge vom Eis – nachhaltig.
In einem europaweit einzigartigen Verfahren werden nach einem Bericht der Messe München zufolge anschließend bis zu 70 Prozent des glykolhaltigen Enteisungsmittels aufgefangen und wiederaufbereitet. „Nur der Flughafen in Montreal hat ein ähnlich fortschrittliches Verfahren“, sagt Thomas Bergström von der Firma EFM.
Weltweit darf ein Flugzeug erst starten, wenn es vollständig von Frost, Eis, Schnee oder Schneematsch gereinigt (De-Icing) und ausreichend vor Neuvereisung geschützt ist (Anti-Icing). Das regle das Clean Aircraft Concept (ISO 11076). Vereiste Tragflächen und Leitwerke beeinträchtigen die aerodynamischen Eigenschaften des Flugzeugs massiv.
In München sind die Enteisungszonen von Anfang Oktober bis Ende April in Betrieb. Bis zu 15.000 Enteisungsvorgänge können die Münchner „Eisbären“ pro Jahr leisten: vom Klein-Flugzeug bis zum Airbus A 380. Zwischen 200 und 2.000 Liter Enteisungsmittel sind pro Flugzeug je nach Größe und Wetter vonnöten.
Die Spezialfahrzeuge besprühen Tragflächen Leitwerke und aerodynamisch relevante Teile bei Frost mit einem Gemisch aus Glykol und Wasser (ADF Typ I). Das Gemisch (44 Prozent Glykol, 56 Prozent Wasser) ist an der Sprühdüse (Hot at Nozzle) auf 85 Grad Celsius erhitzt und zur besseren Erkennbarkeit orange eingefärbt. Es kommt bei Frost zum Einsatz.
Schneit es, herrscht Nebel oder Eisregen, kommt zusätzlich zu ADF Typ I in einem zweiten Schritt („Two Step“-Verfahren) ADF Typ IV zum Einsatz. ADF Typ IV ist ein Konzentrat, es ist grün gefärbt, und wird kalt aufgesprüht. Es verhindert die schnelle Bildung von neuem Eis („Anti-Icing“). Typ IV löst sich erst beim Start bei 60 Knoten (knapp 120 km/h) wieder von den Tragflächen.
Im vergangenen, milden Winter kamen die „Eisbären“ an 59 Enteisungstagen auf insgesamt 7.000 Einsätze. Am 30. Dezember 2015 allein waren es 309 Jets und Propeller-Maschinen – Rekord. Die „Eisbären“ versprühten 3.142 Kubikmeter Typ I und 766 Kubikmeter vom Typ IV.
Das Besondere an dem Verfahren in München: 95 Prozent der Enteisungen finden „Remote“ statt, das heißt: Auf eigens dafür konstruierten Zonen, wenige Meter neben der Startbahn, kurz vor dem Start.
Das hat entscheidende Vorteile:
- Das Flugzeug kann in der Regel unmittelbar nach dem De-Icing den Startvorgang beginnen. Der Pilot kann die Hold-Over Time (HOT), in der das Mittel die Außenhaut eisfrei hält, besser ausnutzen. Das Risiko, dass sich bis zum Start erneut Eis bildet und die Aerodynamik des Flugzeugs gefährlich beeinträchtigt, sinkt.
- In den Remote Areas wird das Enteisungsmittel, das vom Rumpf, den Tragflächen oder dem Leitwerk zu Boden fällt, über Schlitzrinnen in dafür vorgesehene Tanks gesammelt und später zum großen Teil wiederaufbereitet.
Sofern das aufgefangene Gemisch mehr als fünf Prozent Glykol enthält, kann der Grundstoff recycelt werden. Es wird in München vorbehandelt, danach per LKW zum Hersteller transportiert. Der bereitet es nach einer Reihe chemischer Verfahren, Analysen und Qualitätskontrollen für den erneuten Einsatz auf. Auf diese Weise setzt der Flughafen den Grundstoff mehrmals ein.
„In der Saison versprühen wir am Donnerstag den Typ-I-Grundstoff, den wir am Montag gesammelt haben“, beschreibt EFM-Fachmann Thomas Bergström den Kreislauf. Bis zu 70 Prozent des Typ1-Enteisungsmittel am Flughafen München besteht aus Rezyklat.
Der Umwelteffekt ist erheblich. Glykol wird aus Rohöl und Erdgas hergestellt. Seit Betriebsbeginn 1992 hat der Flughafen mit der Recycling-Technik ca. elf Millionen KG Erdgas eingespart und eine Einsparung von CO2 von 100.000 Tonnen erzielt, rechnet Bergström vor.
In Betrieb sind die Remote Areas von Oktober bis Ende April. Aber auch im Sommer kann De-Icing nötig sein.
Wenn zum Beispiel eine Maschine nach einem längeren Flug im Erdinger Moos landet, ist der Treibstoff in den Tragflächentanks unter Umständen kälter als Minus 30 Grad Celsius. Regnet es während der Transitzeit des Flugzeugs, kann sich durch die Kältestrahlung des unterkühlten Treibstoffs auf der Tragflächenoberseite eine Klareisschicht bilden.
Sie kann so transparent und glatt sein, dass sie mit bloßem Auge nicht zu sehen ist. Auch in diesem Fall kommt die EFM zum Einsatz.