Mit zwei Ordnungsverfügungen aus November 2012 hatte der Ennepe-Ruhr-Kreis der Klägerin, einem gewerblichen Entsorgungsunternehmen, unter anderem die gewerbliche Sammlung von „gemischten Abfällen“ mit der Begründung untersagt, gemischte Abfälle unterlägen der Überlassungspflicht an den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger („kommunale Müllabfuhr“).
Die dagegen gerichtete Klage hatte beim Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg. Zur Begründung seiner Entscheidung hat der 20. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Es sei bereits fraglich, ob sich die Anzeige der Klägerin tatsächlich – wie im gerichtlichen Verfahren behauptet – auf eine beabsichtigte Sammlung von Sperrmüll beschränke. Aber selbst wenn dies anzunehmen wäre, sei die angezeigte Sammlung insoweit unzulässig.
Denn auch Sperrmüll unterfalle der einschlägigen gesetzlichen Regelung des § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG, der die Entsorgung von „gemischte Abfälle aus privaten Haushaltungen“ im Einklang mit dem Europarecht dem öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger vorbehalte. Damit solle garantiert werden, dass diese Abfälle ortsnah und nach dem Stand der Technik verwertet würden und nicht möglichst kostengünstig. Sperrmüll sei aber nichts anderes als „großteiliger Restmüll“ und berge damit letztlich die gleichen Risiken hinsichtlich der umweltgerechten Entsorgung wie der (kleinteiligere) Restmüll. Von der stofflichen Zusammensetzung her unterschieden sie sich nicht. Zudem sei angesichts unterschiedlicher Tonnengrößen nicht abstrakt festlegbar, wann es sich noch um Restmüll oder schon um Sperrmüll handele. Dass der Gesetzgeber trotz dieser Risiken die Sperrmüllsammlung gewerblichen Entsorgungsunternehmen habe eröffnen wollen, lasse sich auch aus dem Gesetzgebungsprozess nicht ableiten.
Das Gericht hat gegen die Urteile die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.
„Mit der Aussage wird deutlich, dass sich das Gericht auch nicht im Ansatz mit der Verwertung von Sperrmüll in der Praxis beschäftigt hat“, kommentiern Justiziarin Miryam Denz-Hedlund vom bvse die Urteile des OVG Münsters.
„Der von den örE gesammelte Restmüll wird in der Regel direkt in die Verbrennung verbracht. Gewerbliche Sammler hingegen nehmen regelmäßig eine Vorsortierung in stofflich nutzbare Fraktionen und energetisch verwertbare Fraktionen vor, so wie es der in der Abfallrahmenrichtlinie vorgeschriebenen Abfallhierarchie entspricht,“ so die Justiziarin.
„Auch die Feststellung, Sperrmüll sei nichts anderes als „großteiliger Restmüll“ ist mehr als praxisfern und entspricht einem Vergleich von Äpfeln mit Birnen. In der Restmülltonne wird in der Regel feuchtes, inhomogenes Material entsorgt, das nicht mehr verwertbar ist. Diese Abfälle sind von der Größe und Zusammensetzung mit Sperrmüll nicht vergleichbar. Man denke nur an Sofas oder Regale, die als Sperrmüll entsorgt werden,“ stellt Denz-Hedlund klar. Für eine abschließende Beurteilung müssen jedoch die Entscheidungsgründe ausgewertet werden, die bisher aber noch nicht vorliegen.
In einem Rundschreiben der Kanzlei Gaßner, Groth, Siederer & Coll., die den Ennepe-Ruhr-Kreis vor Gericht vertreten hatte: „Hinsichtlich der gewerblichen Sammlung von weiteren Abfallfraktionen ist das OVG NRW bei seiner bisherigen Rechtsprechung geblieben und der Ennepe-Ruhr-Kreis unterlegen. Das OVG NRW hat auch insoweit die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen, das daher letztinstanzlich sowohl über die Frage der Zulässigkeit der gewerblichen Sammlung von Sperrmüll als auch über die Frage zu entscheiden hat, wann einer gewerblichen Sammlung überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen.“
Während sich die Kanzlei durch eine Entsscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichtes vom 8.1. 2016 bestätigt fühlt, führt der bvse Entscheidungen des OVG Bautzen, des VG Schleswig und des VG Berlin, die festgestellt hatten, dass Sperrmüll nicht unter § 17 Abs. 2 Satz 2 KrWG fällt und somit die gewerbliche Sammlung von Sperrmüll zulässig ist.