Nach Angaben des statistischen Bundesamtes wurden 2015 etwa 60 Prozent des Klärschlamms in Deutschland verbrannt. Das bedeutet einen Anstieg von fast 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gleichzeitig hat die Verwertung von Klärschlamm in der Landwirtschaft seit 2007 um etwa 20 Prozent abgenommen.
Für den BDE ist diese Entwicklung Ausdruck großer Verunsicherung bei den Klärschlammverwertern. Rechtsunsicherheiten führten dazu, dass wertvolles im Klärschlamm gebundenes Phosphor, aber auch andere Nährstoffe, nicht mehr für die Düngung von Äckern und Böden zur Verfügung stehen, sondern in die Verbrennung gelenkt werden. BDE-Präsident Peter Kurth: „Wir kritisieren schon seit einigen Jahren, dass immer weniger Klärschlämme in der Landwirtschaft eingesetzt werden, auch weil sich die Rahmenbedingungen immer weiter verschlechtern.“
Der stofflichen Verwertung selbst von qualitativ hochwertigen Klärschlämmen droht von mehreren Seiten das Aus. Zwar erfüllen sie, wie jedes andere zugelassene Düngemittel auch, die Grenzwerte der Düngemittelverordnung, sie sollen aber nach dem Willen der Bundesregierung zukünftig nur noch verbrannt werden. Der vorliegende Entwurf für eine novellierte Klärschlammverordnung trägt dieser Forderung bereits Rechnung. In der aktuell geltenden Düngemittelverordnung ist zudem ab dem 01.01.2017 der Einsatz synthetischer Polymere verboten. Für diese, überwiegend zur Entwässerung des Schlamms eingesetzten Hilfsmittel, gibt es bislang keinen vergleichbaren Ersatz. Ihr Verbot bedeutet, bereits 2017 die stoffliche Klärschlammverwertung zu beenden.
Peter Kurth: „Im neuen Jahr gibt es vermutlich neue Vorschriften. Zwar sieht die neue Klärschlammverordnung, die zurzeit in der Regierung beraten wird, ein Verbot der stofflichen Klärschlammverwertung erst ab 2025 vor, Regelungen im geltenden Düngerecht führen aber dazu, dass die stoffliche Verwertung von Klärschlamm faktisch ab 2017 droht. Viele Kläranlagenbetreiber überlegen also, ob sie sich nicht schon jetzt lieber Kapazitäten in Verbrennungsanlagen sichern.“
Auch bvse-Experte Andreas Habel moniert der Rückgang der stofflichen Verwertung des Klärschlamms. Eine Entwicklung, die der bvse nicht für richtig hält. Habel: „Es ist unumstritten, dass sich insgesamt die Qualität des Klärschlamms innerhalb der letzten Jahre enorm verbessert hat. Es kommen außerdem nur die Klärschlämme als landwirtschaftliche Dünger auf die Felder, die strenge Grenzwerte einhalten. Ein effektiver Schutz für den Boden und das Grundwasser wird durch mehrere rechtliche Regelungen wie beispielsweise die Düngemittelverordnung und die Düngeverordnung sichergestellt. Zudem darf Klärschlamm nicht auf Grünlandflächen und im Obst- und Gemüseanbau verwendet werden.“
Es sei zu bedenken, dass Klärschlämme neben dem Phosphor auch weitere für die Landwirtschaft wichtige Nähr- und Spurennährstoffe wie Stickstoff, Kalium oder Zink enthalten. Klärschlämme tragen über ihre hohen Gehalte an Huminstoffen, Humin- und Fluvinsäuren ganz entscheidend zur Bodenverbesserung bei. Der bvse weist darauf hin, dass durch die zunehmende Verbrennung von Klärschlämmen dieses stoffliche Verwertungspotenzial auf der Strecke bleibt.
Der bvse plädiert daher dafür, das Thema grundsätzlicher zu behandeln. So müsste auch hinterfragt werden, warum denn überhaupt Schadstoffe in den Klärschlamm gelangen. Die Bemühungen, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass beispielsweise Medikamente nicht über die Klospülung entsorgt werden dürften, Haushaltsreiniger nur sparsam verwendet werden sollten und dass eine übermäßige Verwendung von Körperpflegemitteln das Abwasser belasten, könnten beispielsweise intensiviert werden.
Nach Meinung des bvse müsse deshalb eine intensive Qualitätsdiskussion geführt werden. Ideologie oder diffuse Ängste seien fehl am Platz.