Im Gegensatz zu den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft blickt der VDM mit Sorge auf die laufenden Verhandlungen zum Freihandelsabkommen TTIP, insbesondere auf die Problematik der Schiedsgerichte im Rahmen des Investor-Staat-Schiedsverfahren. Diese Schiedsgerichte prüfen Ansprüche eines Konzerns gegen den Staat. Sie wenden dabei aber nicht das staatliche Recht an, sondern überprüfen es, bewerten es gegebenenfalls als investitionsschädlich und verurteilen das Land, das es erlassen hat, zu Schadenersatz. Das Investitions-Schiedsgericht, das zumeist aus wirtschaftsnahen Anwälten besteht, kann Verordnungen und Gesetze als investitionsschädlich brandmarken. Besonders das Fehlen einer Berufungsinstanz sowie die mangelnde Transparenz im Verfahren sorgen für Kritik. Die Rechtsfolgen dieser Urteile sind mögliche Entschädigungs- und Schadenersatzzahlungen, die Aufhebung oder der Erlass gesetzgeberischer Maßnahmen kann dagegen nicht verlangt werden.
Entsprechend begrüßt der VDM den Vorschlag von Wirtschaftsminister Gabriel zur Gründung eines Handelsgerichtshofs und verfolgt die Debatte mit einer positiven Aufmerksamkeit. Das Konzeptpapier sieht vor, die bisher üblichen Investor-Staat-Schiedsgerichte durch ein ständiges und bilaterales Gericht zu ersetzen, das über eine festgelegte Richterschaft verfügt. Je ein Drittel der Richter wird von den Vertragspartnern benannt. Das dritte Drittel, aus dem sich auch die Vorsitzenden des Panels zusammensetzen, benennen die Vertragspartner gemeinsam. Alle Richter müssen ihre Unabhängigkeit und Unbefangenheit nachweisen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Richterschaft nicht wie bisher von großen Anwaltskanzleien dominiert wird. Das Verfahren soll transparent und öffentlich sein. Zudem soll ein ständiges Überprüfungsorgan errichtet werden, das nur für das jeweilige Abkommen zuständig ist und eine umfassende Rechtskontrolle der Entscheidungen des Gerichts vornehmen kann.
Dem Konzept nach sollen die materiellen Schutzstandards so gefasst werden, dass ausländische Investoren keinen weiter reichenden Schutz als inländische Unternehmen erhalten. Demzufolge kann es ausreichen, wenn das Abkommen als Schutzstandard nur die sog. Inländerbehandlung (Nichtdiskriminierungsstandard) enthält, um zu erreichen, dass ausländische Unternehmen den gleichen Schutz erhalten wie inländische Unternehmen. Voraussetzung ist ein funktionierendes Rechtssystem in den jeweiligen Staaten. Spezielle Schutzstandards wie faire und gerechte Behandlung, sowie Enteignungsschutz sind dann nicht erforderlich.
Weiterhin sieht das Konzept sog. „Ausnahmeklauseln“ vor, die eine Möglichkeit bieten, die Verletzung eines völkerrechtlichen Standards ausnahmsweise zu rechtfertigten. Sie tragen so zu einem angemessenen Ausgleich zwischen staatlicher Regulierung und des privaten Wirtschaftsinteresses bei. Die Klauseln lehnen sich am WTO- als auch am EU-Recht an, wo für alle Grundfreiheiten und handelsrechtlichen Standards entsprechende Ausnahmeklauseln bestehen. Dazu soll der aus dem WTO-Recht vertraute Verhältnismäßigkeitsstandard übernommen werden.