Die Sanierung von Wohngebäuden ist ein wichtiger Schritt zu Energieeinsparung und Klimaschutz. Aktuelles Beispiel – die Modernisierung von acht Mehrfamilienhäusern mit 194 Wohnungen in der Bissierstraße im Freiburger Stadtteil Betzenhausen. Bauherr ist die Familienheim Freiburg Baugenossenschaft, die in der südbadischen Stadt rund 2.630 Wohnungen im Bestand hat. Unter der Bauleitung der B&O Wohnungswirtschaft werden derzeit eine Reihe energetischer Sanierungsmaßnahmen von der neuen Dacheindeckung mit Solaranlage, die die Heizung unterstützt, über die Kellerdeckendämmung bis hin zur Fassadenrenovierung durchgeführt. Insgesamt 1.500 alte PVC-Fenster werden binnen 80 Tagen gegen neue wärmedämmende Kunststofffenster ausgetauscht. Erneuert werden auch 180 Haustüren. Nach Abschluss der Arbeiten belasten dann jährlich fast 20.000 Kilogramm CO2 weniger die Umwelt, teilten Bauherr und Bauleitung mit.
Die ausgedienten Kunststoff-Altfenster aus dem Jahr 1983 wandern nicht in die Müllverbrennung, sondern werden im Rahmen des bundesweiten Systems von Rewindo Fenster-Recycling-Service werkstofflich recycelt. Der so gewonnene Rohstoff wird für die Herstellung neuer Fenster- und Bauprofile wiederverwendet. „Das Freiburger Sanierungsvorhaben in der Bissierstraße ist nach unserem Kenntnisstand eines der größeren Recyclingprojekte für PVC-Altfenster in Europa“, betonte Rewindo-Geschäftsführer Michael Vetter. Das aus den alten Bauelementen wiedergewonnene PVC-Granulat wird anschließend in die Produktion führender deutscher Kunststofffenster-Profilhersteller eingebracht. „Auf diese Weise entsteht ein geschlossener Materialkreislauf für PVC-Fenster“, erläuterte Dr. Michael Szerman, Bereichsleiter Forschung und Technik bei Profine. Energetische Sanierung und Recycling passen gut zusammen. Denn hier geht es um Ressourceneffizienz, Energieeinsparung und Nachhaltigkeit.
Der Anstoß für das Recycling-Großprojekt kam durch das ausführende Fenstermontage-Unternehmen Schneeberger Bauelemente Potthoff. Die Bauverantwortlichen zeigten Umweltbewusstsein und ließen sich schnell von den Vorteilen des werkstofflichen Recyclings überzeugen. Die PVC-Altfenster aus der Bissierstraße werden in speziellen Containern gesammelt und gehen dann zum Recycling an die VEKA Recyclage in Vendeuvre sur Barse (Frankreich).
Dort erfolgt die Verarbeitung der Freiburger Altfenster in einem technisch hoch entwickelten Prozess zu fast sortenreinem PVC-Granulat. Die Bauteile werden zunächst geschreddert und damit für die weiteren Prozessschritte vorzerkleinert; Metall, Gummi und Glasreste werden anschließend sortenrein getrennt. Der verbleibende Kunststoff wird erhitzt und durch einen Schmelzefilter gepresst, um letzte Fremdpartikel aus dem Material zu entfernen. Am Ende gelangt das nahezu 100-prozentig reine PVC-Regranulat wieder an die deutschen Hersteller von Kunststofffenster-Profilen und dient dort als Ausgangsmaterial für die Produktion von Fensterprofilen mit Rezyklatanteil. Diese bestehen aus einem Kern mit Recyclingmaterial und einer Ummantelung mit Neu-PVC. Der Prozess lässt sich, wie Experimente belegen, mindestens sieben Mal wiederholen. Bei einem Gebrauchszyklus zwischen 30 und 50 Jahren „lebt“ das Material demnach mehrere 100 Jahre.
Verschärfte Vorschriften für Energieeinsparung und Klimaschutz sorgen seit Jahren für eine ständige Erhöhung der Recyclingmengen bei PVC-Altfenstern. Im Jahr 2013 wurden fast 22.500 Tonnen hochwertiges Granulat zurückgewonnen – das entspricht etwa 1,2 Millionen recycelten Altfenstern. Die Modernisierungen – und damit auch Recyclingmengen – werden weiter ansteigen, wenn die EU-Staaten Ernst machen mit der 2010 verabschiedeten EU3-Gebäuderichtlinie, wonach allein bis 2030 etwa 50 Prozent aller Gebäude Passivhausstandard erreichen sollen.
Die europäische PVC-Industrie hat sich in ihrem freiwilligen Aktionsprogramm Vinyl Plus zu konkreten Recyclingzielen für PVC verpflichtet. Der Bereich Altfenster, -türen und -rollladen, die einen wichtigen Teil der Gesamtmenge ausmachen, werden unter dem Dach der European PVC Window Profile and related Building Products Association (EPPA ivzw, Brüssel) koordiniert. „Mittlerweile gibt es verstärkte Recyclingaktivitäten auch in Österreich, Polen, Frankreich, Belgien und England“, berichtete EPPA-Geschäftsführer Gerald Feigenbutz. Recycling-Großprojekte wie das in Freiburg hätten Leuchtturmcharakter, die einmal mehr bezeugten, dass Kreislaufwirtschaft in Europa funktioniert und für alle Beteiligten Vorteile bringt.