Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen wollte ursprünglich Änderungsanträge zur momentan anstehenden 6. Novelle der Verpackungsverordnung einbringen, die neue EU-Regelungen in nationales Recht umsetzen soll. Hintergrund dafür ist, dass die Lizenzmengenzahlen bei den dualen Systemen für das erste Quartal 2014 stark eingebrochen sind. Deshalb soll die Eigenrücknameregelung abgeschafft und die Anwendung von Branchenlösungen eingeschränkt werden. Beide momentan legalen Instrumente der Verpackungsverordnung werden nach Ansicht von Beobachtern missbräuchlich angewendet, sodass die zur Finanzierung der Verpackungsentsorgung erforderlichen Lizenzmengenzahlungen erheblich zurückgehen.
Mit der nun angekündigten neuen Entwicklung wird wohl die 6. Novelle der Verpackungsverordnung jetzt zügig beschlossen werden. Anschließend sollen in einer 7. Novelle die Probleme bei der Verpackungsentsorgung gelöst werden.
Der bvse ist sich nach den Worten von Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock jedoch nicht sicher, ob eine 7. Novelle der Verpackungsentsorgung tatsächlich Sinn ergeben wird. Der administrative und gesetzgeberische Aufwand sei bis hin zur Beteiligung des Bundesrats bei einer wiederholten Änderung der Verpackungsverordnung praktisch der gleiche wie bei einem Gesetz. „Allerdings könnten manche grundlegenden Fragen nur im Rahmen einer gesetzlichen Regelung geändert werden“, so Rehbock. „Wir fordern daher nach wie vor, statt einer Novellierung der Verpackungsverordnung ein neues Wertstoffgesetz zu verabschieden.“
In jedem Fall begrüße der bvse, dass die Politik jetzt wohl entschlossen ist, die Regelungen der Verpackungsentsorgung grundlegend zu überarbeiten. Rehbock verweist darauf, dass die Recyclingquoten dringend den heutigen Möglichkeiten angepasst und das Kunststoffrecycling in Deutschland gestärkt werden müsste. „Hier gibt es einen ganzen Berg von Problemen“, meint der Hauptgeschäftsführer. Er weist auch darauf hin, dass es unabhängig von dem Lizenzmengenschwund, für den die Eigenrücknahme und die pauschale Anwendung von Branchenlösungen verantwortlich wären, für allein 800.000 Tonnen Leichtverpackungen gar keine finanzielle Beteiligung an dem System der Verpackungsentsorgung gebe. Auch hier bestehe dringender Handlungsbedarf.
Es habe sich in den vergangenen Jahren zudem gezeigt, dass die Bundesländer große Probleme hätten, einen wirksamen Vollzug der Verpackungsverordnung zu gewährleisten. Das könnte eine „Zentrale Stelle“, die, mit hoheitlichen Aufgaben ausgestattet, für die Registrierung und Mengenmeldung von Verpflichteten zuständig wäre, wesentlich besser. Nach Ansicht des bvse sei es unverzichtbar, eine solche Stelle einzurichten – doch das setze zwingend eine gesetzliche Regelung voraus.
Auch das Beschränken der dualen Systeme auf ihre Gewährleistungsfunktion für die Erfassung und Verwertung der Verpackungsmaterialien oder auch eine sinnvolle Aufgabenteilung zwischen privater und kommunaler Hand seien Themen, die nach Ansicht des bvse „deutlich besser“ im Rahmen eines Wertstoffgesetzes gelöst werden könnten.
Ein weiterer wichtiger Punkt sei außerdem die Frage, ob die dualen Systeme oder die Entsorgungsunternehmen Eigentum an den Wertstoffen erlangen. Auch hier könne nur eine gesetzliche Regelung für Sicherheit sorgen. Zwar habe kürzlich das Landgericht Ravensburg in einer Grundsatzentscheidung deutlich gemacht, dass die dualen Systeme kein (Teil-)Eigentum an Altpapier erlangen. Das Gericht stellte in seinem Urteil fest, dass das Eigentum am Altpapier von den Bürgerinnen und Bürgern demjenigen übertragen wird, der es tatsächlich einsammelt. Damit folgt das Gericht Gutachtern des bvse. Ob damit allerdings tatsächlich Klarheit besteht, muss aus Verbandssicht jedoch bezweifelt werden. Wahrscheinlicher sei, dass diese juristische Auseinandersetzung nur in eine neue Runde gehen wird.
bvse-Präsident Bernhard Reiling fordert daher: „Wir benötigen eine umfassende und durchdachte Lösung, die noch in diesem Jahr im Rahmen eines Wertstoffgesetzes angepackt werden muss.“